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Vor den Sondierungsgesprächen
Parteien bringen sich in Position

Nach der Wahl in Niedersachsen und vor den morgen beginnenden Sondierungsgesprächen sortieren sich die Parteien: Während die SPD bereits über ihren Kurs in der Opposition und eine Annäherung an die Linkspartei diskutiert, rechnet Angela Merkel mit mehrwöchigen Sondierungen.

Von Frank Capellan | 17.10.2017
    Der Plenarsaal des Bundestages wird am 17.10.2017 in Berlin für die konstituierende Sitzung am 24.10.2017 umgebaut. Mit der FDP und AfD kommen zwei weitere Fraktionen dazu.
    Vor den beginnenden Koalitionsverhandlungen bringen sich die Parteien in Position (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
    Obwohl die Union in Hannover deutlich auf dem zweiten Platz gelandet ist, würde Christian Lindner ihr in Niedersachsen gerne in die Regierungsverantwortung verhelfen.
    Im Deutschlandfunk verteidigt der FDP-Chef das Nein seiner Parteifreunde zu einer Ampelkoalition mit den Sozialdemokraten, Jamaika, eine Koalition von CDU, FDP und Grünen allerdings kann er sich auch in Niedersachsen durchaus vorstellen:
    "In meinen Augen wäre eine Jamaika-Koalition eine neue Regierung, die eine neue Politik macht in Hannover. Während eine Ampel-Koalition, wo die FDP als kleinster Partner dazu kommt, da wird die FDP Mehrheitsbeschaffer sein. Aber es gäbe keine konzeptionell andere Politik."
    Parteitaktische Manöver bei SPD und FDP?
    Den Liberalen wird vorgehalten, eine Koalition mit SPD und Grünen in Niedersachsen aus parteitaktischen Überlegungen auszuschließen.
    Ein Vorwurf, den die FDP im Bund den Sozialdemokraten gemacht hatte: Die SPD müsse ihrer Verantwortung nachkommen und dürfe eine neuerliche Koalition mit Angela Merkel nicht einfach ausschließen, hatte FDP-Vize Wolfgang Kubicki gleich nach der Bundestagswahl erklärt.
    "Mit einem Wahlergebnis, das ja erwartbar war, zu sagen, wir gehen in die Opposition - das können Splitterparteien machen, keine Volksparteien, die eine Verantwortung haben."
    Niedersachsen könnte die morgen beginnenden Sondierungsgespräche belasten. Die Grünen sind nach dem Schlechten Abschneiden in Hannover verunsichert, der Parteilinke Jürgen Trittin sieht Angela Merkel weiter unter Druck.
    Sorge der Grünen vor einem Rechtsruck der CSU
    Vor allem unter dem der CSU, die die Partei nach dem Vorbild Österreichs weiter nach rechts drücken wolle. Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer wiegelt in der ARD ab: "Ich bin davon überzeugt, dass wir eine Links-Rechts-Debatte jetzt bei Sondierungen oder den Koalitionsverhandlungen nicht haben werden.
    Wir werden uns an ganz konkreten Themen abarbeiten. Die Zukunft der sozialen Marktwirtschaft, die Digitalisierung der Gesellschaft - all das, was konkret die Menschen möglicherweise ängstigt. Und deswegen werden wir nicht diskutieren, sind wir heute mal links oder rechts, sondern sind wir heute lösungskompetent."
    Merkel rechnet mit mehreren Wochen Sondierungen
    Das Suchen nach Lösungen, die Kanzlerin wird ab morgen ihr ganzes Verhandlungsgeschick einbringen müssen, um das Bündnis zustande zu bringen.
    Gestern – unter dem Eindruck des schlechten Abschneidens der CDU in Niedersachsen – hatte Merkel sowohl beschwichtigt als auch gewarnt:
    "Das Ergebnis der Niedersachen-Wahl sehe ich nicht so an, dass das eine Schwächung für diese Aufgabe ist. Was die Sondierungsgespräch anbelangt, so werden sie deutlich länger dauern als diese Woche. Wir treffen uns ja in dieser Woche zum aller ersten Mal. Also ich rechne da mit mehreren Wochen."
    SPD schon im Oppositionsmodus
    Ihre langjährige Arbeitsministerin hat derweil längst den Oppositionsmodus gefunden. Andrea Nahles, neue Fraktionschefin der SPD im Bundestag, macht Druck:
    "Zu Beginn dieser Sondierung hört man jeden Tag, jetzt permanent, wer alles Minister bleiben möchte, welche Partei welches Ministerium bekommt. Es geht jetzt aber nicht darum, wer was macht, sondern es geht darum, was wollen sie eigentlich. Ich finde sie sollten sich jetzt mal zusammenreißen und dann mal anfangen diese Regierung auch inhaltlich zu begründen."
    Um Inhalte geht es heute in ihrer Fraktion. Die 153 Abgeordneten diskutieren über den Kurs der SPD in der Opposition. Dabei geht es auch um eine Annäherung an die Linkspartei. Die trifft sich am Mittag in Potsdam ebenfalls zu einer Fraktionsklausur.
    Die Linke: Machtkampf um den Parteivorsitz
    Sarah Wagenknecht und Dietmar Bartsch kämpfen um die Wiederwahl an die Fraktionsspitze, die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger dagegen würden insbesondere den Einfluss von Wagenknecht gerne begrenzen.
    Von einem Machtkampf aber will Dietmar Bartsch im RBB-Interview nichts wissen: "Es ist doch klar, dass, wenn man Entscheidungen treffen muss auf einer Klausur und es sind auch Personalentscheidungen zu treffen, dass es dort ruckelt ist normal. Es ist richtig, wir müssen die Zusammenarbeit von Partei und Fraktion verbessern."
    Bernd Riexinger allerdings wird aus einer vertraulichen Runde zitiert. "Sahra ist leider nicht aufzuhalten als Fraktionsvorsitzende", soll der Linken Chef gesagt haben. "Man kann sie nicht einfach abschießen." Riexinger bestreitet diese Aussage, ein Zeuge aber bestätigt sie an Eides Statt.