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Vor 70 Jahren
Die Weltbank nimmt ihre Tätigkeit auf

Die Weltbank ist heute die größte Entwicklungshilfeorganisation. Wo auch immer sie tagt, sind diese Treffen von lautstarken Protesten begleitet. Dabei war die Weltbank eigentlich geschaffen worden, um den armen Ländern unter die Arme zu greifen und damit den Weltfrieden zu stabilisieren. Heute vor 70 Jahren, am 25. Juni 1946, nahm sie ihre Arbeit auf.

Von Monika Köpcke | 25.06.2016
    Blick auf das Gebäude der Weltbank in Washington DC, USA
    Das Gebäude der Weltbank in Washington DC, USA. (picture-alliance/ dpa)
    Im Juli 1944 berichtete die amerikanische Wochenschau:
    "Bretton-Woods – New Hampshire: Delegierte aus 44 Ländern kommen zur internationalen Währungskonferenz zusammen. Auf Einladung des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt versammeln sie sich zum größten Welt-Finanztreffen seit 1933 in einem einsam gelegenen Hotel in den White Mountains."
    Politiker, Finanz- und Wirtschaftsfachleute hatte der amerikanische Präsident eingeladen, um über eine neue Weltwirtschaftsordnung zu beraten. Nach drei Wochen Verhandlung hatte man sich auf zwei neue Instrumente unter dem Dach der Vereinten Nationen geeinigt: Der Internationale Währungsfonds sollte nach Ende des Zweiten Weltkriegs für feste Wechselkurse sorgen. Und die Weltbank bekam die Aufgabe, angeschlagenen Ländern mit günstigen Krediten zu Wirtschaftskraft und Stabilität zu verhelfen.
    Das erste Darlehen ging 1947 an Frankreich
    "Diese Treffen dienen dazu, den Welthandel in der Nachkriegszeit zu fördern und die Grundlage für einen dauerhaften Frieden zu schaffen."
    Am 25. Juni 1946 nahm die Weltbank in Washington ihre Arbeit auf. Das erste Darlehen in Höhe von 250 Millionen Dollar ging 1947 an Frankreich. Als 1948 der Marshallplan die Aufgabe übernahm, den kriegszerstörten Ländern in Westeuropa beim Wiederaufbau zu helfen, wandte sich die Weltbank den Entwicklungsländern zu. Im Glauben an die heilende Kraft des freien Marktes waren ihre günstigen Kredite an sogenannte Strukturanpassungsprogramme gebunden. Fritz Fischer, ehemaliger Exekutivdirektor bei der Weltbank.
    "Bei diesen Strukturanpassungsprogrammen haben weder Währungsfonds noch Weltbank im Unterschied zur gängigen Meinung die Programme im Einzelnen entwickelt, sondern sie haben den Ländern gesagt: Ein Land X, du hast ein Budgetdefizit, du hast über Deine Verhältnisse gelebt, du musst Deinen Haushalt in Ordnung bringen. Wie das die Länder im Einzelnen gemacht haben, ist ihre Sache gewesen."
    Dass die Entwicklungsländer ihre Bodenschätze ausbeuteten, oder dass Urwälder abgeholzt wurden, dass die Privatisierung von Schulen oder Krankenhäusern und steigende Preise für Grundnahrungsmittel die Not vieler Menschen noch vergrößerten, all das nahm die Weltbank zumindest billigend in Kauf. Heute sind die geforderten Anpassungsmaßnahmen nicht mehr so rigide wie in den 70er- und 80er-Jahren, und viele Projekte zur Förderung der Schulbildung oder der Gesundheitsvorsorge wären ohne die Weltbank nicht realisiert worden. Dennoch bleibt sie für Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten ein rotes Tuch.
    James Wolfensohn holte NGOs mit an den Tisch
    "Sie werden die Weltbank immer kritisieren, und das sollen sie ruhig auch. Ich habe keine Probleme mit heftigen Auseinandersetzungen, ich finde das, naja, mittlerweile finde ich das sogar anregend, solange man mich nicht symbolisch verbrennt oder mir Torten ins Gesicht wirft. Das alles ist mir passiert. Aber wir haben jetzt zu einem zivilisierten Dialog gefunden. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber wir brauchen die Nicht-Regierungsorganisationen und, mal ehrlich, sie brauchen uns auch."
    James Wolfensohn war in den 90er-Jahren der erste Präsident, der die Nichtregierungsorganisationen mit an den Tisch holte, wenn Strategien zur Armutsbekämpfung entwickelt wurden. Seitdem tauchen in den Richtlinien der Weltbank auch Wörter wie Nachhaltigkeit, Sozialverträglichkeit oder Umweltschutz auf. Doch diese Richtlinien sind nicht rechtsverbindlich. So reißt die Kritik an milliardenschweren Investitionen in Staudämme, Goldminen oder Pipelines nicht ab, die eher multinationalen Konzernen als der heimischen Bevölkerung nutzen.
    "Was erreicht man, wenn man versucht, alles auf einmal zu machen? Die Antwort: Man erreicht nicht viel. Vielleicht haben deshalb 2,3 Billionen Dollar Auslandshilfe nicht viel gebracht."
    Der New Yorker Wirtschaftsprofessor William Easterly hat sechs Jahre bei der Weltbank gearbeitet. Wie viele andere Kritiker auch, fordert er, dass sie sich endlich auf ihre Kernaufgabe beschränkt: die Armut zu bekämpfen. Der Druck, viel Geld zu verleihen, müsse gemindert und dafür mehr auf die Qualität der Kredite geachtet werden.
    "Das ist etwas, was in der Geschichte der Weltbank fehlt: unabhängige Erfolgskontrolle mit Konsequenzen. Wenn das Geld keine Ergebnisse für die Armen bringt, wird es gestrichen, bringt es Erfolg, dann gibt es mehr Geld."