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Vorwürfe gegen Imame
Opposition fordert Konsequenzen für Ditib

Imame des größten Islamverbands Ditib sollen in Deutschland lebende Anhänger der Gülen-Bewegung bei den türkischen Behörden denunziert haben. Der Ditib-Generalsekretär entschuldigte sich dafür, ruderte aber kurze Zeit wieder zurück. Die Linke fordert, die Zusammenarbeit mit Ditib zu beenden.

Von Kemal Hür | 14.01.2017
    Blick von oben auf die Merkez-Moschee der Ditib in Duisburg
    Die Ditib ist laut Satzung eine deutsche Vertretung des türkischen Religionspräsidiums. Ihre Imame werden von diesem Präsidium nach Deutschland in Moscheen geschickt und von ihm bezahlt. (Imago/ Hans Blossey)
    Das Bundesinnenministerium braucht lange, um eine Stellungnahme zu schicken. Die Sicherheitsbehörden überprüften, ob die Vorwürfe gegen die Imame strafrechtlich relevant seien, schreibt dann ein Sprecher am späten Freitagnachmittag. Die zuständigen Bundesländer müssten bewerten, "ob auch aufenthaltsrechtliche Konsequenzen zu ziehen sind".
    Dagdelen: Zusammenarbeit beenden
    Sevim Dağdelen, Beauftragte für Migration und Integration der Linksfraktion im Bundestag, fordert, die Zusammenarbeit mit der Ditib auf Bundes- und Landesebene sofort zu beenden. Die Imame müssten in Deutschland ausgebildet werden:
    "Man darf auf keinen Fall weiterhin zulassen, dass in Sakralbauten Imame tätig sind, die von einem ausländischen Staat finanziert werden. Deshalb fordern wir als Linke, diese Zusammenarbeit zu beenden. Wir finden es auch nicht in Ordnung, dass der Bundesinnenminister die Ditib nach wie vor als einen Vertreter der türkischen Regierung bei der Deutschen Islamkonferenz weiter am Tisch sitzen lässt."
    Beck: Name der Imame nennen
    Der religionspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck, erwartet von der Ditib, die Namen der Imame zu nennen, die spioniert haben. Beck kritisiert besonders die Landesregierungen, eine Art Geheimdiplomatie zu betreiben. Sie würden brisante Informationen über die Ditib-Landesverbände der Öffentlichkeit vorenthalten;
    "Es gibt mittlerweile eine Reihe von Gutachten, kurioserweise nur ein Teil davon veröffentlicht. Die anderen werden von den Landesregierungen unter Verschluss gehalten. Diese Frage Anerkennung von politisierten, religiösen Vereinen als Religionsgemeinschaften muss politisch offen diskutiert werden. Und die Gutachten müssen veröffentlicht werden und auch einer kritischen wissenschaftlichen und politischen Debatte zugänglich gemacht werden."
    Beck und Dağdelen haben der Bundesregierung mündliche Anfragen gestellt. Ihre Fragen werden voraussichtlich am kommenden Mittwoch im Bundestag thematisiert werden.
    Aufforderung, Informationen über Gülen-Bewegung zu melden
    Die Spionagedebatte reicht bis September vergangenen Jahres zurück. Das türkische Religionspräsidium hatte eine Anweisung an die türkischen Botschaften und Konsulate geschickt und alle für Religion zuständigen Mitarbeiter aufgefordert, Informationen über die Gülen-Bewegung nach Ankara zu melden. Dieser Aufforderung kamen Ditib-Imame nach. Die Anweisung und die Spionagelisten der Imame liegen uns vor.
    Diese gesammelten Informationen wurden auf einer eurasischen Islamratsversammlung Mitte Oktober in Istanbul besprochen. Der Generalsekretär der Ditib-Zentrale, Bekir Alboğa, nahm an dem Treffen selbst teil. Die Spionageinformationen wurden auch einer
    parlamentarischen Untersuchungskommission vorgelegt, die sich mit dem Putschversuch im Sommer befasst.
    Generalsekretär entschuldigt sich und rudert dann zurück
    Alboğa gab am Donnerstag erst zu, einzelne Imame hätten in Deutschland spioniert. Gestern teilte er schriftlich mit, er habe nur sagen wollen, dass Ditib die Vorwürfe ernst nehme und prüfe.
    Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz, SPD, fordert die Ditib auf, sich von Ankara zu lösen. Der Generalbundesanwalt prüfe, in welchem Umfang die Ditib für die Handlungen der Imame zuständig sei. Denn die Ditib ist laut eigener Satzung eine deutsche Vertretung des türkischen Religionspräsidiums. Ihre Imame werden von diesem Präsidium nach Deutschland geschickt und von ihm bezahlt. Sie sind türkische Staatsbeamte.