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Vor dem Russland-Afrika Gipfel in Sotschi
Russlands geopolitische Interessen in Afrika

Mit rund 40 afrikanischen Ländern unterhält Russland Militärabkommen. Länder wie der Sudan oder Algerien erhielten militärisches Knowhow und Waffen und gewährten dafür den Zugang zu Rohstoffen, sagte Benno Müchler, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in der DR Kongo, im Dlf.

Von Benno Müchler | 19.10.2019
Der russische Präsident Putin wirft seinen Wahlzettel in die Urne.
Sudan, Angola, Algerien: Russlands Präsident Putin versucht Militärkooperationen mit Afrika zu stärken - und damit auch mehr Einfluss in den UN-Gremien zu bekommen. (AFP/Alexey Nikolsky)
Britta Fecke: Es waren russische Soldaten, die in dieser Woche eine verlassene US-Militärbasis in Norden Syriens übernommen haben, nachdem die amerikanischen Soldaten wie angekündigt abgezogen waren. Diese Übernahme der amerikanischen Basis durch russische Soldaten steht auch exemplarisch für die Einflussnahme Russlands in vielen Regionen, denn nicht nur in Syrien füllen russische Soldaten die Lücke, die die westlichen Verbündeten hinterlasssen, der Kreml betont seinen Machtanspruch auch weiter im Süden: In Afrika baut Russland seinen Einflussbereich aus.
Allein 19 Militärabkommen hat die russische Regierung in den letzten vier Jahren mit afrikanischen Staaten geschlossen. Mitte nächster Woche lädt Russland zum Russland-Afrika Gipfel nach Sotschi. 40 afrikanische Staats- und Regierungschefs sollen ihre Teilnahme zugesagt haben.
Von Benno Müchler, Leiter des Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in DR Kongo wollte ich wissen: In welchen Staaten hat Russland Einfluss (zurück) gewonnen? Und mit welchen Mitteln?
Benno Müchler: Das prominenteste Beispiel ist wahrscheinlich die Zentralafrikanische Republik. Da soll Russland nach eigenen Angaben 200 Militärberater im Einsatz haben. Der oberste Sicherheitsberater des zentralafrikanischen Präsidenten Touadéra ist ein Russe. Und dieses Beispiel stellt einerseits das Interesse Russlands dar und auch das Angebot, was es hat. Russland ist hier eine Militärkooperation mit Zentralafrika eingegangen und versucht im Gegenzug, Zugang zu den Uranvorkommen in der Zentralafrikanischen Republik zu bekommen.
Andere Beispiele sind Algerien, der größte Empfänger russischer Waffenexporte. In der Vergangenheit hat Russland Abkommen mit Algerien geschlossen. Da geht es um die Ausbeutung verschiedener Gas-Felder in Algerien. Ein alter oder beziehungsweise neuer Partner ist Angola. Alter deswegen, weil Russland zu Zeiten der Sowjetunion Angola bereits beim Aufbau des Einparteienstaates unterstützte.
Angola ist ein sehr rohstoffreiches Land, hat Diamanten, Öl, Gas und andere Rohstoffe. In diesem Jahr war beispielsweise der angolanische Präsident in Moskau und hat mehrere Abkommen mit Wladimir Putin unterzeichnet, wo es einerseits um Militärkooperationen geht, andererseits aber auch um Zugänge zu diesen Rohstoffen für Russland. Und ein viertes und sehr wichtiges Beispiel ist der Sudan.
Fecke: Man kann also sagen: Militärisches Knowhow und Waffen gegen den Zugang zu den Rohstoffen in Afrika.
Müchler: Ja, das kann man so sagen. Darum geht es Russland einerseits. Aber andererseits geht es bei diesen Kooperationen auch um geopolitische Interessen. Russland versucht durch die Kooperation und die Bindung mit neuen afrikanischen Regierungen seine Position in den Gremien der Vereinten Nationen zu stärken.
