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Vorreiter bei der Kleinkinderbetreuung

Während bundesweit ab dem 1. August 2013 ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren besteht, ist die Hansestadt schon viel weiter. Hier haben Eltern bereits ab August 2012 einen Anspruch auf einen Krippen-Platz für Kinder ab zwei Jahren. Mittlerweile sieht man gerade in den Kernvierteln nicht selten Flyer mit der Info: "Freie Kita-Plätze".

Von Verena Herb | 01.08.2012
    Der Piratenspielplatz Bella Martha im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel: Auf Klettergerüsten, Rutschen und Schaukeln toben rund 50 Mädchen und Jungs. Vier riesige Kinderwagen, sogenannte Kinder-Busse, stehen geparkt am Rand des Spielplatzes. Vormittags ist hier mächtig was los, wenn die Kitas aus der Umgebung mit ihren Kleinen kommen.

    Eimsbüttel gehört zu den kinderreichsten Vierteln der Hansestadt. In den vergangenen Jahren sind hier Kindertagesstätten und Krippen wie Pilze aus dem Boden geschossen. Fast 170 Betreuungseinrichtungen gibt es allein in Eimsbüttel, 1050 in ganz Hamburg. Mittlerweile sieht man – gerade in den Kernvierteln - nicht selten Flyer an Laternenmasten mit der Info: "Freie Kita-Plätze".
    Stefanie Bibo betreut als Verwaltungsangestellte insgesamt sechs Kindertagesstätten. Sie weiß: Die Konkurrenz unter den Betreuungseinrichtungen ist groß:

    "Von meinen sechs Einrichtungen, die ich betreue, suchen mehr als die Hälfte händeringend – auch gerne per sofort – jetzt noch mit Beginn des neuen Schuljahres. Wir haben Plätze frei. Definitiv."

    Dass Eltern sich sorgen müssen, ihr Kind nicht unterbringen zu können: In Hamburg ist das nicht der Fall. Stefanie Bibo:

    "Von Problemen oder Ängsten, oder viel Rumrennerei, viel Bewerbungen, viel Gespräche, viele Wartelisten, viel abgelehnt werden – das höre ich seit Monaten. Ne – habe ich schon lange nicht mehr gehört."

    Es ist wohl dem sozialdemokratischen Senat zu verdanken, dass das Angebot gewachsen ist. Schon unter der schwarz-grünen Regierung wurde der Kita-Ausbau gefördert, unter SPD-Regentschaft noch verstärkt. Während bundesweit ab dem 1. August 2013 ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren besteht, ist Hamburg schon viel weiter. Ab heute haben bereits Eltern einen Anspruch auf einen Krippen-Platz für Kinder ab zwei Jahre. SPD-Sozialsenator Detlef Scheele:

    "Bisher ist es ja so, dass man auf Betreuung in der Krippe keinen Rechtsanspruch hat. Das wird sich jetzt am 1. August geändert haben. Im nächsten Jahr wird es auch für einjährigen Kinder gelten. Das ist ein großer Schritt. Und wir gehen davon aus, dass wir in 2012 75 Prozent aller Kinder ein Angebot machen können, das auch wahrgenommen werden wird."

    Der ab heute geltende Rechtsanspruch für alle Kinder ab zwei Jahren bezieht sich auf einen Betreuungsplatz für fünf Stunden samt Mittagessen – auch für Eltern, die nicht berufstätig sind. Wenn beide Eltern indes arbeiten, besteht in der Hansestadt schon seit längerem ein Anrecht auf Betreuung von bis zu 12 Stunden. Das gilt für Kinder von 0 bis 14 Jahren. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ist Hamburg hier also Vorreiter. Das deutschlandweit gesteckte Ziel, bis 2013 Betreuungsplätze für 35 Prozent der unter Dreijährigen zu schaffen, wird die Hansestadt locker erreichen.

    Stefanie Bibo, selbst Mutter von zwei Töchtern ist jedoch skeptisch, ob sich durch den ab heute geltenden Rechtsanspruch tatsächlich mehr Eltern entscheiden, einen Krippenplatz in Anspruch zu nehmen.

    "Vielleicht sind das ja auf einmal jetzt zwei Eltern, die mal anrufen und sagen: Och Mensch, mein Kind ist jetzt zwei geworden. Ich hab jetzt nen Rechtsanspruch. Ich fände das eigentlich ganz attraktiv, wenn mein Kind jetzt sozialen Kontakt hätte in ner Einrichtung mit anderen Kindern bevor es drei wird. Und ich arbeite eigentlich nicht. Ich kann mir das nicht vorstellen."

    Und so glaubt sie auch nicht, dass die freien Plätze in den Kitas dadurch belegt werden können. Schon alleine, weil der Rechtsanspruch für nur 5 Stunden gilt – die meisten Kitas in der Regel jedoch 8 Stunden betreuen.

    "Also ich denke, ne Problemlösung ist damit nicht eins zu eins gegeben. Man muss erst einmal gucken: Was kommt hier überhaupt. Was für ne Anfrage kommt auf uns zu? Was für Familien kommen auf uns zu' Ist das überhaupt merkbar?"

    Nach Informationen der Sozialbehörde haben sich bereits rund 1300 Eltern aufgrund ihres neuen Anspruchs um einen Kita-Platz bemüht.

    Fakt ist: Wenn die Zahl der betreuten Kinder weiter wächst, werden auch deutlich mehr Erzieher gebraucht. Die Sozialbehörde rechnet bis Ende des Jahres mit rund 350 fehlenden Stellen. Doch Hamburg reagiert – so Sozialsenator Detlef Scheele:

    "Wir haben die Ausbildungskapazitäten erhöht. Also wir gehen nicht davon aus, dass wir in näherer Zukunft damit ein Thema haben werden."

    580 Erzieher werden 2012 ihren Abschluss machen. 2014 sind es schon 700.