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Vor 75 Jahren starb der Autokonstrukteur Wilhelm Maybach

Tosender Applaus in der New Yorker Wallstreet. Tränen in den Augen gestandener Männer. Es war eine pompöse Premiere, die DaimlerChrysler im Juli 2002 mit dem neuen "Maybach" feierte. Begleitet von einer Polizei-Eskorte rollte die - fast eine halbe Million Euro teure - Luxuslimousine geradewegs in einen ebenerdig gelegenen Festsaal, wo sie von den Ehrengästen und von dem damaligen Mercedes-Chef Jürgen Hubbert schon sehnlichst erwartet wurde.

Von Irene Meichsner | 29.12.2004
    Hubbert: Maybach soll wieder Maßstäbe setzen ..., er soll die Spitze luxuriöser Exklusivität definieren im Automobilbau ... Und er soll den Menschen, die danach suchen, die Exklusivität bieten, die ihnen gestattet, zu sagen, hier ist ein Auto ganz nach meinen persönlichen Wünschen gebaut worden.

    Wilhelm Maybach, den Namenspatron des neuen "Maybach", nannten Zeitgenossen den "König der Konstrukteure". 1846 kam er in Heilbronn als Sohn eines Schreiners zur Welt. Mit zehn Jahren war er Vollwaise, mit 19 begegnete er Gottfried Daimler, der als Werkstattleiter im "Bruderhaus" arbeitete, einem Waisenhaus mit eigener Maschinenfabrik. Es war der Anfang einer kongenialen Partnerschaft, die bis zu Daimlers Tod 35 Jahre später Bestand hatte. Von Daimler stammte die Vision einer allgemeinen Motorisierung, er knüpfte Firmenkontakte, gründete Ende 1890 in Stuttgart die Daimler-Motoren-Gesellschaft - und Maybach löste für ihn die technischen Probleme.

    Maybach: In der ersten Zeit handelte es sich darum, den schweren Ottoschen stationären Viertaktmotor in einer für Fahrzeuge geeigneten leichten Konstruktion auszuführen, was mir auch leicht gelang ... Zur Erzielung eines rascheren Ganges wandte ich die ... Zündung mittels Glührohr an und als Vergaser einen von mir erfundenen Schwimmervergaser.

    Die ersten Autos wurden gebaut. Nur an Kundschaft fehlte es noch. Alle Pioniere der Automobiltechnik litten darunter, auch Karl Benz, dessen Fabrik später mit der Daimler-Motoren-Gesellschaft zur Daimler-Benz AG fusionieren sollte:

    Benz: Es glaubte in der damaligen Zeit niemand, dass es jemals einem Menschen einfallen werde, statt des vornehmen Pferdefuhrwerks solch ein unzuverlässiges, armseliges, puffendes und ratterndes eisernes Fahrzeug zu benutzen.

    Mit der Jahrhundertwende belebte sich das Geschäft, energisch vorangetrieben von dem Rennfahrer Emil Jellinek, der Daimler-Modelle in Frankreich verkaufte und ganz unverblümt sagte, was ihm an den Autos noch missfiel:

    Jellinek: Zu hochbeinig, zu kurz der Radstand, ergo zu kippelig.

    Ein neues Modell, 1901 nach Jellineks Tochter "Mercedes" benannt, gilt unter Historikern als das erste "richtige" Automobil. Schon zwei Jahre später siegte ein 60-PS starker Mercedes in Irland beim größten Autorennen der damaligen Zeit.

    Deutschland hat den Beweis erbracht, dass es technisch an der Spitze der automobilistischen Bewegung steht,

    staunte das Wiener Tageblatt. 1907 trennte sich Maybach von der Daimler-Motoren-Gesellschaft - eine glückliche Entscheidung für die ganze Familie, wie seine Enkeltochter Irmgard Schmid-Maybach zu berichten weiß:

    Schmid-Maybach: Da hat der Wilhelm Maybach an den Grafen Zeppelin geschrieben: Herr Graf, ich habe einen Sohn, der hat gerade den Motor entwickelt, der für ein neues Luftschiff in Frage käme. Und wenige Monate später war schon die Firma gegründet, wo der Karl Maybach Direktor wurde. Und Konstrukteur für diesen neuen Luftschiffmotor, der wenige Monate später schon fertig da stand.

    Aus der gemeinsamen Firma von Wilhelm Maybach und Graf Zeppelin - ging 1918 die "Maybach-Motorenbau GmbH" in Friedrichshafen hervor. Unter der Regie des Vaters, der am 29. Dezember 1929 in Bad Cannstatt starb, baute Karl Maybach dort seine legendären Luxuskarossen.

    Schmid-Maybach: Weder mein Vater noch mein Großvater haben je ein eigenes Auto besessen. Wir haben nur einen Geschäftswagen gehabt. Mit dem konnte man auch am Sonntag nach Lindau oder nach Bregenz fahren...

    erzählt Irmgard Schmid-Maybach. Mit der Wiederbelebung des Mythos "Maybach" durch das Nachfolgeunternehmen DaimlerChrysler schließt sich der Kreis. Denn eines stellte der Sohn noch zu Wilhelm Maybachs Lebzeiten klar:

    Karl Maybach: Als vor der großen Ausstellung des Verbandes der deutschen Motorfahrzeuge-Industrie im Jahre 1921 einige Mitglieder des Vorstandes spöttisch fragten, ob Maybach den billigsten Wagen bringen werde, waren sie betroffen, als ich antwortete: Nein, den teuersten!