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Vor 50 Jahren
Als das Fernsehen farbig wurde

Heute vor 50 Jahren flimmerten zum ersten Mal Farben über die westdeutschen Mattscheiben. Ein großer Schritt in der Fernsehgeschichte, der zwar 13 Jahre später kam als in den USA – dafür aber in besserer Qualität. Willy Brandt sollte damals per Knopfdruck die Technik umschalten – doch das Ganze startete mit einer Panne.

Von Lea Albrecht | 25.08.2017
    Mit einem Knopfdruck startet der damalige deutsche Vizekanzler Willy Brandt am 25.8.1967 auf der 25. Deutschen Funkausstellung das Farbfernsehen. Seitdem entwickelte sich die bunte «Flimmerkiste», die es in den USA schon seit 1954 gab, nach Angaben der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik mbH (gfu/Frankfurt) zum beliebtesten Unterhaltungsmedium. Ende 1967 standen rund 80000 Farbfernseher in den Wohnstuben der 14 Millionen Fernsehteilnehmer in Deutschland. Fünf Jahre später holte sich bereits jeder zehnte Haushalt bunte Bilder auf die Mattscheibe.
    25.August 1967: Der damalige deutsche Vizekanzler Willy Brandt drückt auf der 25. Deutschen Funkausstellung den entscheidenden Knopf. Der war allerdings nur eine Atrappe. (dpa / Willi Gutberlet )
    So hörte sich Farbe an. Zusammen mit dieser Melodie breiteten sich am 25. August 1967 zum ersten Mal regenbogenfarbig-blumige Rosetten auf den wenigen Farbfernsehbildschirmen Westdeutschlands aus und zeigten an: Achtung, jetzt wird’s bunt! An diesem Tag startete der damalige Vizekanzler Willy Brandt auf der Funkausstellung Berlin das Farbfernsehen für die Bundesrepublik – per Knopfdruck.
    "In der Hoffnung auf viele friedlich-farbige, aber auch spannend-farbige Ereignisse, über die zu berichten und die darzustellen sich lohnt, gebe ich jetzt gewissermaßen den Startschuss für das deutsche Farbfernsehen."
    Das Farbwunder begann jedoch mit einer Panne. Der Knopf, den Willy Brandt drückte, war nur eine Attrappe. Eigentlich stellte ein Techniker im Hintergrund die Farbe ein – und war dabei etwas vorschnell. Noch bevor der Außenminister drücken konnte, hatte sich das Bild bereits verfärbt. Der graue Knopf lief rot an. Bei der großen Mehrheit der Deutschen blieb jedoch eh alles schwarz-weiß – nur in knapp 6000 Haushalten der Bundesrepublik standen damals Farbfernseher. Ein Gerät kostete 2000 Mark und mehr – halb so viel wie ein nagelneuer Kleinwagen.
    Nachrichten sollten schwarz-weiß bleiben
    Außerdem sendeten das Erste und Zweite Deutsche Fernsehen pro Tag zusammen nur acht Stunden in Farbe. Immerhin abwechselnd. Und nur Unterhaltungssendungen. Denn die Farbe im Bild wurde auch misstrauisch beäugt. Sie könnte den Inhalten die Ernsthaftigkeit nehmen und sie zu oberflächlich buntem Klamauk verkommen lassen. Das meinte zum Beispiel der damalige Intendant des ZDF Karl Holzamer: Die Nachrichten sollten schwarz-weiß bleiben.
    "Und zwar deswegen, weil eben gerade die tägliche Aktualität, das Informatorische, das Belegende diesen Ausdruck des schwarz-weiß in einer vorzüglichen Weise handhabt. Und weil das additive Moment, das bereichernde Moment, gerade in diesem Punkte eher in einer Veräußerlichung liegen könnte, als in einer klaren dokumentarischen Belegung."
    Die Tagesschau trat dann auch noch bis 1970 seriös in schwarz-weiß auf. Bundestagsdebatten blieben sogar bis Ende der 70er Jahre farblos.
    Die ersten beiden Shows, die im August 1967 über den Äther strömten, strahlten in gold, pink, mintgrün - der "Goldene Schuss" im ZDF und der "Gala-Abend der Schallplatte" im Ersten. Und endlich waren auch die tanzenden nackten Frauenbeine nicht mehr grau, sondern fleischfarben.
    "Ich danke Ihnen, besonders Ihnen, meine Damen, dass Sie sich aus diesem Anlass so farbig gekleidet haben."
    Die deutsche Farbfernsehtechnik, das sogenannte PAL-System, war störungsresistenter und übertrug Farben besser, als die anderen Techniken aus Frankreich und den USA. PAL wurde von dem deutschen Ingenieur Walter Bruch entwickelt – auf Grundlage des schon seit 13 Jahren laufenden US-amerikanischen System.
    "Das Farbfernsehen in Amerika, war so schäbig muss ich wirklich sagen – obwohl, erfinderisch geniale Ideen drin steckten…, dass ich mir sagte: ‚So kann ein deutsches Farbfernsehen nicht sein‘."
    Unterschiedliches Fernsehen in Ost und West
    Unterdessen wurde das Farbfernsehen zu einem Politikum. Frankreich hatte sein eigenes System entwickelt – SECAM. Charles de Gaulle wollte damit Frankreichs Grandeur erstrahlen lassen. Die Sowjetunion ließ sich überzeugen und adaptierte SECAM – das bedeutete unterschiedliches Fernsehen in Ost und West.
    In der DDR flimmerten erst zwei Jahre später die ersten Farben über die Bildschirme . Westfernsehen konnten die DDR-Bürger trotzdem empfangen, nur ohne Farbe. Willy Brandt kommentierte:
    "Es ist gut, dass sich am schwarz-weiß Kontakt nichts ändert. Aber dadurch wird man zugleich an die Tatsache erinnert, dass es weiterhin wenig Farbe gibt. Es wird schwer genug sein, über schwarz-weiß Vorstellungen hinwegzukommen."
    Die westdeutschen Wohnzimmer eroberte das Farbfernsehen erst richtig mit den Olympischen Spielen 1972 und der Fußball-Weltmeisterschaft zwei Jahre später im eigenen Land. Übrigens: Dieselbe rote Knopfattrappe, die vorgaukelte, das Farbfernsehen zu eröffnen, wurde noch einmal gedrückt – im Jahr 1980 zum Start des Videotextes.