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Wahrheiten nach Auschwitz

Jean Améry war einer der großen Mittler zwischen deutscher und französischer Kultur nach dem Zweiten Weltkrieg, einer der einflussreichsten Intellektuellen in Deutschland. Nach dem Freitod seines Urhebers geriet das Werk jedoch ins Abseits. Nun sind die gesammelten Werke des Essayisten neu herausgekommen.

Von Wilfried F. Schoeller | 03.08.2008
    Vor dreißig Jahren ist Jean Améry freiwillig aus dem Leben geschieden. Er war ein philosophischer Geist sondergleichen: Weitab von jeder akademischen Übung, verstand er es, existenzielle Wahrheiten in einem Katalog fesselnder Fragen vorzutragen.

    Seine geistigen Wurzeln reichen zurück in ein Österreich vor dem Klerikalfaschismus und vor Hitler. Seine Narben erhielt er als Emigrant, im Widerstand, in verschiedenen Konzentrationslagern, sein Trauma des Überlebens von Auschwitz, Buchenwald und Bergen-Belsen war seine schwarze Zentralsonne, seine lebenslange Unbehaustheit erwies sich aber als ein Garant für geistige Unabhängigkeit und intellektuelle Brillanz.

    Jean Améry war einer der großen Mittler zwischen deutscher und französischer Kultur, einer der einflussreichsten Intellektuellen in Deutschland der sechziger und siebziger Jahre. Nach dem Freitod seines Urhebers geriet das Werk jedoch ins Abseits.

    Innerhalb eines halben Jahrzehnts ist es aus seiner Verschollenheit wieder aufgetaucht. Der Verlag Klett-Cotta, in dem erstmals im Herbst 1986 eines seiner Bücher erschien, hat ihn in diesen fünf Jahren mit neun voluminösen Bänden "Gesammelter Werke", mustergültig ediert von Irene Heidelberger-Leonard, geehrt. Und sein Oeuvre ist damit besser überblickbar, denn je zuvor. Den Abschluss dieses großen editorischen Vorhabens bildet ein Neunhundert-Seiten-Band mit "Materialien", in denen sich Jean Améry noch einmal als großer Anreger und fesselnder Gesprächspartner erweist.

    Er hatte seit seiner Kindheit geschrieben. Der 23-Jährige verfasste einen Roman, "Die Schiffbrüchigen", der in dieser Ausgabe zum ersten Mal gedruckt worden ist. Er war das erste Zeugnis des Erzählers, der Jean Améry auch sein wollte. Es traf ihn, dass er als solcher trotz Achtungserfolgen nicht durchkam: "Lefeu oder der Abbruch", 1974 erschienen, erhielt freundliche Kritiken, auch sein letztes von ihm selbst noch verantwortetes Buch über "Charles Bovary, Landarzt. Porträt eines einfachen Mannes" fällt unter diesen Sachverhalt. Der Erzähler rahmt den Essayisten. Es kränkte ihn sehr, dass unter der Zustimmung auch ein wenig Bemühtheit, Gleichgültigkeit und Ablehnung gegenüber dem Erzähler Améry verborgen war.

    Jean Améry, eigentlich Hans Mayer, kam mit knapper Not noch aus dem besetzten Österreich heraus, ging in den belgischen Widerstand, wurde verhaftet und 1944 nach Auschwitz deportiert:

    "Hier habe ich den ganzen Komplex, den ich vergrub in den letzten mir noch erreichbaren Tiefen meiner Existenz. Dort waren wohl die Flammen nicht sichtbar: nur schwärzlicher Rauch drang aus den Kaminen und grub die Gräber in den Himmel, ich komme nicht los von den Wortstauungen, die mir die Wirklichkeit verstellen. Das Überstehen war ein Widersinn."

