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Waffen für die syrische Opposition

Die Pläne von Großbritanniens Premierminister David Cameron, die syrische Opposition mit Waffen zu unterstützen, belasten das Verhältnis zu Russland. Auch die britische Bevölkerung ist skeptisch.

Von Silvia Engels | 14.03.2013
    Turbulent ging es zu im Unterhaus, wie fast immer in der wöchentlichen Fragestunde an den britischen Premierminister. David Cameron wird von der Opposition hart angegangen. Er muss sich zur Autoindustrie äußern, zur lahmenden Wirtschaft des Landes. Es geht vom Streit über den neuen Haushaltsentwurf bis hin zum Friedensprozess in Nordirland. Nur ein Thema wird nicht abgefragt: die Syrien-Politik des Premierministers.
    Dabei hatte David Cameron kurz zuvor genau damit Schlagzeilen gemacht. Er hatte nicht ausgeschlossen, syrischen Rebellen im Alleingang Waffen für ihren Kampf gegen Machthaber Bashar al Assad zu liefern. Zur Not auch ohne die EU, die am Waffenembargo gegenüber Syrien festhält. Cameron will offenbar seinen Syrien-Zielen näherkommen, die er schon vor Wochen umrissen hatte.

    "Wir unterstützen weiter den politischen Machtwechsel und den Versuch der Opposition, einen Wandel zu erzwingen. Das beinhaltet, genau auf das EU-Waffenembargo zu schauen. Wir müssen alle Optionen prüfen, um den Regimegegnern zu helfen und Zivilisten besser zu schützen."

    Die britische Opposition hält sich zurück. Zwar warnt Douglas Alexander, Außenminister im Labour-Schattenkabinett, davor, die Lage weiter anzuheizen. Er rät zu einer politischen Lösung. Doch der Ton bleibt moderat. Labour hält sich in Sachen Militärunterstützung eine Hintertür offen. Denn auch das Meinungsbild der Briten in der Syrienfrage ist gespalten. Die Regierungsidee, Waffen an syrische Rebellen zu liefern, findet wenig Gegenliebe. 55 Prozent der Briten sind dagegen, nur 15 Prozent dafür, ermittelte das Umfrageinstitut YouGov Ende letzten Jahres. Eine westliche Militärintervention in Syrien lehnen sogar 69 Prozent ab. Doch eine Flugverbotszone über Syrien wie im Libyen-Konflikt können sich 58 Prozent der Befragten vorstellen, obwohl das sehr wohl britisches Engagement bedeuten könnte.
    Humanitäre Hilfe für die Bürgerkriegsflüchtlinge, die Großbritannien bereits im Umfang von 140 Millionen Pfund geleistet hat, trifft auf breite Unterstützung in der Bevölkerung. Thronfolger Prinz Charles besuchte unter großem britischen Medieninteresse ein syrisches Flüchtlingslager in Jordanien

    " Es ist bemerkenswert, was die Menschen, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, die wunderbaren Hilfsorganisationen hier leisten, um mit dieser extrem schwierigen und herzzerreißenden Situation umzugehen."

    Humanitäre Hilfe steht hoch im Kurs, doch Camerons Vorstoß, die syrische Opposition zu bewaffnen, bringt ihm Schwierigkeiten mit vielen europäischen Partnern ein - und mit Russland, einem der letzten Verbündeten des Assad-Regimes. Eine lange geplante Pressekonferenz in London zwischen den Außen- und Verteidigungsministern beider Länder wurde von der Syrien-Frage völlig überlagert. Der russische Außenminister Sergej Lawrow nannte es eine Verletzung internationalen Rechts, die syrische Opposition zu bewaffnen. Sein britischer Amtskollege William Hague beharrte darauf, sich alle Möglichkeiten offen zu halten.

    "Das sind gewaltige Unterschiede und sie stehen einer Einigung der UN-Sicherheitsratsmitglieder im Wege "

    Der Streit um Syrien torpediert die britische Idee, das seit Jahren angespannte britisch-russische Verhältnis zu verbessern. Die Affäre um den 2006 in London durch radioaktive Substanzen ermordeten Alexander Litvinienko belastet das bilaterale Verhältnis bis heute. Britische Behörden hatten russische Stellen verdächtigt, für den Tod des früheren KGB-Offiziers mitverantwortlich zu sein. London würde diese Affäre gern hinter sich lassen, um die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit Russland zu verbessern. Sein Vorpreschen im Syrienkonflikt erschwert David Cameron dieses Ziel. Doch das scheint der Premier in Kauf zu nehmen.