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Vorwürfe der NGO Survival International
Nationalparkförderung Deutschlands in der Kritik

Im Nationalpark Kahuzi-Biega in der Demokratischen Republik Kongo wurde im vergangenen August ein 17-Jähriger aus dem Volk der Batwa von einem Ranger erschossen. Jetzt muss sich die deutsche Bundesregierung mit dem Vorwurf auseinandersetzen, sie fördere einen Nationalpark, in dem die Rechte der Ureinwohner missachtet würden.

Von Nele Rößler | 14.02.2018
    Ein Ranger schaut durch ein Fernglas im Garamba Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo.
    Für die Förderung von Nationalparks gelten die Menschenrechtsgrundsätze des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AFP / Tony Karumba)
    Der 17-jährige Christian Nakulire wird am frühen Morgen des 26. Augusts vergangenen Jahres erschossen. Er sei mit seinem Vater auf der Suche nach einer Heilpflanze im Nationalpark Kahuzi-Biega in der Demokratischen Republik Kongo unterwegs gewesen.
    Nakulire gehört zum Volk der Batwa – einer Ethnie aus dem Kongo-Delta. An diesem frühen Augustmorgen waren Vater und Sohn in einem Parkbereich unterwegs, dessen Zugang ihnen untersagt war. Der Schütze, ein Ranger und ebenfalls ein Batwa dachte, die beiden seien Wilderer.
    Dieser Vorfall sei kein Einzelfall, sagt Linda Poppe von Survival International. Ranger gingen immer wieder gewaltsam gegen Indigene vor.
    "Also zum Beispiel in die Dörfer kommen, die Töpfe zerschlagen, die Leute schlagen, es gibt auch Vorwürfe von Folter oder Tote tatsächlich auch. Einige Gemeinden berichten, dass Leute infolge von Gewalt gestorben sind, die von Wildhütern ausgeübt wurde."
    Und die werden im Nationalpark Kahuzi-Biega zumindest indirekt von der deutschen Bundesregierung bezahlt. In einer Stellungnahme schreibt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung BMZ, man bedaure den Tod des 17-Jährigen zutiefst, die Umstände müssen schnellstmöglich aufgeklärt werden.
    Parks liegen auf dem angestammten Gebiet der Indigenen
    Linda Poppe von Survival International findet es allerdings grundsätzlich problematisch, dass solche Parks überhaupt finanziert werden.
    "Das Problem mit diesen Parks ist, dass sie auf dem angestammten Land indigener Völker, also oft Jäger und Sammler, entstehen. Und die das Land danach nicht mehr nutzen dürfen, das heißt, sie verlieren die Grundlage ihrer Nahrung. Aber auch das Land, das wichtig ist für ihre Identität."
    Eine Fläche zu nehmen und einen Zaun drum herumzuziehen, so funktioniere Naturschutz schon lange nicht mehr.
    "Survival argumentiert, dass die Indigenen und das lässt sich mittlerweile auch durch wissenschaftliche Studien belegen, eigentlich die besten Hüter ihrer Gebiete sind. Zum Beispiel sind 80 Prozent der biologisch vielfältigsten Gebiete der Welt gleichzeitig Land von indigenen Völkern, das heißt sie leben darauf und nutzen es."
    Survival International wirft der deutschen Bundesregierung vor, die Rechte von indigenen Völkern zu missachten. Dabei sei im Menschenrechtskonzept der Bundesregierung festgeschrieben, indigene Völker in Entscheidungen zum Beispeiel über Naturschutzgebiete zwingend mit einzubeziehen, um Konflikten um natürliche Ressourcen vorzubeugen oder diese zu lösen.
    In einer Stellungnahme schreibt eine Sprecherin des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung BMZ:
    "Die Bundesregierung plant alle Maßnahmen in den Schutzgebieten im Einklang mit dem BMZ-Menschenrechtsgrundsätzen und entsprechend internationalen Standards. Die Belange indigener Bevölkerungsteile werden dabei ebenso berücksichtigt wie die anderer benachteiligter Bevölkerungsgruppen. "
    Und bezogen auf die Demokratische Republik Kongo: "Im Falle des Kahuzi-Biega Nationalparks war es von Beginn an Ziel, die Naturschutzbehörde dabei zu unterstützen, den Park nach internationalen Standards zu schützen und gleichzeitig mit der Anrainerbevölkerung außerhalb des Parks – unter ihnen auch Pygmäen - zusammenzuarbeiten, um den Zugang zu Schulbildung und Gesundheitsversorgung zu verbessern und alternative Einkommensquellen zu schaffen."
    Survival International kritisiert Struktur der Nationalparks
    Deshalb sehe die Regierung einen Rückzug als den falschen Weg. Auch die Zoologische Gesellschaft in Frankfurt hat jahrelang Nationalparks im Kongodelta unterstützt. Zurückgezogen haben sie sich aus Kriegsgründen und um andere Nationalparks zu unterstützen. Geschäftsführer Christof Schenck:
    "Natürlich ist es so, dass eine Reihe von Nationalparks vor vielen Jahrzehnten gegründet worden sind unter Bedingungen, wie man das heute nicht mehr tun würde.
    Allerdings würden die heutigen Schutzgebiete anders gegründet, auch im Kongo: "Der jüngste Nationalpark, der Lomami Nationalpark, wurde in enger Abstimmung mit den Anrainergemeinden, auch mit den Indigenen aus der Region gegründet."
    Eins gibt Christof Schenck auch noch zu bedenken: "Nichtsdestotrotz muss man sagen, dass diese Parks für diese Länder extrem wichtig sind, zum Ressourcenschutz, also zum Schutz der Wälder, zum Schutz auch des Wassers, des Klimas, auch andere Ressourcen, auf die gerade indigene Völker angewiesen sind."
    Survival International findet den Ressourcenschutz ebenfalls wichtig, aber hinterfragt die Struktur der Nationalparks.