    Die Erfahrung des Lagers, der völligen Versklavung, der Nachbarschaft des Todes und der Tortur prägten ihn ganz. Nach 642 Tagen Haft wurde er von den Briten in Bergen-Belsen befreit. Er ließ sich wieder in Brüssel nieder, blieb lebenslang ein Exilant, reiste von Belgien aus vor allem in die Schweiz und nach Frankreich. Nach Deutschland wollte er nicht: Er vertrieb seine Texte über eine Schweizer Agentur. Er konnte über alles schreiben: Teenager, Musiker, Karrieren und Köpfe, Literaten, Philosophie, Politik und Gesellschaft. Er hat seine journalistische Arbeit mit rund 5000 Artikeln bilanziert. Sie lesen sich heute wie eine Klimakunde der fünfziger Jahre. Die drei Bände, in denen solche Texte gesammelt sind, umfassen rund 2000 Druckseiten.

    Der Verführungsenergie des Kinos hat er sich gerne überlassen, wie ja in all der existenziellen Härte seiner Erfahrungen ein ästhetischer Sinn irrlichtert, eine durchaus sinnliche Neugier für Stars, Helden, Idole, schräge Typen. Er hat, um sein Leben zu fristen, nach dem Krieg auch sehr handfeste Gelegenheitsbücher geschrieben, vor allem über die Wonnen, die das Zelluloid gewährt.

    Es dominieren hingegen in diesem journalistischen Komplex die Aufsätze zur Literatur. Sie haben einen ausgreifenden Radius: Hamsun und Georges Bataille, Hans Carossa, aber auch Arnold Zweig, Marcel Proust und Erich Kästner. Ihr geheimer Mittelpunkt ist der morbus austriacus.

    Sei es ein Plädoyer für Heinrich Mann, ein Funkfeature über Paul Nizan, ein Text über Alfred Andersch, eine Musterung von Gustav Freytag, seien es Begegnungen mit Elias Canetti, immer betreibt er mit den Büchern und Schriftstellern großen Aufwand, breitet er sich aus. Schmallippige Lakonik ist seine Sache im Umgang mit Büchern und Filmen nicht. Wenn er sie schon wie zufällig und vom Auftrag bestimmt herausfischt, so widmet er sich ihnen, als wäre jedes Mal ein Panorama zu beschreiben.

    Über Arbeitsbeziehungen fand er nach Deutschland zurück. Mitte der sechziger Jahre knüpften sich Sympathie, Hochachtung und intellektuell-moralischer Diskurs an Leute wie den Verleger Gerhard Szczesny, den Publizisten Hans Paeschke, an den Literaturchef der "Frankfurter Rundschau", Wolfram Schütte. Es entstand bei Jean Améry wieder eine Grundsubstanz an Vertrauen. Seit Mitte der sechziger Jahre bot Helmut Heißenbüttel im Süddeutschen Rundfunk dem Essayisten ein Forum. Er hat den Freund im Nachruf in seinen Paradoxien charakterisiert:

    "Jeder, der ihn gekannt hat, weiß, wie bei Jean Améry ein liebenswürdiges, manchmal fast ins Kindliche hinüberspielendes Temperament eine gleichbleibende und dem Norddeutschen vielleicht ein wenig österreichisch-formal erscheinende Höflichkeit untrennbar war von der äußerst strengen theoretischen Argumentation. Dieser Autor, der versuchte, die Konsequenz der privaten Erfahrung, die keine private mehr sein konnte, sein durfte, nachdenkend zu benennen, war zugleich ein geselliger Mensch, liebenswürdig und kein, wie man sagt, Spielverderber, zugleich wie er selber formulierte, ostinater Debatter und ganz und gar verloren und einsam."

    Zweifellos bilden die Essays des Bandes "Jenseits von Schuld und Sühne", 1966 erstmals erschienen, den Kern der Erfahrung und die magnetische Mitte seines Denkens. Améry stellte der deutschen Öffentlichkeit, die sich anschickte, die Nazi-Vergangenheit zu verdrängen und die deutsche Schuld zu beschweigen, seine nachdrücklichen Fragen entgegen und fand neue Perspektiven.

