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Wahlkampf in den Niederlanden
Angst vor Angriffen - Wilders meidet Öffentlichkeit

Geert Wilders mischt seine Anhänger bei Auftritten stets mit aggressiver Rhetorik auf. Doch jetzt zieht der Rechtspopulist sich ausgerechnet im Endspurt des niederländischen Wahlkampfes zurück: aus Angst vor Angriffen von Marokkanern, die er zuvor beschimpft hatte. Stattdessen konzentriert er sich auf sein liebstes Wahlkampfmedium - das Internet.

Von Andreas Meyer-Feist | 24.02.2017
    Geert Wilders, Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei für die Freiheit
    Geert Wilders, Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei für die Freiheit (imago/Belga)
    "Am 15. März, dem Wahltag, gehören die Niederlande wieder uns!" Ein typischer Geert-Wilders-Satz. Noch vor einigenTagen gab er sich äußerst kämpferisch. Bei einem Auftritt südlich von Rotterdam versuchte er Wähler mit Fremdfeindlichkeit zu mobilisieren. Es gebe viel marokkanischen Abschaum in den Niederlanden, tönte Wilders. Und gerichtet an den derzeitigen Premier Mark Rutte: "Es wird Zeit, dass Sie gehen. Vier Jahre Mark Rutte bedeuten vier Jahre immer weniger Niederlande."
    Sätze, die polarisieren. Aber jetzt hat Wilders alle Auftritte abgesagt und den Wahlkampf praktisch eingestellt. Nicht einmal mehr Flyer werden verteilt. Er fürchte um seine Sicherheit wegen seiner Attacken gegen marokkanische Einwanderer, sagt Wilders. Anlass: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen Polizisten. Er wird verdächtigt, geheime Informationen über Wilders Aufenthaltsorte und seinen Lebenswandel verraten haben - an eine "marokkanische Bande".
    Polizei: Wilders war nie gefährdet
    Ob das tatsächlich passiert ist, bleibt ebenso unklar wie die Absichten dahinter. Der Polizist wurde festgenommen und wenig später wieder freigelassen, weil die Verdachtsmomente nicht ausreichten. Der niederländische Polizeichef Erik Akkerboom erklärt: "Die Sicherheit des Politikers ist niemals gefährdet gewesen". Trotzdem zog Wilders Konsequenzen, auf Empfehlung seiner Berater und Parteifreunde. Der Wahlkampf könnte jetzt sachlicher werden, ohne die permanenten Angriffe von Rechts, hofft der Chef der Chef der sozialliberalen "D 66", Alexander Pechthold: "Es ist wichtig, dass nicht mehr so polarisiert wird in den letzten Tagen vor der Wahl. Wir müssen vor allem für Eines sorgen: dass das Vertrauen in die Politik wieder hergestellt wird".
    Pechthold hatte seine eigenen Erfahrungen mit dem Rechtspopulisten gemacht. Wilders montierte sein Bild in eine Menge militanter Islamisten mit Plakaten in den Händen: "Der Islam wird Europa erobern! Scharia für die Niederlande". Wilders stellte das gefälschte Foto ins Internet und behauptete, das sei die Wahrheit. Auf solche Provokationen aus dem Hintergrund könnte Wilders jetzt zurückgreifen, wenn er nicht mehr in großen Sälen auftritt, befürchten seine Gegner.
    Absolute Mehrheit liegt in weiter Ferne
    Für Wilders dürfte es aber auch schwerer werden, überhaupt an die Macht zu kommen. Eine absolute Mehrheit liegt in weiter Ferne. Mögliche Koalitionspartner sind rar. Auch auf den konservativen Premier Rutte darf er nicht hoffen.
    Vor fünf Jahren hatte Wilders Ruttes Minderheitsregierung noch unterstützt und ihn dann fallen lassen. Heute sagt Rutte: "Die Chance, dass wir zusammen regieren, beträgt Null Prozent".
    Geert Wilders will trotzdem an die Macht. Der Wahlkampf könnte aggressiv bleiben. Für viele Niederländer das Grundübel im Land:
    "Das Vertrauen in die Politik: Null Komma null Prozent."