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Vor der Auslosung zur Fußball-WM
Heimspiel für Putin

Mit der Auslosung der Gruppen für die Fußball-WM 2018 beginnt für Russland der Endspurt für die Vorbereitungen auf das Prestige-Event. Knapp 200 Tage bleiben dem WM-Gastgeber noch, seine Stadien fertigzustellen. Nicht mehr ausräumen können wird das Land bis dahin die Dopingvorwürfe gegen sein Team.

Von Thielko Grieß | 01.12.2017
    Russian President Vladimir Putin (2nd L), accompanied by deputy prime minister Vitaly Mutko (L), visits an exhibition devoted to the preparation for the 2018 FIFA World Cup at the Kremlin in Moscow on October 3, 2017. / AFP PHOTO / SPUTNIK / Alexey NIKOLSKY
    Wladimir Putin bei Gesprächen zur Vorbereitung der Fußball-WM in Russland (AFP PHOTO / SPUTNIK)
    Der Kremlpalast im Herzen Moskaus. Staatschefs der Sowjetunion haben hier, wie Michail Gorbatschow, die Lebendigkeit der Kommunistischen Partei der Sowjetunion beschworen; inzwischen zieht der längst sanierte Saal tausende Besucher zu Konzerten an. Und heute Nachmittag schauen hier viele hundert Gäste, voraussichtlich der russische Präsident und angereiste frühere Weltmeister wie Diego Maradona, Laurent Blanc und Miroslav Klose auf die Lostöpfe. Die Auslosung soll nach 16 Uhr deutscher Zeit beginnen. Währenddessen laufen die Vorbereitungen auf das Turnier in den elf Austragungsstädten Russlands - teilweise wird Tag und Nacht gebaut.
    "Natürlich ist die wichtigste Frage heute: die Fertigstellung der WM-Bauten. Verzögerungen bei den Vorbereitungen auf die Weltmeisterschaft sind inakzeptabel", erklärte Wladimir Putin Anfang Oktober in Moskau mit strengem Blick und auf den Tisch klopfend im Kreis derjenigen, die für die Bauarbeiten verantwortlich sind.
    Er fuhr fort: "Im Allgemeinen geht es zufriedenstellend voran, aber es gibt manche Verzögerungen. Sie sind nicht kritisch. Aber ich habe es oft gesagt und würde es heute gern wiederholen: Wenn nicht auch das letzte Teil an seinem Platz ist, bedeutet dies, dass wir nicht alles rechtzeitig erledigt haben. Wenn wir uns zurücklehnen, werden wir unsere Aufgaben nicht bewältigen. Außerdem werden Stadien und Anlagen nur dann eröffnet werden können, wenn die Umgebung stimmt. Es darf dort kein Geröll, keine Pfützen und keinen Bauschutt mehr geben. Alles muss so vorbereitet werden, dass es für die Leute komfortabel und angenehm ist."
    Ärger mit dem Bauunternehmer
    Bei dem Treffen wurden Fortschrittszahlen genannt: In Jekaterinburg im Ural seien 85 Prozent der Arbeiten erledigt, in Kaliningrad an der Ostsee auch mehr als 80 Prozent, aber der nasse Untergrund des Stadions bereite Schwierigkeiten – und aus Samara wurde Ärger mit dem Bauunternehmer gemeldet; dort fallen Bauplan und -realität zurzeit auseinander. Fertig gestellt sind die vier Stadien, die schon beim Konföderations-Cup in diesem Sommer in Sotschi, Kasan, Sankt Petersburg und in Moskau bespielt wurden.
    Vor Kurzem bestand außerdem das Stadion Luschniki in Moskau sein erstes Testspiel, die russische Mannschaft allerdings unterlag Argentinien mit 0 zu 1. Im Sommer finden in Luschniki das Eröffnungs- und Finalspiel statt. Nach dem Spiel gab es Probleme damit, die Fans nach dem Abpfiff zügig zur Metro oder S-Bahn zu geleiten. Das Gedränge war groß. Die Behörden versprachen Besserung. Währenddessen werden bereits Berechnungen für die Zeit nach der WM angestellt. Anton Alichanow, Gouverneur Kaliningrads, wandte sich bittend an Präsident Putin, damit die Russische Föderation uns einige Jahre lang hilft und subventioniert, die Ausgaben für den Unterhalt der Infrastruktur zu bestreiten, bis wir die Stadien effektiv nutzen können. Zum Beispiel wird es in Kaliningrad, wo es keinen Klub gibt, der in der ersten russischen Fußball-Liga spielt, schwierig werden, das Stadion mit 35.000 Sitzplätzen zu nutzen."
    Urinproben - im Ausland untersucht
    Ähnliche Prognosen gibt es unter anderem für Rostow am Don, Wolgograd oder Saransk – Fußball zieht im russischen Ligabetrieb nur selten Zehntausende in die Stadien. Drängender als diese Fragen sind aber zurzeit die Vorwürfe, vor der WM in Brasilien sei im russischen Fußball mit Wissen offizieller Stellen gedopt worden. Das will der frühere Chef eines russischen Anti-Doping-Labors, Grigorij Rodtschenkow, belegen können. Moskau widersprach, zuletzt gestern Ministerpräsident Dmitrij Medwedew, der eine Kampagne gegen Russland sieht:
    "Das ist Politik. Wir werden uns in allen Organisationen dagegen wenden. Aber es muss uns einfach klar sein, dass es in all dem in der Hauptsache nicht um den Sport geht."
    Russland verfügt zurzeit über kein international anerkanntes Dopinglabor. Urin-Proben, auch während der WM, werden voraussichtlich im Ausland untersucht.