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Wahlen in Ecuador
Ein Land am Scheideweg

Seit zehn Jahren regiert Präsident Rafael Correa in Ecuador - gemeinsam mit Bolivien und Venezuela tritt das Land als Vertreter eines neuen sozialistischen Modells auf. Am Sonntag findet eine wegweisende Stichwahl statt: Bleibt Ecuador im linkspopulistischen Block Lateinamerikas oder schwenkt es nach rechts?

Von Ivo Marusczyk | 01.04.2017
    Ecuadors Präsident Rafael Correa (m.) mit Lenin Moreno (l.) und Jorge Glas (R) am 16. November 2016.|
    Ecuadors Noch-Präsident Rafael Correa (m.) mit Wunsch-Nachfolger Lenin Moreno (l.). (Archiv) (dpa / picture-alliance / Jose Jacome)
    Es dürfte knapp werden, und geht es um viel bei dieser Stichwahl in Ecuador. Bleibt das Land im stark ausgedünnten linkspopulistischen Block in Südamerika oder schwenkt das Ecuador auch nach rechts, wie zuvor schon Argentinien, Peru und Brasilien.
    "Wir wollen Demokratie mit einer unabhängigen Justiz, Demokratie mit einem unabhängigen Parlament und nicht das was in Venezuela passiert ist, ein Staatsstreich, der das Parlament für nichtig erklärt."
    Sagt Guillermo Lasso, der Oppositionskandidat aus dem liberal-konservativen Lager. Er will mit der Politik von Rafael Correa Schluss machen, dem so genannten "Sozialismus des 21. Jahrhunderts", mit Protektionismus und einem Staat, der immer stärker Einfluss nimmt. Der Wunschnachfolger von Correa, sein früherer Vizepräsident Lenín Morena malt dagegen das Schreckgespenst vom rücksichtslosen Neoliberalismus an die Wand, der nur den Reichen nützt.
    "Wir müssen entscheiden ob wir ein Land wollen, das nur einer Handvoll Menschen zu Gute kommt, mit Privatisierungen und radikalen Reformen - oder eine Regierung für alle."
    Ecuador ist mittlerweile enorm verschuldet
    Seit zehn Jahren tritt Ecuador gemeinsam mit Bolivien und Venezuela als Vertreter eines neuen sozialistischen Modells auf. Mit üppig sprudelnden Öleinnahmen konnte Correa Sozialprogramme und große Infrastrukturprojekte finanzieren. Doch dieses Modell ist in eine Sackgasse geraten, die Öl-Einnahmen tröpfeln nur noch, Ecuador ist mittlerweile enorm verschuldet.
    Das Charisma von Rafael Correa fehlt beiden Kandidaten der Stichwahl völlig, beide wirken im Vergleich hölzern und langweilig. Moreno hat allerdings einen Sympathiebonus, die Ecuadorianer kennen ihn seit Jahren und dass er im Rollstuhl sitzt, verleiht ihm Glaubwürdigkeit, wenn er verspricht, sich für Kranke, Behinderte, Ältere und weniger Privilegierte einzusetzen. Dagegen ist Guillermo Lasso ein reicher Ex-Banker, der einen großen Teil seines Vermögens im richtigen Moment ins Ausland geschafft hat - wie Moreno immer wieder unterstreicht.
    "Der ist ein reicher Mann. Und wir wissen doch, wie er sein Geld gemacht hat. Er hat sich bei den Waisen bereichert. Bei den Armen. Bei den Alten und den Witwen. So ist er reich geworden."
    Das scheint zu verfangen: Die letzten Umfragen sagen einen mehr oder weniger knappen Sieg für Moreno voraus, dann könnte das sozialistische Experiment weitergehen. Allerdings ist es schon eine Schlappe für die Correa-Anhänger, dass es überhaupt zur Stichwahl gekommen ist. Und jetzt beobachten viele Ecuadorianer auch verschreckt, wie sich die Lage im Bruderland Venezuela entwickelt. Auch dort hat eine linkspopulistische Regierung lange gut vom Öl gelebt, aber letztlich doch über ihre Verhältnisse. Jetzt steckt das Land aber in einer dramatischen Wirtschaftskrise. Und die jüngsten Ereignisse in Caracas könnten die Stimmung zu Gunsten Lassos beeinflussen - er verspricht Reformen, eine Öffnung des Landes und vor allem Arbeitsplätze.