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Vor 50 Jahren
Die Stiftung Deutsche Sporthilfe wird gegründet

Der Kampf um Medaillen war ihr Gründungsmotor. Die westdeutschen Olympioniken sollten gegenüber den Ostblockländern nicht ins Hintertreffen geraten. Vor 50 Jahren wurde daher die Stiftung Deutsche Sporthilfe gegründet. Bis heute unterstützt sie Spitzensportler finanziell.

Von Eduard Hoffmann | 26.05.2017
    Bronze-Medallien-Gewinnerin im Judo Laura Vargas Koch posiert am 23. August 2016 in Köln bei der ETL-EXPRESS-Sportnacht.
    Bronze-Medallien-Gewinnerin im Judo Laura Vargas Koch posiert am 23. August 2016 in Köln bei der ETL-EXPRESS-Sportnacht. (picture alliance / dpa)
    "Also, ohne die Sporthilfe hätte ich das auf gar keinen Fall so machen können, weil ich auf das Geld schon angewiesen war, also sonst hätt ich halt arbeiten müssen, und dann kann man das nicht so vereinbaren, es wär auf jeden Fall nicht gegangen."
    Laura Vargas Koch hat letztes Jahr bei den Olympischen Spielen in Rio die Bronzemedaille im Judo gewonnen. Seit 2009 unterstützt die Stiftung Deutsche Sporthilfe die Mathematikstudentin, die zur Zeit promoviert. Anfangs erhielt die 26-Jährige nur eine kleine Unterstützung. Doch mit den Erfolgen stieg die Förderung. Bis auf monatlich 1500 Euro während der intensiven Vorbereitungsphase auf Olympia. Nebenher noch arbeiten zu müssen, wäre für die Spitzenathletin:
    "Wenn man jetzt zu den ganzen Turnieren und Trainingslagern und so fährt, dann ist man schon so 20 bis 25 Wochen im Jahr irgendwie im Ausland unterwegs. Und wenn man dann da ist, dann muss man natürlich einmal die Sachen in der Uni nachholen, die man verpasst hat, oder andere Sachen, die sich zu Hause so anhäufen, und dann hat man ja auch noch zweimal, oder manchmal vielleicht sogar dreimal am Tag Training oder noch Physiotherapie-Termine, und dadurch ist das schon alles extrem eng getaktet."
    Die Idee, bundesdeutsche Leistungssportler zu fördern, entstand bereits in den 50er Jahren. Treibende Kräfte waren Willi Daume, Präsident des Deutschen Sportbundes und des Nationalen Olympischen Komitees, und Georg von Opel, Präsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft. Lange konnten sie sich nicht auf eine gemeinsame Förderung einigen. Doch am 26. Mai 1967 unterzeichneten beide in Berlin die Gründungsurkunde für die Sporthilfe-Stiftung.
    Aus Furcht vor den Wettbewerbern in den Ostbockländern
    Die westdeutschen Funktionäre befürchteten, im politischen Klima des Kalten Krieges gegenüber den so genannten Staatsamateuren der Ostblockländer ins Hintertreffen zu geraten. Denn die Regierungen der sozialistischen Staaten verschafften ihren Spitzensportlern vor allem aus Propagandazwecken professionelle Bedingungen.
    Für die Sportlenker der Bundesrepublik spielte vor allem der deutsch-deutsche Vergleich eine große Rolle. Bis 1964 waren beide deutschen Staaten noch als ein gemeinsames Team bei den Olympischen Spielen angetreten. Ab 1968 jedoch startete die DDR mit einer eigenen Mannschaft. Willi Daume:
    "Es war die Überlegung und die Erkenntnis der Notwendigkeit, dass auch die freie Gesellschaft sich bemühen müsste, die sozialen Probleme der Spitzensportler und des Spitzensports zu lösen, um einigermaßen Chancengleichheit mit der kommunistischen Welt zu halten, das war die eigentliche Absicht."
    Gleichzeitig sollten die westdeutschen Athleten aber auch gegenüber den Hochleistungssportlern der USA konkurrenzfähig bleiben, die großzügige Universitätsstipendien erhielten.
    Anerkennung für den Leistungssport der Bundesrepublik
    Erster Präsident der Sporthilfe wurde der Goldmedaillen-Gewinner im Dressurreiten Josef Neckermann. Über 20 Jahre lang führte der Versandkaufmann die Stiftung. Mit unermüdlichem Engagement und seinen vielfältigen Beziehungen verschaffte er dem Leistungssport in der Bundesrepublik gesellschaftliche Aufmerksamkeit, Anerkennung und Unterstützung. Auch in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten infolge der Ölkrisen Mitte und Ende der 70er Jahre.
    "Ich bin eigentlich sicher, dass wir, auch bei gewissen Einschränkungen, das uns gemeinsam gesetzte Ziel, nämlich die Unterstützung, die soziale Absicherung unserer Sportler weiterhin durchführen können und werden."
    Die Stiftung entwickelte sich schnell zu einem Erfolgsmodell, das weltweit Nachahmung fand. 1976 stellte Willi Daume fest.
    "Eine Olympische Bewegung in Deutschland ohne die Deutsche Sporthilfe hätte überhaupt keine Zukunft mehr."
    Einnahmequellen aus Sondermarken und Fernsehlotterie
    Bis heute sorgt die Sporthilfe für Aus- und Weiterbildungschancen nach der Sportkarriere und kümmert sich um Nachwuchstalente und Sportinvaliden gleichermaßen. Lange Zeit waren Sondermarken und die Fernsehlotterie "Glücksspirale" Haupteinnahmequellen. Inzwischen kommt das Geld überwiegend von der deutschen Wirtschaft und Industrie. Aus einer ehrenamtlich geführten Einrichtung ist ein professionelles Stiftungsunternehmen geworden.
    Nach zahlreichen Dopingskandalen soll seit 2007 ein "Sporthilfe-Eid" saubere Athleten garantieren.
    Aktuell unterstützt die Deutsche Sporthilfe rund 4000 Spitzenathleten mit jährlich knapp 14 Millionen Euro. Gerade erfährt das Fördersystem eine erneute Reform. Geld sollen danach nur noch Sportler bekommen, die in der absoluten Weltspitze mithalten können und Chancen auf den Gewinn einer olympischen Medaille haben. Kritiker befürchten, dass dann viele der bislang unterstützten Spitzenathleten keine Förderung mehr erhalten werden.