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Waffenexporte
Zweifel an Gabriels Kehrtwende

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will den Rüstungshandel einschränken und kündigt eine Kehrtwende bei Genehmigungen für Waffenexporte an. Die Opposition wundert sich. Bislang sei kein neuer Akzent in der Rüstungspolitik auszumachen, vor allem fehle es an Transparenz.

Von Stefan Maas | 18.05.2014
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (dpa / picture-alliance / Bernd von Jutrczenka)
    Eigentlich sind die Rüstungsexporte nur ein Thema in einem längeren Interview, dass der Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel der "Bild am Sonntag" gegeben hat. Dort sagt Sigmar Gabriel, er werde bei allen Entscheidungen, die er zu verantworten habe, künftig dafür sorgen, dass Deutschland deutlich vorsichtiger mit Waffenexporten umgehe. Denn der Wirtschaftsminister muss diese Exporte genehmigen. Doch der Linken-Politiker Jan van Aken sagt, er stehe nicht nur wegen dieser Antwort vor einem Rätsel. "Also, er ist jetzt seit wann im Amt? Seit Dezember? Jetzt haben wir mal geguckt, was er von Januar bis April gemacht hat. Und da hat sich nicht viel geändert."
    Der Abgeordnete der Linksfraktion im Bundestag hatte an den Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Stefan Kapferer, geschrieben, um zu erfahren, welche Waffenexporte der Wirtschaftsminister seit Januar genehmigt hat. Aus der Antwort geht hervor, dass Gabriel bis Ende April Waffenexporte im Wert von rund 1,17 Milliarden Euro unterschrieben hat. 23 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2013. Dafür aber sind mehr Genehmigungen erteilt worden für Waffenlieferungen in Drittländer. Also solche, die weder EU noch NATO-Länder sind. Die machen über die Hälfte aus. In der Antwort des Ministeriums an van Aken heißt es: Der weitaus überwiegende Teil der erteilten Genehmigungen gehe auf Entscheidungen der jeweiligen Bundesregierung aus den vergangenen Jahren zurück.
    Jan van Aken wundert sich: "Es läuft so: Eine Firma beantragt etwas, die Bundesregierung genehmigt. Und dann wird geliefert. So, das heißt, von Januar bis April haben Firmen beantragt und Gabriel hat genehmigt. Was frühere Bundesregierungen damit zu tun haben, ist mir völlig unklar." Denn es gehe ja nicht um den physischen Export von Waffen: "Sondern es geht um die Genehmigung. Das ist ja das politisch Entscheidende. Tatsächliche Lieferungen gehen tatsächlich auf Genehmigungen der letzten Jahre zurück, das ist richtig."
    Unionsfraktionsvize Fuchs: "Wird nicht nur bei uns entschieden"
    Als Wirtschaftsminister müsse Sigmar Gabriel auch viele Genehmigungen erteilen, weil die deutsche Rüstungsindustrie eng mit internationalen Partnern verflochten sei, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion und Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs: "Und da wird dann nicht nur bei uns entschieden, ob und wie exportiert wird, sondern auch in den anderen Ländern. Also, das sind Ko-Produktionen."
    Dennoch müsse Gabriel seinen Worten jetzt auch Taten folgen lassen, sagt die Vorsitzende der Grünen, Simone Peter. „Es ist notwendig, dass jetzt endlich Signale gesetzt werden, in Zukunft auch Waffenlieferungen deutlich einzuschränken. Da muss Gabriel handeln und muss für mehr Kontrolle, mehr Transparenz und für eine Einschränkung sorgen."
    Die Bundesregierung setze längst auf mehr Transparenz, erklärt Michael Fuchs. Etwa, mit dem Bericht über Rüstungsexporte: "Diese Transparenzoffensive sieht so aus, dass wir jetzt zweimal jährlich diesen Bericht bekommen. Und dass jeder erfolgreiche Exportfall, der genehmigt ist, der muss 14 Tage später dem entscheidenden Ausschuss, sprich: dem Wirtschaftsausschuss und den mitberatenden Ausschüssen gemeldet werden."
    Bundesverfassungsgericht entscheidet
    Jan van Aken stellt das allein aber nicht zufrieden. Er möchte noch immer wissen, was damit gemeint sei, dass viele Entscheidungen auf die vorherige Bundesregierung zurückgingen. "Es kann eigentlich nur um die Voranfragen gehen. Und das ist das Spannende, da gab es gerade vom Bundesverfassungsgericht eine Verhandlung im April, wo es genau darum ging. Wo Innenminister De Maizière noch eine ganz andere Meinung vertreten hat. Der hat nämlich vor dem Bundesverfassungsgericht gesagt, nein, diese Voranfragen sind überhaupt nicht rechtlich verbindlich, das ist völlig informell. Und Gabriel sagt jetzt genau das Gegenteil." Wäre das der Fall, dann müsse das Parlament auch über solche Vorbescheide informiert werden, sagte Katja Keul, die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen Bundestagsfraktion.