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Vor dem FDP-Parteitag in Berlin
Gute Laune trotz gescheiterter Jamaika-Verhandlungen

"Innovation Nation" lautet das Motto des ersten FDP-Bundesparteitages nach der Bundestagswahl in Berlin. Neben Themen wie Bildung, Digitalisierung und Zukunftstechnologien wollen die Liberalen vor allem mit sachorientierter Arbeit als bürgerliche Oppositionsstimme punkten. Aber: Es gibt auch Diskussionsbedarf.

Von Klaus Remme | 12.05.2018
    11.05.2018, Berlin: Nicola Beer, FDP-Generalsekretärin, präsentiert während eines Hallenrundgangs vor dem 69. Ordentlichen Bundesparteitag der Freien Demokraten neue Aufkleber ihrer Partei. Foto: Wolfgang Kumm/dpa | Verwendung weltweit
    Nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen sei ein Innovationsimpuls durch Deutschland gegangen, so Marco Buschmann von der FDP (dpa)
    Um elf Uhr wird die stellvertretende Vorsitzende Agnes Strack-Zimmermann den Parteitag der Liberalen eröffnen. Es ist der erste nach den Bundestagswahlen. Berlin-Kreuzberg, Luckenwalder Straße, am gleichen Ort hatte man nach der Niederlage 2013 den Wiederaufbau der Partei begonnen. Man werde diesmal fröhlich zusammenkommen, versichert sie:
    "Wir haben wieder eine Bundestagsfraktion, das heißt, wir werden Themen diskutieren, die wir im Parlament unmittelbar einspielen können. Also für die, die es vergessen haben, wie die letzten vier Jahre waren, ich vergesse es nicht, weil ich dabei sein durfte, die Partei wieder nach vorne zu bringen und insofern wird es mit Sicherheit ein gut gelaunter Parteitag, aber natürlich auch mit der Bürde, das was wir wollen, jetzt auch parlamentarisch umzusetzen."
    Dass es nach den Wahlen im Herbst nicht zu einer Jamaika-Koalition kam, ist längst nicht vergessen. Immerhin kann FDP-Chef Christian Lindner schon darüber scherzen. Er sprach vor einigen Wochen im Bundestag mit Blick auf die gescheiterten Verhandlungen von einer traumatisierenden Phase seines Lebens.
    Ein Innovationsimpuls für die deutsche Politiklandschaft
    Unterm Strich richtig gehandelt, so sieht es Marco Buschmann, der parlamentarische Geschäftsführer der FDP im Bundestag, auch wegen politischer Entwicklungen danach:
    "Die Grünen stellen sich jetzt neu auf, in der Union hat sich viel getan, die neue Generalsekretärin spricht jetzt davon, dass die Union ein neues Grundsatzprogramm braucht, also wir stellen fest, nach unserer Entscheidung ist ein Innovationsimpuls in die deutsche Politiklandschaft gekommen und das zeigt mir, dass das auch eine Riesenchance ist."
    "Innovation Nation", so lautet das Motto des Parteitags, in einem Leitantrag werden Themen betont, die schon den Wahlkampf der FDP bestimmten, Bildung, Digitalisierung, Zukunftstechnologien. Die Konkurrenz in der parlamentarischen Opposition ist groß. Mit sachorientierter Arbeit will die FDP als bürgerliche Oppositionsstimme punkten. Auch in bewusstem Kontrast zur Krawall-AfD. Im Bundestag sitzt man direkt nebeneinander. Vor allem in den hinteren Sitzreihen wird gepöbelt, klagen FDP-Abgeordnete, wie Gyde Jensen, mit 28 Jahren die jüngste Ausschussvorsitzende im Bundestag:
    "Ich frage mich manchmal, warum man so böse werden muss, dass man persönlich wird. Wir sind alle erwachsene Menschen, wir können alle konstruktiv miteinander streiten. Aber sobald der AfD ein Antrag zuwiderläuft, werden sie grantig und ungehalten, die schreien rum und verhalten sich nicht wie Parlamentarier."
    Diskussionen um das Verhältnis zu Russland
    Innerhalb der FDP wird am Wochenende das Verhältnis zu Russland kontrovers diskutiert. FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte sich vor einigen Wochen im Deutschlandfunk für mehr Dialog und einen Kurswechsel in der Sanktionspolitik ausgesprochen. "Die Beschlusslage der Partei ist eine andere", hatte Christian Lindner unmittelbar nach dem Kubicki-Interview via twitter unterstrichen. Putin kennt nur die harte Sprache, gibt ihm Agnes Strack-Zimmermann recht. Auch Buschmann meint zum Thema Sanktionslockerungen:
    "Da bin ich der Meinung, dass das falsch ist, weil dieses Signal falsch interpretiert werden würde. Dann wird die internationale Szene und möglicherweise auch die Russen nicht sagen, aah, die Deutschen wollen jetzt in einen kritischen Dialog eintreten, sondern die sagen, ach die wollen einfach nur ihr Zeug verkaufen."
    Kubicki hält die Kontroverse ohnehin für mediengemacht. Er kennt die Mehrheitsverhältnisse, am Ende gewinnt Lindner, sagt Kubicki im ZDF. Und denjenigen, die in diesem Dissens den Kern eines Machtkampfs in der Parteiführung sehen, sagt Parteivize Agnes Strack-Zimmermann:
    "Das ist albern. Wir haben mit Christian Lindner einen Vorsitzenden, der die letzten vier Jahre, salopp gesagt, gerockt hat. Christian Lindner ist 39, Wolfgang Kubicki ist 66.
    Fakt ist natürlich, dass die Zukunft nicht den heute Mitte 60-jährigen gehört, sondern denen, die in den 30ern sind und insofern erledigt sich das. Dass Wolfgang Kubicki ein Alpha-Tier ist, das wird er immer sein, auch wenn er 99 ist und ich wünsche ihm da weiterhin viel Schwung und dass er gesund bleibt."
    Christian Lindner selbst ist gerade als bester Wahlkampfredner vom Verband der deutsche Redenschreiber geehrt worden. Er kann dieses Talent heute erneut unter Beweis stellen. Die Rede des Parteichefs ist für zwölf Uhr vorgesehen.