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Vor der Landtagswahl im Saarland
Hoffen auf den Schulz-Effekt

Der Wahlsonntag im Saarland wird spannend: Noch hat sich Anke Rehlinger, die Spitzenkandidatin der SPD, zu keiner Koalitionsaussage hinreißen lassen. Linke und CDU stehen in den Startlöchern. Und dann ist da noch der Schulz-Effekt, der bei SPD und Wählern für gute Stimmung sorgt.

Von Tonia Koch | 24.03.2017
    Anke Rehlinger, SPD Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, und SPD Kanzlerkandidat Martin Schulz geben sich am 08.03.2017 in der Glückauf Halle in Spiesen-Elversberg (Saarland) die Hand.
    SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz besucht das Saarland. (dpa/ picture alliance/ Oliver Dietze)
    "Un", "Jo", "Gudd": Drei Worte reichen für eine perfekte Unterhaltung in saarländischer Mundart.
    "Hallo, gudde Moie! Un, alles klar?" - "Jo!" - "Gudd!"
    Anke Rehlinger, die Spitzenkandidatin der SPD bei der saarländischen Landtagswahl, beherrscht die landestypische Kurzform des Dialoges. Das "Un" bedeutet, wie geht's es Ihnen. Die Antwort "Jo" heißt, privat und beruflich sind die Dinge im Lot. Und das aufmunternde "Gudd" am Ende will sagen: Das freut mich für Sie.
    "Hallo guten Morgen, man sieht Sie ja nun laufend im Fernsehen, ein Fernsehstar." - "Dann ist es ja gut, dass ich noch einmal selbst vorbeischaue, darf ich Ihnen ein Röschen mitgeben."
    Anke Rehlinger ist in ihrer Heimatgemeinde Wadern unterwegs, eine Kleinstadt im strukturschwachen Norden des Saarlandes. Wald, Wiesen saubere Luft und ein bisschen Industrie gibt es hier. Hier lebt die 40-jährige Rechtsanwältin mit der Familie. Hier, beim Leichtathletik-Klub Rehlingen, hat sie in der Jugend Saarlandrekorde im Kugelstoßen aufgestellt. Sie sei ein bekennendes Landei, sagt sie von sich selbst. Aber bitte nicht verwechseln mit mangelndem Ehrgeiz.
    "Rehlinger und Schulz, wir wirken zusammen, und zwar in einem sehr positiven Sinne und ich bin natürlich froh, weil das, was wir ohnehin als Kurs schon angelegt hatten in unserer Politik aber auch in unserem Wahlkampf, das wird durch das, was Martin Schulz in diesen Tagen macht und sagt, verstärkt. Er wirkt also als Beschleuniger, aber ohne dass es die Substanz von uns gegeben hätte, könnte auch nichts beschleunigt werden."
    Die amtierende Wirtschaftsministerin hat schon früh auf soziale Themen gesetzt, bevor Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten ausgerufen wurde und die soziale Gerechtigkeit zum Top-Thema auf der politischen Agenda machte. Die Gewerkschaften danken es ihr. "Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für Anke", heißt eine Initiative, die in den Betrieben zur Unterschrift ausliegt. Die angekündigten Korrekturen der Agenda 2010 seien überfällig, sagt einer der Unterzeichner, IG-Metall-Vertreter Robert Hiry.
    "Ja, ich denke das ist das richtige Signal zur richtigen Zeit. Wir haben die Möglichkeit, dass soziale Gerechtigkeit wieder auf den Weg gebracht wird, das haben die Menschen in den vergangenen Jahren vermisst."
    Schulz wird überall gefeiert
    Ohne Schulz hätte die Kampagne für mehr soziale Gerechtigkeit wohl kaum Fahrt aufgenommen. Wo er auch hinkommt, in Saarlouis, an der Saar-Schleife in Homburg oder in Elversberg, dem Heilsbringer der SPD fliegen die Herzen zu.
    "Mir gefällt, dass er sich nicht mit dem Klein Klein aufhält. Ich vertraue ihm voll und ganz und so ehrlich, man kann ihm voll und ganz abnehmen, was er sagt. Was er alles so verspricht, wenn nur die Hälfte davon nach der Wahl noch stimmt, ist ja schon was. Es geht ein Wind durch, er ist authentisch, er nimmt einen mit und kann auch das Wort sozial wieder einmal buchstabieren."
    Schulz hat familiäre Wurzeln in Elversberg, er spielt damit. Strahlend steht Anke Rehlinger auf dem Podium in der glanzlosen Mehrzweckhalle und stellt klar:
    "Wir spielen hier auf Sieg."
    Bisher keine Koalititionsaussagen
    Trotz intensiven Werbens der CDU im Vorfeld der Wahlentscheidung am Sonntag hat sich die SPD-Spitzenfrau nicht auf eine Koalitionsaussage festgelegt. Es gehe um Inhalte, nicht um Koalitionen, dieser Linie bleibt sie treu auch im Hinblick auf mögliche rot-rote Experimente an der Saar:
    "Wir machen das, was die Wählerinnen und Wähler uns mit auf den Weg geben und wofür auch eine rechnerische Mehrheit vorhanden ist und wo wir die meisten sozialdemokratischen Ziele dann umsetzen können, dann entscheiden wir, wie die Farbkombination dazu sein wird."
    Oskar Lafontaine der Spitzenkandidaten der saarländischen Linken steht bereit:
    "Es sieht so aus, als ob das möglich wäre und bekanntlich liegt es ja nicht an uns, also wollen wir sehen, dass die SPD nach der Landtagswahl mit uns eine andere Politik macht."
    Rehlingers Verhältnis zu Lafontaine gilt als entspannt. Nur alleine wird sie diese Frage wohl kaum entscheiden dürfen, Berlin oder möglicherweise auch die SPD-Mitglieder werden darüber wohl ein Wörtchen mitreden.
    "Ich persönlich bin für rot, rot."- "Ich habe ihm bislang nicht verziehen, dass er uns im Stich gelassen hat. Auch die Linke ist ja im Prinzip eine Abspaltung von der SPD vielleicht mit radikaleren Zielen. Und wenn da jeder ein bisschen ab und zu gibt, dann ist das doch wieder eine Gemeinsamkeit."
    Optionen, Möglichkeiten, Rechenspiele, der Wahlsonntag im Saarland wird spannend.