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Vor Ministerrat in Meseberg
Deutschland und Frankreich sollen Klimaschutz-Lücke schließen

Das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 gilt als Durchbruch im weltweiten Klimaschutz. Doch sowohl Gastgeber Frankreich als auch Deutschland drohen den Anschluss zu verlieren. Vor dem deutsch-französischen Ministertreffen hat die Umweltschutzorganisation WWF Forderungen an beide Länder aufgestellt.

Von Dieter Nürnberger | 18.06.2018
    Macron steht lächelnd vor einer großen Videoleinwand mit der Erdkugel, lächelt, spricht und gestikuliert mit der Hand.
    Frankreich war als Gastgeberland stolz auf das Pariser Klimaschutzabkommen. Doch auch bei unserem Nachbarn steigt der Treibhausgasausstoß. (PHILIPPE WOJAZER ( AFP)
    Der WWF will mehr Tempo bei der Energiewende in Europa - und in der Tat sieht die Umweltorganisation hier vor allem Deutschland und Frankreich als Schwergewichte innerhalb der EU, um dieses Ziel zu erreichen. Warum gerade Deutschland und Frankreich? Zum einen geht es um die Realisierung des Pariser Klimaschutzabkommens, hier sei durch den Rückzug der USA eine Lücke entstanden - so dass der EU eine Schlüsselposition zufalle. Und zum anderen steigen bekanntlich in beiden Ländern die Treibhausgasemissionen auch wieder an. Somit bestehe Handlungsbedarf.
    Per Videokonferenz war heute vormittag Pierre Cannet, der Leiter des Klimaschutzprogramms des WWF Frankreich zugeschaltet. Auch er betont vor allem diese deutsch-französische Achse: "Beide Länder sind für rund ein Drittel der europäischen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Und sie sind zudem zusammen ein wirtschaftliches Schwergewicht. Auch hat sich Präsident Macron international als Politiker gezeigt, der das Pariser Klimaschutzabkommen zu einem Erfolg machen will. Ein diplomatisches Engagement, welches nun konkretisiert werden muss: mit ambitionierten Zielen in Europa."
    Der WWF greift eine Macron-Forderung auf: Ein Mindestpreis für CO2
    Im Mittelpunkt der gemeinsamen Forderungen des WWF in beiden Ländern steht die Einführung eines CO2-Mindestpreises für den Stromsektor. Dieser auch von Präsident Macron schon gemachte Vorschlag ist somit nicht neu - und er hat bereits in der politischen Diskussion für Unruhe gesorgt. Der Grund: Die Einführung eines solchen Mindestpreises würde vor allem Deutschland belasten, denn hier spielt der Kohlesektor bei der Stromgewinnung bekanntlich noch eine große Rolle. In Frankreich kaum, weil die dortige Energieversorgung zu 90 Prozent entweder aus Atomkraft- oder Wasserkraftwerken stammt.
    Michael Schäfer, Leiter Klimaschutz beim WWF Deutschland, erläutert dieses Steuerungselement: "Das würde dazu führen, dass viele Kraftwerke, die bisher in Deutschland laufen - wir haben sogar einen Überschuss von zehn Prozent unserer Stromproduktion, den wir in das Ausland exportieren - besteuert würden. Und dass dann tatsächlich Kohlekraft weniger wirtschaftlich sein würde, Gas beispielsweise wirtschaftlicher würde, und wir auf diesem Weg eine Beschleunigung der Energiewende hinbekämen und tatsächlich CO2 einsparen."
    Einseitiger Nachteil für die deutsche Industrie?
    25 Euro pro Tonne CO2 soll dieser vorgeschlagene Mindestpreis im Jahr 2020 betragen. Und die deutschen Kraftwerksbetreiber müssten mit jährlichen Zusatzkosten von einer Milliarde Euro rechnen, so der WWF. Die deutsche Industrie sieht in einem solchen Instrument vor allem einen Wettbewerbsnachteil.
    Das gemeinsame Forderungspapier sieht aber bei diesem Punkt auch eine forcierte Abschaltung älterer französischer Kernkraftwerke vor. Und ein weiterer wichtiger Punkt des Papiers betrifft den Finanzsektor: Grob skizziert soll erreicht werden, dass künftige Investitionen in saubere Energieformen schneller und verlässlicher fließen. Hier ginge es dann auch um mehr Klarheit für Investoren.