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Vor 25 Jahren gestorben
Claudette Colbert: Diva mit Gefühl für Komik und Timing

Die amerikanische Schauspielerin Claudette Colbert war einer der ersten großen Stars der Tonfilmära, sie prägte den selbstbewussten Frauentypus der Screwball-Komödie. Ihr Markenzeichen waren komisches Talent und dialogisches Timing. Vor 25 Jahren starb sie auf der Karibikinsel Barbados.

Von Katja Nicodemus | 30.07.2021
    Mit der Screwball-Komödie "Es geschah in einer Nacht" wurde Claudette Colbert, hier mit Spielpartner Clark Cable, zum Hollywood-Superstar (Standbild)
    Mit der Screwball-Komödie "Es geschah in einer Nacht" wurde Claudette Colbert, hier mit Spielpartner Clark Cable, zum Hollywood-Superstar (Standbild) (imago / Columbia Pictures / Ronald Brant Archive / Mary Evans)
    Was für ein Auftritt! Bei einer Gala des American Film Institute hält Claudette Colbert 1982 eine Ansprache zu Ehren des Regisseurs Frank Capra. Die Neunundsiebzigjährige trägt ein rotglitzerndes Kleid, und schon ihre ersten Sätze verströmen die für sie typische Mischung aus Forschheit und Glamour:
    "Auf dem Flug von Barbados dachte ich die ganze Zeit: Ach, wenn doch nur Clark mit mir hier stehen könnte. Und dann wurde ich heute Morgen von einer Welle der Nostalgie erfasst und dachte mir: Wer weiß, vielleicht ist er hier."
    Mit Clark ist natürlich Clark Gable gemeint. Gemeinsam mit ihm spielte Claudette Colbert 1934 in Frank Capras Komödie "It happened one Night" – "Es geschah in einer Nacht". Es war der Film, der Colbert in den Hollywood-Olymp katapultierte, die Einunddreißigjährige zum Superstar der dreißiger und vierziger Jahre werden ließ.

    Unter Vertrag bei Paramount

    Geboren wurde Claudette Colbert 1903 als Émilie Claudette Chauchoin im französischen Saint-Mandé, ihre Familie wanderte 1906 nach New York aus. Ihre Karriere begann am Broadway, wo sie schon mit Anfang zwanzig erste Erfolge feierte. Doch das Zeitalter des Stummfilms neigte sich dem Ende zu, und das Kino brauchte Schauspielerinnen mit Sprecherfahrung – zudem hatte Colbert eine angenehm volltönende, samtige Stimme.
    Die Paramount nahm sie unter Vertrag, sie drehte mit Lubitsch, Cecil B. DeMille und schließlich mit Frank Capra eine der ersten Screwball-Komödien überhaupt.
    Claudette Colbert mit dem amerikanischen Schauspieler Karl Malden in einer undatierten Filmszene
    Claudette Colbert und Karl Malden (picture alliance / dpa / Bert Reisfeld)
    Claudette Colbert prägte den selbstbewussten Frauentypus dieses Genres der gewitzten Geschlechterkämpfe. Ihre Figuren sind selbstironisch, angriffslustig, voller Chuzpe. "Es geschah in einer Nacht" handelt von der Liebesgeschichte zwischen einer ausgebüxten Millionenerbin und einem arbeitslosen Zeitungsreporter. In dem Roadmovie schlagen sich die beiden fast ohne Geld von Florida nach New York durch. Der Figur der verwöhnten, aber lebensneugierigen Ellen Andrews verleiht Colbert eine görenhafte Keckheit. Zugleich wird sich Ellen ihrer eigenen Sinnlichkeit bewusst. Sie weiß, was sie will. Und vor allem, was sie nicht will.
    Ausschnitt aus: "Es geschah in einer Nacht":
    "Was essen Sie da?"
    "Mohrrüben."
    "Was denn, roh?"
    "Möchten Sie eine?"
    "Oh nein! Warum haben Sie nicht was besorgt, was man essen kann?"
    "Richtig, das habe ich ganz vergessen. Probieren Sie mal, tun Sie was für Ihre Gesundheit."
    "Ich kann diese scheußlichen Dinger nicht ausstehen."

    Der höchstbezahlte weibliche Filmstar Hollywoods der 30er

    Auf der Reise per Bus und per Anhalter durch die USA der großen Depression bekommt Claudette Colberts Figur ein Gefühl für die Sorgen und Entbehrungen ihrer Landsleute. Legendär ist die Szene, in der die beiden in einem Hotelzimmer übernachten. Galant hängt er eine Decke als Abtrennung vor ihr Bett. Was sie nicht davon abhält bis zum Einschlafen weiter zu streiten und zu flirten.
    Ausschnitt: "Es geschah in einer Nacht":
    "Sie haben doch einen Namen, nicht wahr?"
    "Peter Warren."
    "Peter Warren? Ich mag ihn nicht."
    "Es geschah in einer Nacht" wurde ein Kassenerfolg und mit fünf Auszeichnungen in den wichtigsten Kategorien zu einem Oscar-Triumph. Colbert und Gable gewannen jeweils die Darstellerpreise – sechzig Jahre später erinnerte sich Colbert im französischen Fernsehen daran, dass diese Zusammenarbeit keineswegs naheliegend war.
    "Ich war die dritte Wahl für Capra. Damals schwebte ich gerade zwischen zwei Filmen. Und als er mir die Rolle anbot, habe ich Hals über Kopf zugesagt, denn es war für mich die einzige Chance, mit Glark Gable zu drehen. Ich war bei Paramount, er war bei MGM, und diese Welten berührten sich eigentlich nicht, man blieb bei seinem Studio."
    Mitte der dreißiger Jahre war Colbert der höchstbezahlte weibliche Filmstar Hollywoods; ihre Filme wurden mit dem "Colbert-Touch" beworben – etwa Ernst Lubitschs Screwball-Komödie "Blaubarts achte Frau". In der Rolle einer Französin wehrt sich Colbert beschwipst gegen die Avancen eines Schürzenjägers, gespielt von Gary Cooper.
    Ausschnitt aus "Blaubarts achte Frau:
    "Oh no, Michael, just let me go, between you and me there‘s a whole world of seven wives!"
    Claudette Colbert, die am 30. Juli 1996 im Alter von dreiundneunzig Jahren in ihrer Wahlheimat, der Karibikinsel Barbados, starb, beherrschte die Tonlagen des Kinos. Unter ihren mehr als sechzig Filmen waren Psychothriller, patriotische Dramen, Kriegsfilme – doch Kinogeschichte schrieb sie mit ihren – manchmal ganz buchstäblich – schlagfertigen Komödienheldinnen.