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Vor den Trauerfeiern in Dallas
Entspannung statt Aufrüstung

Heute werden die fünf getöteten Polizisten in Dallas beerdigt. An der Trauerfeier nimmt auch Barack Obama teil. Der US-Präsident sucht den Dialog: Am Vorabend traf er sich mit Polizeiverbänden, am Tag danach mit Bürgerrechtlern.

Von Thilo Kößler | 12.07.2016
    Menschen halten bei einer Nachtwache auf dem Platz vor der City Hall in Dallas LED-Lichter mit dem Schriftzug "Love one another" - liebt einander - hoch, aufgenommen am 11. Juli 2016.
    Menschen halten bei einer Nachtwache auf dem Platz vor der City Hall in Dallas LED-Lichter mit dem Schriftzug "Love one another" - liebt einander - hoch. (picture alliance / dpa / Erik S. Lesser)
    Zwei Präsidenten werden heute Abend vor den Särgen der fünf getöteten Polizisten in Dallas stehen – der eine nur noch wenige Monate im Amt. Der andere außer Diensten. Der eine Demokrat. Der andere Republikaner. Doch beide werden dieselbe Botschaft haben, sagt Cindy Saine: Angesichts dieser Gewaltwelle müsse Amerika Einheit demonstrieren - über alle Parteigrenzen hinweg. Cindy Saine ist für den Radiosender Voice of America Korrespondentin im Weißen Haus und kennt den Ton von Barack Obama.
    "Ich glaube er wird versuchen, die Leute zu beruhigen und zu sagen: Wir haben doch mehr Gemeinsamkeiten als Differenzen…"
    Obama werde den Polizisten in Dallas und überall im Land attestieren, dass sie einen wichtigen Job haben. Und einen schweren und sehr gefährlichen. Uns wird doch viel zu viel zugemutet, hat gestern der Polizeichef von Dallas, David Brown, gesagt.
    Warum ausgerechnet Dallas, fragte David Brown: Wo wir doch schon einen so langen Weg der Reformen hinter uns haben. Das Selbstverständnis habe sich völlig gewandelt. Die Stadt habe den dunklen Teil ihrer Polizeigeschichte hinter sich gelassen – die 70er- und 80er-Jahre waren die Zeiten unseliger Gewaltexzesse.
    Seit 1995 ein schwarzer Polizeipräsident das Ruder übernommen hat, ist vieles anders geworden – seit David Brown vor sechs Jahren Polizeipräsident von Dallas wurde, ist die Kriminalitätsrate auf den Stand der 1930er-Jahre gefallen.
    Polizei will verlorenes Vertrauen zurückgewinnen
    In der Debatte über good cops und bad cops sieht sich Brown auf der Seite der Guten: Er hat dafür gesorgt, dass die Polizisten besser ausgebildet werden. Dass sie sich als Partner der Bürger verstehen, dass sie versuchen, verlorenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen und nicht auf Konfrontation zu setzen, sondern auf Deeskalation.
    Transparenz nach außen – Kontrolle nach innen, das ist das Rezept von David Brown: Kommt es zu Zwischenfällen, werden die Beamten zur Rechenschaft gezogen. Dallas ist ein Modell für zukunftsweisende Polizeiarbeit, sagt Brown – das lassen wir uns nicht nehmen.
    "Dieses tragische Ereignis wird uns nicht entmutigen – wir setzen unseren Kurs der Erneuerung der Polizei in Amerika fort."
    Den USA steht jetzt eine schwierige Debatte bevor. Schon machen die Polizeigewerkschaften mobil, um ihre Klientel weiter aufzurüsten – dabei wirken Bereitschaftspolizisten schon jetzt wie paramilitärische Kampfeinheiten und nicht wie Ordnungskräfte.
    Präsident Obama setzt unterdessen auf Dialog: Einen Tag vor dem Begräbnis in Dallas traf er sich mit Polizeiverbänden. Einen Tag danach will er Bürgerrechtler mit an den Tisch holen. Die politische Stimmung hat sich verändert, sagt Cindy Saine vom Radiosender Voice of America
    "Es gibt jetzt sehr viele Leute, die zusammenarbeiten wollen."