Donnerstag, 28. März 2024

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Vor 500 Jahren
Raffael - Tod eines "göttlichen Malers"

Raffael, der Schöpfer der Sixtinischen Madonna, galt schon zu Lebzeiten als künstlerisches Jahrhunderttalent. Als er mit nur 37 Jahren heute vor 500 Jahren starb, trauerte der Papst ebenso wie die römische Kunstwelt. An seinen Werken mussten sich Künstler bis weit ins 18. Jahrhundert messen lassen.

Von Henning Klüver | 06.04.2020
    Am rechten Rand hat sich Raffael selbst in seinem Gemälde porträtiert. Unter einer schwarzen Kappe blickt er dem Betachter direkt entgegen.
    Gerühmt wurde die "grazia", die besondere Beseelung von Raffaels Figuren (imago images / VWPics)
    Als Raffael am Karfreitag, den 6. April 1520, im Alter von nur 37 Jahren starb, trauerte ganz Rom. Giorgio Vasari, Raffaels erster Biograph, rief aus:
    "O Kunst der Malerei, du konntest dich für sehr glücklich halten, da du einen Künstler hattest, dessen Talent und Verhalten dich über den Himmel hoben!" (Zitat)
    Raffael Sanzio wurde bereits zu Lebzeiten als "divin pittore", als "göttlicher Maler", verehrt, der durch die Anmut und Schönheit seiner Kunst sogar die Natur in den Schatten stellte. Der Schweizer Kunsthistoriker Samuel Vitali vom Deutschen Kunsthistorischen Institut Florenz:
    "Es ist auch bezeichnend, dass viele ganz frühe Quellen Raffaels Tod in seinem 33. Altersjahr ansetzen. Also dass er im gleichen Alter wie Christus gestorben wäre, zeigt, wie schon eben früh Raffael geradezu messianische Qualitäten als Künstler unterschoben wurden."
    Künstlerisches Jahrhunderttalent
    Seine Qualitäten als Künstler zeigten sich bereits in jungen Jahren. Raffael kam 1483 als Sohn des Malers Giovanni Santi in Urbino zur Welt. Der Vater hatte enge Beziehungen zum Hof des kleinen Fürstentums, der sich in den letzten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts durch seine Kunstsammlung mit Arbeiten etwa von Piero della Francesca und durch seine reiche Bibliothek zu einem Anziehungspunkt für Künstler und Gelehrte entwickelt hatte. Nach dem frühen Tod des Vaters ging der junge Raffael nach Perugia in die Werkstatt Peruginos, einem Meister der umbrischen Malschule. Samuel Vitali:
    "Er war tatsächlich ein künstlerisches Jahrhunderttalent, seine frühesten Aufträge als selbstständiger Künstler sind dokumentiert im Alter von 17 Jahren, das war für die damalige Zeit außergewöhnlich früh."
    In den Jahren darauf setzte er sich in Florenz mit den großen Künstlern seiner Zeit auseinander: mit Leonardo da Vinci und Michelangelo Buonarroti. Durch das genaue Studium der Maler-Generation vor ihm gelang es Raffael, zu seinem eigenen Stil zu finden. Vasari formulierte das so:
    "Denn in der Tat verdanken wir ihm, Technik, Farben und Bildfindung einheitlich zusammen- und zu jeder Vollendung und Perfektion geführt zu haben, wie man sie kaum noch erhoffen konnte." (Zitat)
    Berühmt für beseelte Figurendarstellungen
    Das gilt besonders für Raffaels Marienbilder, denen er in der Darstellung der Mutter-Kind-Beziehung eine bis dahin unbekannte emotionale Tiefe verlieh. Zum Beispiel in der "Sixtinischen Madonna", die der kunstbesessene August III. Mitte des 18. Jahrhunderts nach Dresden brachte.
    "Was schon Vasari als das Besondere von Raffaels Kunst hervorhebt, ist die ‚grazia’, ein Begriff, den man mit dem deutschen Wort Grazie oder Anmut nur ungenügend übersetzen kann. Es ist das ‚gewisse Etwas’, das die besondere Beseelung seiner Figuren ausmacht."
    Seinen Lebensmittelpunkt fand Raffael schließlich in Rom, wo er sich intensiv dem Studium der Antike widmete. Das wiederum spiegelt sich in seinen großen Bilderzählungen, mit denen er die sogenannten Stanzen, vier Gemächer des apostolischen Palastes, ausmalte.
    "Raffael hat für den Papsthof auf der einen Seite die Ausmalung der Stanzen und auf der anderen Seite seine Entwürfe für die Tapisserien, die für die Cappella Sistina angefertigt wurden, damit hat er eigentlich das Renaissancekonzept der ‚historia’, der Bilderzählung, zur Perfektion getrieben. Und sie wurden zum Maßstab aller Dinge in der Historienmalerei bis ans Ende des 18. Jahrhunderts."
    Von Papst Leo X. wurde Raffael auch zum Architekten des Neubaus von Sankt Peter berufen. Um seine vielfältigen Aktivitäten zu koordinieren, hatte der Künstler in Rom eine Werkstatt gegründet, zu der nicht nur einfache Gehilfen, sondern auch Schüler wie der später bedeutende Giulio Romano gehörten. Raffael war durch seine Kunst und mit Hilfe seiner Werkstatt wohlhabend geworden.
    Wechselnde Liebschaften und früher Tod
    "Er lebte in der Tat nicht als Maler, sondern wie ein Prinz. Er gab unzähligen Arbeit, half ihnen und lehrte sie mit jener Liebe, die nicht Künstlern, sondern seinen eigenen Söhnen gegenüber angebracht gewesen wäre." (Zitat)
    Verlobt mit der Tochter eines Kardinals, schob er eine Heirat immer wieder hinaus, um sich in wechselnden Beziehungen anderen Liebschaften hinzugeben. Wenn man Vasari glauben mag, wurde dies auch der Grund für Krankheit und frühen Tod. Begraben wurde Raffael Sanzio, wie er es in seinem Testament verfügt hatte, in der Kirche Santa Maria Rotonda, dem antiken Pantheon.