Russland will Position in den UNO-Gremien stärken
Fecke: Wie groß sind die geopolitischen Interessen neben den wirtschaftlichen?
Müchler: Ich gebe Ihnen ein Beispiel, weil ich Sudan angesprochen hatte. Im Sudan war Wladimir Putin 2017 mit dem früheren Präsidenten Umar al-Baschir, der vom Internationalen Strafgerichtshof verfolgt wurde, bereits ein Abkommen eingegangen. Da geht es um den Bau einer russischen Luftwaffenbasis am Roten Meer. Und andererseits sollte das russische Militär auch das sudanesische eben mit Waffen, mit Munition, mit Intelligenz unterstützen. Das ist die eine Seite der Kooperation. Im Gegenzug wurde Russland bevorzugte Zugänge zu den sudanesischen Goldreserven versprochen. Und weshalb ich das Beispiel anspreche, zeigt jetzt die neueste Entwicklung im Sudan. Sie erinnern sich an die Niederschlagung der Proteste oder der Demonstrationen der Opposition in der ersten Jahreshälfte. Damals hatte Deutschland zusammen mit Großbritannien in den Vereinten Nationen versucht, eine Erklärung einzubringen, die die Niederschlagung dieser Proteste verurteilt. Und die hat Russland damals, auch gemeinsam mit China, zunächst blockiert. Eine Woche später wurde dann diese Erklärung einstimmig im UN-Sicherheitsrat angenommen. Aber: Es zeigt natürlich, was passieren kann, wenn Russland weitere Partner in Afrika gewinnt. Russland wird versuchen, für seine Position und auch gegen den Westen und auch gegen Amerika Druck aufzubauen. Man muss nur daran denken, dass es gerade auch darum geht, durch die neuesten Entwicklungen im Sudan, dass Sudan eventuell von der Terrorliste der USA gestrichen wird. Und hier kann man auch vermuten, dass Russland versucht, weiteren Druck auf die Partner, die es bereits in Afrika hat auszuüben.
Fecke: Russland hat in den letzten vier Jahren allein 19 Militärabkommen mit afrikanischen Staaten geschlossen. Wenn man diese Zahl hört, ist man sicherlich erstmal etwas erstaunt. Was würden Sie sagen, setzen Sie das doch bitte mal in Relation, wie groß ist der Einfluss des Kreml inzwischen im Vergleich zum chinesischen oder amerikanischen Einfluss auf dem afrikanischen Kontinent?
Müchler: Um eine Zahl vielleicht bei den Militärkooperationen noch zu nennen: Wenn man sich die Summe der Waffenexporte in afrikanische Länder anschaut, dann ist Russland heute mit 35 Prozent der Waffenexporte an der Spitze aller Staaten. Schaut man sich den Einfluss verschiedener Länder und Staatengemeinschaften in Afrika insgesamt an, dann ist Russland einerseits zwar nicht mehr wegzudenken, andererseits aber im Vergleich, wenn man sich die Handelsvolumina etwa der Europäischen Union anschaut, zur Zeit noch ein sehr kleiner Partner. Russland hat, nach eigenen Angaben, im Moment ein Handelsvolumen mit afrikanischen Ländern von 20 Milliarden US-Dollar. Das Handelsvolumen der Europäischen Union liegt bei 280 Milliarden. Die Europäische Union ist mit Abstand nach wie vor der wichtigste Handelspartner afrikanischer Länder und auch aufgrund der Nähe zu den afrikanischen Ländern heute noch der wichtigste Akteur und mit China zusammen der wichtigste Fixpunkt für die afrikanischen Länder.
Nichtsdestotrotz muss die EU, muss natürlich auch die Bundesregierung, die Entwicklungen in Afrika verfolgen und weiter mehr für die Förderung des Handels und die Förderung von Investitionen tun. Der Aufbau von Arbeitsplätzen ist die beste Förderung politischer und auch wirtschaftlicher Entwicklung in den Ländern.