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VW-Abgas-Skandal
Wer zahlt den Schaden?

Wer zahlt eigentlich am Ende den finanziellen Schaden, der VW durch den Abgas-Skandal erwächst? Die Versicherungen oder werden die Verluste am Ende sozusagen betriebsintern sozialisiert – durch Kündigungen oder Nullrunden beim Haustarif? Die IG Metall befürchtet, dass auch Zulieferer betroffen sein könnten.

Von Michael Braun | 29.09.2015
    In Belgien will man Ökoprämie für VW-Diesel zurück, auch Schadensersatz für die Luftverschmutzung. Die EU-Industriekommissarin lässt den Markenchef von VW vorsprechen. In Ungarn sorgt sich die Regierung, was wohl aus den Motorenfabriken des VW-Konzerns im Land wird. Alles Zeichen dafür, dass es teuer werden könnte für VW und die wirtschaftlichen Folgen der Motormanipulationen groß.
    Natürlich ist das Management von VW verantwortlich. Weil Fehlverhalten oder verletzte Aufsichtspflicht vorkommen, schützen sich die Unternehmen mit einer Haftpflichtversicherung. Die zahle auch, wenn ein Manger betrogen hat:
    "Ganz besonders dann: Dann wird es sogar noch eine Stufe verschärft, weil typischerweise Unternehmen für ihre Manager sogenannte Manager-Haftpflichtversicherungen abschließen. Diese zahlen aber nur dann, wenn der Manager nicht böswillig, sprich: schuldhaft agiert hat",
    sagt Michael Kramarsch, Gründer und Partner der Unternehmensberatung hkp.group.
    Böswilliges Verhalten wird schon deshalb nicht versichert, weil kriminelles Handeln nirgends versicherbar ist. Kosten von Rückrufaktionen, Schadensersatz an geschädigte Kunden, gelegentlich auch Bußgelder, wie sie VW zum Beispiel in Amerika drohen, sind mit versichert in der sogenannten D&O-Haftpflicht, der Directors- and Officers-Versicherung. VW hat erst einmal 6,5 Milliarden Euro für Schäden im aktuellen Fall zurückgestellt – Summen, die eine Managerhaftpflicht nie decken würde:
    "Manager-Haftpflichtversicherung für große Unternehmen erreichen sicher mal 500 Summen von Millionen oder auch mal leicht darüber. Sie sind dann typischerweise, auch um sie schultern zu können, auf mehrere Versicherer verteilt. Die Schadenssummen, die aber im Moment bei Volkswagen kolportiert werden, die sind sicherlich weit über jedem Versicherungsschutz."
    Im schweren Fahrwasser
    Die Folge:
    "Letztendlich landet der Schaden beim Unternehmen."
    Das müsste Investitionen zurückstellen, womöglich Arbeitsplätze streichen. Dazu will die IG Metall nicht die Hand reichen. Ihr Vorsitzender Detlef Wetzel sagte gestern Abend:
    "VW ist in schwerem Fahrwasser. Das wird auch wirtschaftliche Konsequenzen haben für VW und auch die Zulieferbetriebe. Und wir sagen ganz deutlich: Wir zahlen nicht für eure Krise. Wir wollen die Folgen eurer kriminellen Machenschaften sozusagen nicht durch Arbeitsplatzabbau oder durch schlechte Löhne oder durch schlechte Arbeitsbedingungen bezahlen. Das ist eine ganz wichtige Feststellung. Das wird auch die Stoßrichtung der IG Metall in den nächsten Wochen sein."
    Bei VW kann kein Werk geschlossen werden, ohne dass die Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat zustimmt. Das ist der Kern der in diesem Unternehmen besonders ausgebildeten Mitbestimmung. Aber eine Mitverantwortung der IG Metall für die aktuelle Krise leite sich daraus nicht ab, sagte Wetzel. Der Aufsichtsrat entscheide über Investitionen, aber nicht darüber, welche Komponenten in einem Auto verbaut würden.
    Ein großer Fall, in dem die Managerhaftpflicht in Anspruch genommen wurde, das Unternehmen gleichwohl auf hohen Kosten sitzen blieb, war Siemens. 2,9 Milliarden Euro haben Aufklärung und Abarbeitung der Korruptions- und Schmiergeldaffäre vor sechs Jahren gekostet.
    Und die Deutsche Bank hat einen die Milliardenschwelle überschreitenden Schaden, weil ein ehemaliger Vorstandschef in einem Interview die Bonität der Mediengruppe des Leo Kirch öffentlich anzweifelte. Das Geld wird sie sich von Breuer und Co wohl kaum zur Gänze zurückholen können.