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Vor 40 Jahren
Der erste Rockpalast ohne Grenzen

Am 23. Juli 1977 verfolgten zehn Millionen Menschen europaweit den Start einer deutschen Kultsendung: die erste Rockpalast-Nacht. Während in der Essener Grugahalle die Fans vor der Bühne abrockten, feierte man zuhause vor den Bildschirmen Rockpalast-Partys. Doch der Zauber hielt nicht ewig. Am 15. März 1986 war mit der 17. Ausgabe zunächst einmal Schluss. Aber es sollte kein Abschied für immer sein.

Von Alfried Schmitz | 23.07.2017
    Die erste Rockpalast-Nacht: Rory Gallagher mit Alan Bangs (m.) und Peter Rüchel (r). in der Essener Grugahalle.
    Die erste Rockpalast-Nacht: Rory Gallagher mit Alan Bangs (m.) und Peter Rüchel (r). in der Essener Grugahalle. (WDR/Manfred Becker)
    Als die Musiksendung Rockpalast 1976 im Westdeutschen Fernsehen an den Start ging, war das die Umsetzung einer Idee des Regisseurs Christian Wagner und des WDR-Redakteurs Peter Rüchel. Einmal im Monat wurde der Mitschnitt eines Rockkonzertes ausgestrahlt. Allerdings hatte man dem neuen Format nur eine halbe Stunde Sendezeit eingeräumt. Peter Rüchel:
    "Was uns schließlich frustriert hat, denn wir wollten ja Konzerte machen und die waren immer schon zu Ende, bevor sie angefangen haben in diesem Kurzformat. Daraus wurde dann also unser Gedanke der Rockpalast-Nacht, in der ARD, Samstagnacht auf Sonntagmorgen, endlos ohne Grenzen, ohne Grenzen auch im geografischen Sinne, denn das war dann auch gleich von Anfang an Eurovision."
    Am 23. Juli 1977 begrüßte Moderator Hendrik Bussiek um 23:00 Uhr zunächst die Hörer der deutschen und zugeschalteten europäischen Hörfunkprogramme.
    "Hier meldet sich aus der Grugahalle in Essen das Rockpalast-Festival, schönen guten Abend wünschen wir allen Zuhörern, und wir hoffen auf eine gute Kondition, denn wir sind ja am Start einer langen Nacht ..."
    Bis in die frühen Morgenstunden sollte die Live-Übertragung gehen. Auf dem Programm: drei Konzerte. In den Umbaupausen waren Interviews mit den Musikern und Einspielungen aus alten Rockpalast-Sendungen geplant. Die amerikanischen Bands Little Feat und Roger McGuinn's Thunderbyrd waren extra aus den USA eingeflogen worden. Für den Auftakt in der mit 8000 Besuchern ausverkauften Essener Grugahalle sorgte der irische Blues-Musiker Rory Gallagher, angekündigt von Albrecht Metzger:
    "Halten wir uns nicht länger mit der Vorrede auf. Liebe Freunde, heute bei uns zu Gast, live im Rockpalast, Rory Gallagher!"
    Um 23:25 Uhr war es dann auch im Fernsehen soweit und die ARD schaltete sich nach dem Wort zum Sonntag live in das laufende Konzert ein.
    Neben Deutschland waren Irland, Österreich, Dänemark, Schweden, Norwegen und Portugal zugeschaltet, als die Rockpalast-Nacht ihre Premiere feierte und Moderator Albrecht Metzger den berühmten Satz sagte:
    "Ladies and Gentlemen, German Television proudly presents as our guests, live in Rock-Palast ..."
    "The United Rockstates of Europe"
    Europaweit schauten schätzungsweise zehn Millionen überwiegend junge Menschen dem Rock-Spektakel aus Essen zu. Moderiert wurde in Deutsch und etwas holprigem Englisch.
    "Yes, this is the fascination idea that millions of people all over Europe are together with us. Wir haben heute Nacht hier sozusagen die Vereinigten Rockstaaten von Europa gegründet. We have found the United Rockstates of Europe here."
    Dritte Rocknacht (Rockpalast, WDR) am 15. September 1978 in der Grugahalle in Essen.
    Dritte Rocknacht (Rockpalast, WDR) am 15. September 1978 in der Grugahalle in Essen. (WDR / Becker)
    Nach der Premiere, die man durchaus als Erfolg werten konnte, wurden die Rockpalast-Nächte zweimal im Jahr veranstaltet. Das Format wurde zur Kultsendung. Die Konzerte von The Who, Grateful Dead, Peter Gabriel oder Mothers Finest sind legendär. Während in der Grugahalle die Fans vor der Bühne abrockten, feierte man zuhause vor den Bildschirmen Rockpalast-Partys.
    "Das hat uns ja so besonders gut gefallen, dass man die Rockpalast-Nächte in der Gruga-Halle nicht alleine wahrgenommen hat, festgeklebt vor der Glotze, sondern dass man Partys veranstaltet hat, sich dem Programm zugewendet, sich abgewendet, sich unterhalten, getanzt und wieder zugewendet hat. Das war etwas ganz Besonderes."
    Doch der Zauber hielt nicht ewig. Mitte der 1980er waren Musikvideoclips so populär geworden, dass man ganze Sendungen damit bestückte. Die Einschaltquoten der Rockpalast-Livekonzerte gingen zurück, und auch in die Essener Grugahalle kamen immer weniger Fans. Am 15. März 1986 war mit der 17. Ausgabe zunächst einmal Schluss. Aber es war kein Abschied für immer, wie der heutige Rockpalast-Redakteur Peter Sommer sagt.
    "Kleine Pause, neuer Name 'Rocklife', dann die Wiederaufnahme '95 unter 'Rockpalast', wo immer noch eigene Veranstaltungen gemacht wurden wie Loreley und Grugahalle, aber nun zunehmend der Gastfaktor kam. Zu 99 Prozent sind wir Gäste bei Festivals und einzelnen Veranstaltungen anderer."
    Der Palast zu Gast
    Wie in Wacken oder bei Rock am Ring. Unter dem Titel "Crossroads" werden auch eigene Klubfestivals veranstaltet. Seinen festen Sendeplatz hat der Rockpalast in der Nacht von Sonntag auf Montag im WDR-Fernsehen, wo neben neuen Produktionen auch Klassiker zu sehen sind und natürlich auch an die erste Rockpalast-Nacht erinnert wird.
    "Ja, liebe Leute. Der Morgen kommt und der Rockpalast geht. But don't forget, it's only Rock'n'Roll and we like it. ... Good night, gut Nacht alle zusammen. - Gute Nacht, guten Morgen, macht's gut! Have a nice day!"