Donnerstag, 18. April 2024

Archiv


Was ist dran am Blackout-Alarm?

Die Betreiber der deutschen Hochspannungsnetze warnen vor dem kommenden Winter: Es könnte zu Stromausfällen kommen. Wie ernst müssen die Warnungen genommen werden?

Von Philip Banse | 24.05.2011
    Die Reaktionen auf diese Warnungen fallen sehr unterschiedlich aus. Die Sorge vor sogenannten Blackouts im Winter müssten ernst genommen werden, sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Das Umweltministerium von Norbert Röttgen (CDU) betonte, die Lage im Netz sei schwierig, aber beherrschbar. Völlige Entwarnung gibt der Flensburger Volkswirt Olav Hohmeyer:

    "Es droht im Winter kein Blackout. Ich halte das für sehr übertrieben, was da im Moment diskutiert wird!"

    Worum geht es? Nach Fukushima hat die Bundesregierung 7 AKW erstmal für 3 Monate still gelegt. Ein achtes, das in Krümmel, war bereits runter gefahren. Das heißt zuletzt waren noch 9 AKW am Netz. Eigentlich sollen die vorübergehend stillgelegten AKW Mitte Juni wieder ans Netz gehen. Ob das passiert, will die Bundesregierung am 6.Juni entscheiden, dann will sie klären, wie und bis wann der Atomausstieg denn nun vollzogen werden soll. Als einzige Regierungspartei hat die CSU bisher ein Ausstiegsdatum genannt.

    CSU-Chef Seehofer nannte 2022 als Ziel, Merkel hatte dieses Datum begrüßt. Opposition Umweltschützer fordern, die derzeit still liegenden acht AKW dauerhaft abzuschalten. Damit würde in Deutschland 8000 MW weniger elektrische Leistung produziert. Jetzt im Sommer ist das kein Problem, weil wenig Strom verbraucht wird und gleichzeitig viel durch Sonne produziert wird. Was aber im Winter? Die Betreiber der Stromnetze warnen vor Stromausfällen. Matthias Kurth, Chef der staatlichen Bundesnetzagentur, die die Stromnetze überwacht, will die Angst vor einem Stromausfall nicht einfach vom Tisch wischen. Im NDR sagte er:

    "Was heißt Angst machen? Die Entscheidung ist ja noch nicht gefallen, was alles an Erzeugung möglicherweise dauerhaft abgeschaltet werden wird. Aber wenn wir 8000 Megawatt, das ist die Kapazität der im Moratorium befindlichen Kraftwerke, einfach mal mit links liegen lassen, dann müssen wir natürlich diskutieren, was fahren wir stattdessen hoch?"

    Sollten die acht derzeit abgeschalteten AKW auch im Winter abgeschaltete bleiben, seien sie problemlos durch Kohle- und Gaskraftwerke zu ersetzen, sagt der Flensburger Energie-Ökonom Hohmeyer. Diese Kraftwerke stünden zwar nicht dort, wo die abgeschalteten AKW stünden, so Hohmeyer, aber:

    "Wir verfügen über ausreichend Netzkapazitäten, um den Strom von vorhandenen Kohle- oder Gaskraftwerken dorthin zu bringen, wo eventuell Kernkraftwerke abgeschaltet werden."

    Warum aber warnen dann die Betreiber der Stromnetze vor einem Stromausfall? Die Grünen forderten von den Netzbetreibern, die Daten für ihre Stromausfall-Warnungen offen zu legen. Dass die vier in Deutschland verantwortlichen Netzbetreiber Panik machen, um den Atomausstieg zu behindern, glaubt der Chef der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, nicht:

    "Mit Verdächtigungen, dass jemand einen Stromausfall auf Bestellung provoziert, da kommen wir nicht weiter. Zwei der Netzbetreiber sind auch nicht mehr verbunden mit den Erzeugern, sondern gehören einem holländischen Netzbetreiber, der dem holländischen Staat gehört, das ist Tennet. Und der andere Netzbetreiber gehört einem belgischen Netzbetreiber, der auch nichts mehr zu tun hat mit der Energieerzeugung und der gehört einem australischen Pensionsfond."

    Eine Sprecherin von Umweltminister Norbert Röttgen sagte, die Übertragungsnetz-Betreiber würden dafür sorgen, dass es dazu nicht zu einem Stromausfall kommt.