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Warnstreiks
Zur Not noch eine Runde drehen

Eine 56-Stunden-Woche - Alltag inzwischen auch für Grundschullehrer. Tausende Lehrkräfte und andere Länderbedienstete haben schwerpunktmäßig in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gestreikt. Das bedeutet Unterrichtsausfall an drei Viertel aller Schulen. Die Schüler freuen sich - die Arbeitgeber weniger.

Von Nadine Lindner | 24.03.2015
    Warnstreik der Lehrer an der Aziz-Nesin-Grundschule in Berlin-Neukölln
    Plakate mit der Aufschrift "Heute Warnstreik!" hängen an der Aziz-Nesin-Grundschule in Berlin-Neukölln. (dpa / picture alliance / Felix Zahn)
    Die Schüler in Sachsen-Anhalt freuen sich heute wahrscheinlich sehr über den Warnstreik im öffentlichen Dienst. Denn in dem ostdeutschen Bundesland wurde die Schulpflicht teilweise aufgehoben. Der Grund: Die Betreuung der Schüler könne nicht flächendeckend gewährleistet werden. Viele Lehrerinnen und Lehrer hatten auf den Weg nach Leipzig gemacht. Wie diese Grundschullehrerin aus Sachsen-Anhalt:
    "Mit den ganzen Bedingungen im Bildungswesen sind wir unzufrieden. Ich komme aus dem Grundschulbereich, wo eh die meisten Stunden zu entrichten sind. Wir sollen uns um Inklusion kümmern. Und wir kriegen nicht mehr Stunden dafür, ganz im Gegenteil. Aber jetzt sollen wir auch Diagnostiken schreiben. Und wenn ich von mir ausgehe, eine 56 Stunden-Woche, das ist normal."
    Hohe Teilnahme an Warnstreiks
    27.000 Gewerkschafter aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen waren am Mittag auf dem Leipziger Augustusplatz zusammen gekommen. Zehntausend mehr als ursprünglich erwartet. Der Deutsche Beamtenbund, GEW und Verdi hatten gemeinsam zu dem Protest aufgerufen. Unter anderem aus den Landesämtern, dem Verbraucherschutz, den Universitätsverwaltungen waren Streikende dabei.
    Achim Meerkamp vom Bundesvorstand von verdi und Verhandlungsführer auf Gewerkschaftsseite, ist sehr zufrieden mit der Mobilisierung in Leipzig und zeigt sich kämpferisch:
    "Wir sind momentan mit der Teilnahme an den Warnstreiks sehr zufrieden. Das ist ein Signal an die Arbeitgeber, wenn wir zu keinem Ergebnis kommen, ist doch relativ klar, dann spitzt sich das noch weiter zu."
    Nicht nur in Sachsen-Anhalt fiel Unterricht aus, nach Angaben des sächsischen Lehrerverbandes sind drei Viertel aller Schulen auch im Freistaat betroffen. Unter den 800.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder sind etwa 200.000 Lehrer.
    In den Verhandlungen geht es vor allem um drei Säulen: die Zusatzrente sowie den Lehrertarifvertrag und Prozentpunkte. Die Gewerkschaften lehnen Einschnitte bei der betrieblichen Altersversorgung ab und wollen 5,5 Prozent mehr Geld.
    Der Tarifpartner, die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) gibt sich optimistisch, man werde eine Lösung finden. Der TdL gehören alle Bundesländer außer Hessen an. Jens Bullerjahn, Finanzminister von Sachsen-Anhalt, ist Verhandlungsführer der Länder:
    "Ich fahre zum Wochenende hin nach Potsdam, mit der Absicht, dass wir da ein Stück weiterkommen. Wenn alle aufeinander zugehen, wird das klappen. Ansonsten müssen wir noch eine nächste Runde drehen."
    Entscheidende Runde steht an
    Die Gewerkschaften müssten allerdings auch von Maximalforderungen abrücken, 5,5 Prozent seien nicht zu bezahlen. Die Länder verweisen vor allem auf die Schuldenbremse, die in diesen Verhandlungen zum ersten Mal zum Tragen kommt.
    Nach den Warnstreiks in Mitteldeutschland, in Niedersachsen und Bremen haben die Gewerkschaften auch für die kommenden Tage neue Ausstände angekündigt. Betroffen sind unter anderem Rheinland-Pfalz, das Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern.
    Die nächste Verhandlungsrunde - es wird die vierte sein - findet am Sonnabend in Potsdam statt. Sie gilt als die entscheidende.