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Vor 25 Jahren
Uraufführung von Steven Spielbergs "Jurassic Park"

Lebensecht wirkende Dinosaurier mit völlig realistisch wirkenden Bewegungen: Der amerikanische Regisseur Steven Spielberg hat 1993 mit seinem Film "Jurassic Park" das Kino technisch revolutioniert - und eine nie dagewesene Marketingwelle ausgelöst.

Von Katja Nicodemus | 11.06.2018
    Die Schauspieler Laura Dern, Joseph Mazzelli und Sam Neil helfen einem kranken Dinosaurier. (Aufnahme von 1993). Im Film "Jurassic Park" experimentieren Wissenschaftler mit dem Erbgut von Dinosauriern, das sie in konservierten, blutsaugenden Insekten aus der Vorzeit entdecken. Es gelingt ihnen, selbst Dinosaurier heranzuzüchten, die später ihre Schöpfer terrorisieren.
    Die Schauspieler Laura Dern, Joseph Mazzelli und Sam Neil helfen in "Jurassic Park" (1993) einem kranken Dinosaurier (UIP)
    "Habt Ihr das gehört? Das sind Schritte, die die Erde erbeben lassen. Ich bin einigermaßen beunruhigt."
    Als Kind hatte Steven Spielberg einen Traum. Er malte sich aus, die Kinosessel zu verkabeln, um das Publikum mit gezielten Stromstößen aus den Sitzen zu reißen, es zum Schreien, Zucken, Weinen zu bringen. Das Kino als Manipulationsmaschine, die ihre Bilder direkt in den Kopf des Zuschauers jagt.
    "Seht euch diese Formation an: präzise Richtungswechsel wie ein Vogelschwarm auf der Flucht vor einem Raubvogel."
    "Und: Sie kommen präzise auf uns zu!"
    Spiel mit der Angst
    In seinem Film "Jurassic Park" kommt Spielberg dieser Vorstellung von Entertainment sehr nahe. Hier ist alles Spannungserzeugung. Oder Vorbereitung der Angst. Etwa, wenn am Anfang des Films ein Paläontologe, gespielt von Sam Neill, einem kleinen Jungen erklärt, wie der Saurier namens Velociraptor, der uns später im Rudel begegnen wird, jagt.
    "Und damit wirst du aufgeschlitzt, mit einer sechzehn Zentimeter langen Raubkralle, scharf wie ein Rasiermesser, auf der Mittelzehe. Er macht sich nicht die Mühe, dir die Halsschlagader durchzubeißen wie etwa ein Löwe. Nein, nein. Er schlitzt dich einfach auf. Das Wichtigste ist, dass du dann noch lebst, wenn sie anfangen, dich aufzufressen."
    Eine neue Technik muss her
    In "Jurassic Park" wird Dinosaurier-DNA aus einer in Bernstein eingeschlossenen Stechmücke extrahiert. Ein Millionär lässt die Urzeitwesen für einen Vergnügungspark züchten. Doch die Dinosaurier geraten außer Kontrolle. Der Mensch spielt Schöpfung - und der Regisseur Steven Spielberg musste zunächst einmal feststellen, dass das Kino nicht die passende Technik für seine Leinwandgeschöpfe bereit hielt.
    "Ich habe mir King Kong angeschaut und mir war klar: Das ist der letzte Stand der Technik. Und das war 1932. Und seitdem hat es keinen wirklichen Fortschritt gegeben, was Special-Effects-Aufnahmen betrifft. Jedenfalls, wenn man ein Wesen erschaffen will, das nicht existiert. Und ich wollte, dass diese Wesen überzeugend wirken, mit jeder Nuance, jedem Atemzug, jedem Schnaufen."
    Bahnbrechend und wegweisend
    Spielbergs Computertechnikern gelingt etwas Bahnbrechendes: lebensecht wirkende Dinosaurier mit völlig realistisch wirkenden Bewegungen. Spielberg wird diese Bilder mit gebauten Dinosauriermodellen kombinieren. Und es scheint, als habe er mit dem von Richard Attenborough gespielten Erfinder des Dino-Themenparks auch ein Selbstporträt geschaffen.
    "Mit diesem Park hier wollte ich den Menschen etwas nahe bringen, was keine Illusion ist. Etwas, das Realität ist. Etwas, das sie sehen und berühren können."
    "Jurassic Park", der am 11. Juni 1993 in den USA in die Kinos kam, dauert über zwei Stunden. Nur sechs Minuten lang jagen computergenerierte Saurier die Schauspieler Laura Dern, Jeff Goldblum, und Sam Neill durch den Themenpark. Doch es sind sechs Minuten, die das Kino technisch revolutionieren werden. Denn von nun an lässt sich auf der Leinwand alles erschaffen: Tornados, Monster, Fabelwesen, Planeten, Raumschiffe, Riesenwellen - computergenerierte Bilder werden nach "Jurassic Park" das Kino überfluten. Auf teilweise beliebige Weise. Spielbergs Dinosaurier jedoch besitzen etwas Zwingendes: eine schwere, bedrohliche Materialität. Durch das Zusammenspiel von Computereffekten, lebensechten Modellen und einer so präzisen wie monumentalen Tonspur.
    Nie dagewesene Marketing-Welle
    Bahnbrechend wurde "Jurassic Park" auch als Metapher seiner eigenen Vermarktung. Die Dino-Merchandising-Produkte sind auf der Leinwand schon im Shop des Themenparks zu sehen. Mehr als tausend Artikel drängen mit dem Filmstart auf den Markt: Plastikfiguren, Computerspiele, Schokoriegel, allein bis zu fünfzig verschiedene Variationen des "Jurassic Park"-T-Shirts. Diese nie dagewesene Marketing-Welle brachte Spielberg auch Kritik ein. Man warf ihm vor, von ernsteren Filmthemen abzurücken zugunsten der Kommerzialität.
    Aber so einfach sind die Dinge im Spielberg-Kosmos nicht zu trennen. Auch aus "Jurassic Park" spricht Spielbergs Genie: sein Publikumsinstinkt, jene Freude an der Angstlust, mit der er unser populärkulturelles Bildergedächtnis geprägt und Generationen von Kinogängern in den Kinosessel gedrückt hat.