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VW-Abgasskandal
EU klagt gegen Deutschland

Die EU-Kommission hat wegen des VW-Abgasskandals ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und sechs weitere Mitgliedsstaaten eingeleitet. Die Brüsseler Behörde wirft der Bundesregierung vor, Volkswagen nicht für die Manipulation von Schadstoffwerten bei Dieselautos bestraft zu haben. Die Bundesregierung kritisierte das Vorgehen der Kommission: Man habe als einziges Land in Europa sofort im Abgasskandal reagiert.

08.12.2016
    Beleuchtete Büros sind am 06.12.2016 im Verwaltungshochhaus auf dem Gelände vom VW-Werk in Wolfsburg (Niedersachsen) zu sehen.
    Im VW-Abgasskandal klagt die EU gegen Deutschland. (dpa / picture alliance / Julian Stratenschulte)
    Die EU-Kommission hat im VW-Abgasskandal ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und sechs weitere Mitgliedsländer eröffnet - wegen der möglichen Missachtung von EU-Regeln. Die Brüsseler Behörde wirft neben der Bundesrepublik auch Luxemburg, Spanien und Großbritannien vor, Volkswagen nicht für die Manipulation von Schadstoffwerten bei Dieselautos bestraft zu haben, obwohl dies bekannt gewesen sei.
    Zudem hätten Deutschland und Großbritannien der EU-Kommission nicht die Informationen aus den eigenen Untersuchungen gegen den Wolfsburger Konzern zur Verfügung gestellt. Gegen Tschechien, Litauen und Griechenland wurde ein Verfahren eröffnet, weil dort noch keine Regeln für entsprechende Strafen erlassen wurden.
    Bundesregierung kritisiert Vorgehen der EU-Kommission
    Die Bundesregierung hält das Vorgehen der EU-Kommissionl für unberechtigt. Deutschland habe als einziges Land in Europa "Sofortmaßnahmen zur gezielten Vermeidung von unzulässigen Abschalteinrichtungen" umgesetzt, sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. Im Fall Volkswagen sei man "entsprechend dem das Verwaltungsrecht und das Ordnungswidrigkeitenrecht beherrschenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit" vorgegangen mit dem Ziel, das illegale Herunterregeln der Abgasreinigung zu beenden.
    Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wiederholte seine Forderung, die entsprechende Europaverordnung so zu schärfen, "dass der Stand der Technik als Prüfmaßstab festgelegt werden muss". Nur so könnten die Ausnahmen für grundsätzlich verbotene Abschalteinrichtungen massiv eingeschränkt werden, die mit dem Schutz des Motors begründet werden können. Diese Forderung werde inzwischen auch von Frankreich unterstützt, betonte das Ministerium.
    Mehrstufiges Verfahren
    Ein Vertragsverletzungsverfahren verläuft in mehreren Stufen und kann mit einer Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) sowie einer Geldbuße für das betroffene Mitgliedsland enden. Die betroffenen Regierungen haben nun zwei Monate Zeit, um auf die Vorwürfe zu antworten.
    Volkswagen hatte vor mehr als einem Jahr auf Druck der US-Umweltbehörden zugegeben, Diesel-Abgaswerte mit einer speziellen Software manipuliert zu haben. Weltweit sind rund elf Millionen Fahrzeuge davon betroffen. Der VW-Konzern vertritt die Auffassung, dass der Einsatz seiner Abschaltsysteme in Europa legal war. Die Nutzung solcher Programme ist hier seit 2007 verboten, es gibt aber Ausnahmen - etwa wenn Motorschäden oder eine Beeinträchtigung der Sicherheit drohen.
    Milliardenschwere Rückstellungen
    Der Skandal hatte unter anderem zum Rücktritt von VW-Konzernchef Martin Winterkorn und zu milliardenschweren Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten geführt. VW musste zudem herbe Verluste hinnehmen.
    VW hatte vor wenigen Wochen angekündigt, bis zu 30.000 Stellen weltweit abzubauen, etwa 23.000 davon allein in Deutschland. Zudem will der Konzern künftig mehr auf Elektromobilität setzen.
    (tzi/nin)