    Zwei Jahre nach Beginn des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses führte er in den fünf Essays dieses Bandes ein Selbstgespräch und suchte dabei etwas Allgemeingültiges zu ermitteln. Er beleuchtete die Bedingungen des Intellektuellen im Lager, bedachte die Erfahrung der Tortur, bestand auf seinem Recht, Ressentiments zu hegen gegen die Deutschen, verstand sich als gelernten Heimatlosen, grübelte über sein Judentum und seine Glaubenslosigkeit nach. Es waren Partien einer existenziellen Konfession, die er beschrieb. Das Buch wurde berühmt - und mit ihm sein Verfasser. In der Zeitung war damals zu lesen:

    "Der gesellschaftskritische Essay deutscher Sprache hat einen neuen Meister gefunden."

    Darum lagerten sich seine "Unmeisterlichen Wanderjahre" und die "Örtlichkeiten", die er "Stationen einer Flucht" nannte, auch der Versuch "Über das Altern". Es waren autobiografische Passagen, die er ausbreitete, aber er verstand sie als "zeitbiografische". Sie fixierten seine unversöhnten Erfahrungen, seine einzelgängerische Existenz und doch war er gerade mit diesem Werk mitten in der Gesellschaft. Es wurde diskutiert und es hatte eine immense Wirkung bei dem Versuch, den Blick der Öffentlichkeit von den erstarrten fünfziger Jahren zu lösen. Wenn man behaupten kann, dass die Bundesrepublik Mitte der sechziger Jahre ein zweites Mal gegründet worden ist, dann gehören die Bücher des Essayisten Jean Améry zu den Gründungsurkunden.

    Er war mit seiner Brillanz, seiner unbestechlichen Genauigkeit, seiner bis ins Monologische vertieften Moralität einer der wenigen deutsch schreibenden philosophischen Schriftsteller vor allem der siebziger Jahre und auch ein beredter Gesprächspartner, ein peripatetischer Geist.

    "Wieviel Heimat braucht der Mensch?", fragte Améry 1966. Er wollte Ausmaß und Wirkung des Heimatverlusts von Exilanten bestimmen. Er spürte in seinem Essay über Heimat den Selbsthass auf, der im Hass auf die feindliche Heimat enthalten ist, ermittelte ihn als Neurose.

    "Um dieser oder jener zu sein, brauchen wir das Einverständnis der Gesellschaft. Wenn aber die Gesellschaft widerruft, dass wir es jemals waren, sind wir auch nie gewesen."

    Die Nachkriegsgeschichte ist freilich nicht dort stehengeblieben, wo Améry sie besichtigte. Die Verdrängung der Verbrechen, die Gleichgültigkeit gegenüber den Opfern, die stillschweigende Entschuldung der Täter waren keineswegs das letzte Wort. In dieser Hinsicht hat Améry nicht Recht behalten: Die nationalsozialistische Vergangenheit wurde in das staatliche Selbstverständnis aufgenommen, bildet einen Untergrund für das Selbstaussprache der deutschen Nation und des sozialen Gemeinwesens.

    Sein eindrucksvollster Essay in diesen "Bewältigungsversuchen eines Überwältigten", wie das Buch "Jenseits von Schuld und Sühne" im Untertitel benannt ist, gilt dem System der Tortur. Améry hat diesen Akt jenseits alles Vorwissens als eine grundsätzliche Veränderung begriffen:

    "Ich weiß nicht, ob die Menschenwürde verliert, wer von Polizeileuten geprügelt wird. Doch bin ich sicher, dass er schon mit dem ersten Schlag, der auf ihn niedergeht, etwas einbüßt, was wir vielleicht vorläufig das Weltvertrauen nennen wollen."

    Er erfuhr sich unter der Folter in radikaler, ausschließlicher Körperlichkeit. Die Grenzen, die der Körper erlebt, wenn er gemartert wird, sind die Grenzen der Welt. Es ist eine Auskunft über den Menschen, bindend und gültig formuliert.

