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Vor Brexit-Gesprächen
EU-Botschafter Rogers gibt Amt auf

Der Botschafter Großbritanniens bei der Europäischen Union, Ivan Rogers, ist zurückgetreten, wie die britische EU-Botschaft in Brüssel bestätigte. Kürzlich hatte Rogers mit seiner Einschätzung zur Dauer der geplanten Brexit-Verhandlungen für Aufregung gesorgt.

03.01.2017
    Ivan Rogers (r.) mit dem früheren Premierminister David Cameron (l.).
    Ivan Rogers war früher EU-Berater des ehemaligen Premierministers David Cameron, 2013 wurde er dann britischer Botschafter bei der EU. (AFP / Thierry Charlier)
    Nur wenige Monate vor dem geplanten Beginn der Verhandlungen über den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union hat der ständige Vertreter des Landes bei der EU, Ivan Rogers, sein Amt niedergelegt. Die britische EU-Botschaft in Brüssel bestätigte entsprechende Medienberichte. "Sir Ivans hat diese Entscheidung getroffen, um einem Nachfolger Platz zu machen, bevor Großbritannien Ende März Artikel 50 auslöst", heißt es in einer Mitteilung. Artikel 50 des Vertrags von Lissabon regelt den Austritt eines Landes aus der EU.
    Rogers hat den Posten seit November 2013 inne. Als möglicher Grund für seinen Rücktritt werden in Medienberichten Differenzen zwischen Rogers und mehreren Mitgliedern des Kabinetts in London genannt.
    Nick Clegg: "Schlag für die Regierung"
    Der ehemalige Vize-Premierminister Nick Clegg von den Liberaldemokraten erklärte auf Twitter, wenn jemand wie Rogers zurücktrete, sei dies "ein schwerer Schlag für die Brexit-Pläne der britischen Regierung".
    Auch andere sehen die Regierung von Premierministerin Theresa May durch den Rücktritt geschwächt. "Damit verringern sich Mays Aussichten auf einen guten Verhandlungsabschluss", sagte der Direktor des "Centre for European Reform", Charles Grant. Rogers sei einer der wenigen Spitzenbeamten Mays, der die EU wirklich verstehe. Anfang des vergangenen Jahres hatte Rogers noch den Ritterschlag für Verdienste in der britischen, europäischen und internationalen Politik erhalten.
    Rogers: Brexit-Gespräche könnten zehn Jahre benötigen
    Dem Rundfunksender BBC zufolge hatte Rogers die britische Regierung im Dezember über seine Einschätzung informiert, dass die Verhandlungen über ein Abkommen Großbritanniens mit der EU zur Regelung des Austritts zehn Jahre dauern könnten. Und auch dann könne das Abkommen noch an der Ratifizierung in einem der nationalen Parlamente scheitern, warnte Rogers. Ein Sprecher der Premierministerin wies den Bericht zurück.
    Die Briten hatten in einer Volksabstimmung am 23. Juni mehrheitlich für einen Brexit gestimmt. May will bis Ende März den formellen Antrag auf einen EU-Austritt stellen. Die dann beginnenden Verhandlungen sollen möglichst bis zum Oktober 2018 abgeschlossen werden.
    Gegner des Brexits versuchen, die Pläne gerichtlich zu stoppen. Wie ein Sprecher des Londoner High Court mitteilte, wollen die Kläger versuchen, auch den Austritt Großbritanniens aus dem Europäischen Wirtschaftsraum von einem Votum des Parlaments abhängig zu machen. Nach Ansicht der britischen Regierung verlässt Großbritannien mit dem anvisierten EU-Austritt auch den Europäischen Wirtschaftsraum. Diesem gehören neben den 28 EU-Mitgliedstaaten auch Island, Norwegen und Liechtenstein an.
    (kis/hba)