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Vorstoß von Jens Spahn
Union uneins über Migrationspakt

Jens Spahns Kritik am UN-Migrationspakt werten viele Bundespolitiker auch außerhalb der Union als Manöver im Kampf um den CDU-Parteivorsitz. Innerhalb der Union erhält Spahn aber auch Unterstützung. Beim anstehenden Parteitag könnte die Debatte für Streit sorgen.

Von Klaus Remme | 19.11.2018
    Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
    Jens Spahn sorgt für Schlagzeilen. In der Union wird er vor allem deswegen für seine Kritik kritisiert, weil sich der Bundesgesundheitsminister intern offenbar nicht zu dem Thema geäußert hatte. (dpa)
    Wenn es Jens Spahn darauf anlegt, mit dem Thema Migrationspakt im laufenden Wettbewerb um den CDU-Parteivorsitz wieder stärker ins Gespräch zu kommen, dann gelingt ihm das. Auf Ebene der Vereinten Nationen wurde das Dokument über viele Monate ausgehandelt, im Bundestag gibt es breite Unterstützung. Spahn sieht das 32-Seiten-Dokument, das weltweite Standards für Migration festlegen soll, dennoch skeptisch und er ist nicht allein. Seine Forderung: Eine breite Debatte auf dem Parteitag und eine Abstimmung über das weitere Vorgehen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, CDU, sagte heute im Morgenmagazin dazu:
    "Ich bin überrascht, denn wir haben darüber drei Stunden in unser CDU/CSU-Bundestagsfraktion diskutiert, es gab eine ganz breite Mehrheit, dass wir uns hier von populistischen Kräften nicht ins Bockshorn jagen lassen, dieser Pakt ist im deutschen Interesse richtig. Natürlich kann es jeder auf dem Parteitag zur Diskussion stellen; ich hatte aber nicht den Eindruck, dass Jens Spahn sich in dieser Debatte in der Fraktion in der Weise geäußert hat, wie es jetzt in der Öffentlichkeit berichtet wird."
    "Das könnte auch von der AfD kommen"
    Gestern hatte sich die Bundeskanzlerin selbst in die Diskussion eingemischt, für sie ist der Pakt ein Lackmustest für die Chancen multilateraler Abkommen generell: "Entweder schaffen wir es, gemeinsame globale Lösungen zu erarbeiten, Schritt für Schritt, manchmal zu langsam – oder aber auch nicht."
    Für den FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff ist das eigene Interesse von Jens Spahn allzu durchsichtig: "Jens Spahn hat Panik, weil Friedrich Merz und Annegret Kramp-Karrenbauer im Wettbewerb um den CDU-Vorsitz vorne liegen; jetzt kommt er mit dieser Sache um die Ecke, das könnte auch von der AfD kommen, das ist Unsinn. Der Migrationspakt leistet etwas, das ist bisher in der Diskussion nicht belichtet worden, wie ich finde, und zwar erkennen zum ersten Mal formell auch die Herkunfts- und die Transitländer an, dass Migration ein gemeinsames Problem ist", so Graf Lambsdorff in der ARD.
    Innerhalb der Union bekommt Spahn aber auch Unterstützung. Der CDU-Landesverband Sachsen-Anhalt hat sich gegen den Pakt ausgesprochen. Peter Ramsauer von der CSU sieht breites Unbehagen in der Fraktion. Er könne den UN-Pakt nicht mittragen, so Ramsauer in der WELT. Durch das gesamte Dokument "ziehe sich eine Haltung, Migration als etwas Normales und gar Wünschenswertes" anzusehen.
    Offenbar unbegründete Befürchtungen bezüglich Souveränität
    Kritiker des Abkommens warnen immer wieder vor einer Einschränkung der nationalen Souveränität als Folge einer Zustimmung zum Migrationspakt. Dabei heißt es im Dokument wörtlich: "Der Globale Pakt bekräftigt das Recht der Staaten, ihre nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen."
    CDU-Außenpolitiker wie Jürgen Hardt und Norbert Röttgen werben für den Pakt. Röttgen, Vorsitzender im Auswärtigen Ausschuss, bezeichnet den Pakt gegenüber Bild als "einen enorm wichtigen ersten Schritt der internationalen Gemeinschaft, Migration zu steuern." Lambsdorff fügt hinzu: "Es ist keine juristische Verbindlichkeit, die ist es definitiv nicht; aber es ist ein politisches Dokument, auf dessen Grundlage wir miteinander sprechen können, das ist mehr als früher."
    Am 7. Und 8. Dezember kommen die CDU Delegierten zum Parteitag zusammen, drei Tage später soll der Migrationspakt in New York offiziell angenommen werden.