    Zur Identifikation sind diese Schriften nicht angelegt. Sarkastisch wie diese Befunde wirkte der Versuch "Über das Altern". Der Vorgang, beschrieben von einem 56-Jährigen, wird erörtert als Prozess der Selbstentfremdung. Améry revoltiert gegen die Tröstungen, die pragmatischen und die metaphysischen, legt die Unwiderruflichkeit dieser Entwicklung in die Negation bloß, schreibt sich in ein existenzielles Feld hinein, wo nichts mehr gilt als die Zweideutigkeit: abgestoßen und angezogen zu sein von dieser Selbstfremdheit. Der Begriff der Revolte, in Nähe zu Sartre und Camus, meint einen tiefen Pessimismus - ein neues Lebensparadox.

    Das große Ereignis der geistigen Welt Amérys war Jean-Paul Sartre. Er ist ihm durch alle Wandlungen gefolgt, auch im Widerspruch zu ihm. Sartre war für Améry die moralische Instanz schlechthin. Er hat ihm, zuletzt in einem Romanessay über Charles Bovary, nachgeschrieben und respektvoll widersprochen. Im Banne des Sartreschen Riesenwerks über Flaubert, genannt "Der Idiot der Familie", entdeckte Améry den Kleinbürger Bovary, dem Flaubert nur ein Dasein als betrogener Ehemann, als kümmerliche Existenz zugedacht hat. Im Namen von Charles Bovary begehrte Améry gegen den Schöpfer der Figur auf, versuchte, den Bürger zu retten vor der Behauptung, als Typus sei er nur auf fantasielose Ordnung und Pflichterfüllung aus:

    "Das Maß des Bürgers enthält in sich den Freibrief, es zu sprengen und ein neues zu setzen."

    Im Gespräch über den Abweichler Sartre zeichnet Améry die Kontur der eigenen Subjektivität nach. Er hatte mit dem Mai 1968 in Paris sympathisiert. Im Dezember 1974 sprach er über sein Vorbild anders:

    "Der alte Sartre ist noch da. Ich spreche von dem Autor, der mit letzten Kräften seinen 'Flaubert' zu Ende bringt, ein titanisches Unternehmen, das versucht, Phänomenologie, Psychoanalyse und Marxismus theoretisch zu verklammern. Diese riesige, autobiografisch inspirierte Gedankendichtung ist Sartres größtes Werk - daran zweifle ich nicht. Das Scheitern der Größe Sartres besteht denn nicht darin, dass er sein Prestige als geistiger Repräsentant der Nation verspielt hat: Er wollte es ja preisgeben, er hat es stets verachtet, wie die Academie Francaise, wie den Nobelpreis. Der Schiffbruch - und ich wage diese Metapher - ist Sartres seit 1968 immer deutlicher werdende Entfremdung von der Realität, sein im eigentlichen Sinne falsches Bewusstsein."

    Améry löste sich, indem er Abstand zu ihm gewann, vom Mythos der Resistance und von der Rechtfertigung der Gegengewalt. Er kritisierte die Entwicklung der Studentenbewegung, erklärte ihren Antizionismus als Antisemitismus. Der glaubenslose Jude würdigte die Existenz Israels:

    "Israel hat im Guten und im Schlechten ein neues Judenbild und damit den Juden davon erlöst, dass er sich seine Eigenvorstellung vom Antisemiten vorschreiben lassen muss, wie dies seit der Emanzipation der Fall war. Kürzer gesagt: Die Existenz Israels hat auch jenen Juden, die mit diesem Lande beziehungsweise mit dem jüdischen Glauben und der jüdischen Kultur gar nichts zu tun haben, ihre Selbstachtung zurückgegeben."

    Jean Améry hat das Bild des universalistischen Intellektuellen aus Frankreich nach Deutschland eingebürgert. Er war der Deuter dieses Bildes und dessen Verkörperung zugleich. Er verstand sich selbst als einen Linksintellektuellen. Damit bezeichnete er einen Menschen, der "gegen sich selbst denken" könne. Dieses Selbstverständnis von linker Gesinnung ist nicht gerade in Mode gekommen.

