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Vor 70 Jahren: Attentat auf Hitler
Von Stauffenbergs missglückter Plan

Es war ein lange geplantes Vorhaben: Am 20. Juli 1944 wollte eine Gruppe um Claus Schenk Graf von Stauffenberg dem Nazi-Terror unter Hitler ein Ende bereiten. Doch die Bombenattacke auf den Diktator scheiterte. Stauffenberg und einige Mitstreiter wurden nur Stunden später hingerichtet.

Von Otto Langels | 20.07.2014
    "Mordanschlag gegen den Führer. Auf den Führer wurde heute ein Sprengstoffanschlag verübt. Der Führer selbst hat außer leichten Verbrennungen und Prellungen keine Verletzungen erlitten."
    Am 20. Juli 1944 meldete der Deutsche Rundfunk den Anschlag auf Adolf Hitler. Wie alle vorherigen Versuche, den Diktator zu beseitigen, missglückte auch dieses Attentat.
    Abgestoßen von den Gräueln des nationalsozialistischen Vernichtungskrieges und dem Völkermord an den Juden hatte ein kleiner Kreis oppositioneller Offiziere 1942 beschlossen, Hitler auszuschalten.
    Angesichts der aussichtslosen militärischen Lage nach der katastrophalen Niederlage bei Stalingrad entwarfen die Verschwörer den Operationsplan "Walküre" für einen Staatsstreich. Zum engeren Kreis gehörten Henning von Tresckow, Friedrich Olbricht, Ludwig Beck, Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim und Claus Schenk Graf von Stauffenberg sowie Ewald Heinrich von Kleist-Schmenzin, ein junger Offizier, der Anfang 1944 Hitler während einer Vorführung neuer Uniformen töten wollte. Der Plan schlug fehl, da der "Führer" nicht erschien. Kleist-Schmenzin erklärte später zu den Motiven des militärischen Widerstands:
    "Erstens dachte ich, dass man das Leben von Hundertausenden von Menschen, das sicherlich sinnlos weiter geopfert werden würde, dass man dieses Opfer verhindern könnte. Zweitens, '44 hatten ja schon beträchtliche Zerstörungen stattgefunden. Ich glaubte also, dass man auch das verhindern könnte. Und drittens schien es mir unerhört wichtig zu sein, der Welt zu zeigen, dass nicht alles in Deutschland die Verbrechen mitgemacht hat."
    Im Sommer 1944 war die deutsche Niederlage nach der Landung der Alliierten in der Normandie absehbar. Da Claus von Stauffenberg als Stabschef des Allgemeinen Heeresamts direkten Zugang zu Hitler hatte, übernahm er die Durchführung des Attentats in der "Wolfsschanze", dem ostpreußischen Führerhauptquartier bei Rastenburg.
    Am 20. Juli stellte er während der Lagebesprechung in einer Baracke seine Aktentasche mit einer Bombe in der Nähe Adolf Hitlers ab. Unter einem Vorwand verließ er gegen 12.40 Uhr den Raum, kurz darauf explodierte der Sprengsatz.
    "Ich hatte einen Augenblick das Gefühl, als begänne der Boden unter mir zu wanken, ausgelöst durch die Hand eines gemeinen Verbrechers im Auftrag einer ehrgeizigen, gewissenlosen kleinen Clique",
    berichtete Propagandaminister Joseph Goebbels nach dem Attentat. Fünf von 24 Anwesenden wurden getötet. Der Gefreite Kurt Salterberg war damals als Wache eingeteilt und stand nur wenige Meter vom Explosionsort entfernt.
    "Ich dreh mich dann noch um, und dann sah' ich, dass Hitler von zwei Personen heraus begleitet wurde. Hitler war blutverschmiert im Gesicht, die Hände, seine Hosenbeine, die waren abgerissen, bis an die Oberschenkel zerfetzt."
    Verhaftung kurz vor Mitternacht
    Bevor Alarm ausgelöst wurde, konnte Claus von Stauffenberg das Gelände verlassen. Er flog nach Berlin, um trotz des Fehlschlags die Operation "Walküre" durchzuführen und den Staatsstreich vom Sitz des Oberkommandos des Heeres im Bendlerblock voranzutreiben. Doch dazu kam es nicht. Ludwig Freiherr von Hammerstein-Equord, einer der Mitverschwörer Stauffenbergs im Bendlerblock:
    "Am späteren Abend war klar, Hitler hatte das Attentat überstanden. Und infolgedessen war in Berlin jedenfalls die Chance, dass man trotzdem den Staatsstreich zum Erfolg führen könnte, praktisch gleich null."
    Kurz vor Mitternacht verhafteten hitlertreue Offiziere die Anführer des Aufstands. Claus von Stauffenberg, Friedrich Olbricht, Mertz von Quirnheim und Werner von Haeften wurden noch in der Nacht im Hof des Bendlerblocks erschossen, Ludwig Beck gab man die Gelegenheit zum Freitod, Henning von Tresckow beging kurz darauf an der Front Selbstmord.
    Die Gestapo nahm in den folgenden Tagen Tausende von Regimegegnern fest, mit einigen machte der berüchtigte Volksgerichtshof unter Roland Freisler kurzen Prozess und verurteilte sie zum Tode. Sie wurden, so hatte es Hitler angeordnet, "wie Schlachtvieh" aufgehängt. Aus dem Kreis des militärischen Widerstandes wurden bis zum Kriegsende rund 200 Personen hingerichtet, einige wie Kleist-Schmenzin und Hammerstein hatten Glück und überlebten den Nazi-Terror.