    Seine Bücher wirken, wenn man sie wieder liest, heute womöglich wie ein Tresor. In ihnen ist ein Wert wie ein Vorrat gespeichert: die Souveränität und innere Unabhängigkeit, die aus ihnen sprechen, die oft genug vom Abgrund handeln.

    Der große Essay "Hand an sich legen", Juli 1976 veröffentlicht, rechtfertigt den Selbstmord als eine Wahl der Freiheit des Individuums, die gerade dann aufleuchtet, wenn das Leben aus eigenem Entschluss beendet wird. In solchen Paradoxien existenzieller Art kreiste dieses Denken über den Ernstfall.

    "Das Nachdenken über den Freitod kommt erst mit diesem zum Ergebnis: Aber es wird dieses so wenig erlebt, wie der Tod überhaupt. Was erfahren werden kann, ist nur die Absurdität von Leben und Sterben und - wo der Freitod gewählt wird - ein absurder Freiheitsrausch."

    Man konnte seinen Essay als ein Rettungsdenken verstehen, als Aufbau eines Rückhalts, indem der Freitod als ein Privileg des Humanen beleuchtet wird, als die andere Wahl, die möglich und gerechtfertigt erscheint, die aber nicht getroffen werden muss. Doch dieses Paradox, die Entscheidung zur Selbstauslöschung zu rechtfertigen und sie für sich damit zu vermeiden, war das letzte und offensichtlich nicht haltbare gewesen. Zu durchdringend war in Jean Améry eine Oberstimme, die von der Langweiligkeit und der Überflüssigkeit des Überlebens sprach. Manche hat es frivol angemutet, als Jean Améry seinen fünfteiligen Essay, die radikale Reflexion über das Thema "Hand an sich legen", veröffentlichte. Der Schriftsteller entdeckte im Freitod die Chance, dass man sich selbst gehöre. Existenzphilosophie, vorgetrieben bis zu jener Paradoxie, dass man sich im Freitod einen Weg ins Freie erwirbt, ohne diese Freiheit wahrnehmen zu können. Auf dem Grund des Nichts, in den dieser Weg mündet, entdeckte Améry menschliche Würde. Er nannte die Entscheidung ein "Privileg des Humanen":

    "Wer den Freitod wählt, erhärtet, dass er sich selbst gehört."

    In der Überschau wird sichtbar, dass todessüchtige Reflexionen im ganzen Werk Amérys leitmotivisch vorhanden sind. In der Haft hatte er schon viele Jahre zuvor versucht, seinem Leben ein Ende zu machen, weil er fürchtete, er könne unter der Folter die Namen von Kameraden verraten.

    Jean Améry ist 1978 gestorben, aber wohl eher in seine Bücher heimgekehrt. Die Skepsis vor dem Überleben nach KZ und Tortur hat er nicht überleben wollen, aber sie hat seinen Tod ins Leben der Literatur aufgehoben. Mit dieser Wahl hat er eine doppelte Entscheidung getroffen: Er hat sich unwiderruflich zum Insassen der Lagerwelt erklärt und hat sich, indem er sich als ihr Opfer und als ihren Augenzeugen abschaffte, ihr entzogen. Solch schrill dissonantes Lebenszeichen spielt uns dieser Tod noch immer zu.

    Améry wieder lesend ist man überwältigt von seinem Urvertrauen in die Sprache, von seinem graziösen Stil und vermutet, gerade die Differenziertheit und Verästelung seines Denkens, das Aufspüren immer neuer Paradoxien, die suchende Unrast nach Details und Nebenwegen, die immer auch das Systematische durchkreuzen, machten seine wirkliche Leistung aus. Sie könnten in einer Welt, die von der raschen Übereinkunft durch Kommunikation und vom Populismus lebt, erst noch zum Tragen kommen.