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Was ist guter Sekt?

Am kommenden Wochenende, am 13. und 14. Mai, ist Tag des Sekts, ein willkommener Anlass der Kellereien im Lande, um auf ihre Produkte aufmerksam zu machen. Einen Anlass für ein Gläschen Sekt gibt es ja oft genug: Hochzeiten und Geburtstage, Jubiläen oder einfach nur eine schöne Sommerparty an einem lauen Abend! Und Deutsche nippen gern am prickelnden Schaumwein: Vier Liter Sekt trinken sie pro Kopf und Jahr!

Von Anke Ulke | 12.05.2006
    Ab in den Keller heißt es für Wein, bevor er durch eine zweite Gärung zum Sekt wird! Es ist dunkel und kühl im Sektkeller der kleinen Kellerei Reuter und Sturm in Walluf, im Rheingau. Und ein modriger Geruch hängt in der Luft. Zu Hunderten liegen die Sektflaschen in großen Gitterkäfigen und reifen; Zucker und Reinhefe, die Fülldosage, vergären im Wein zu Kohlensäure und Alkohol. Ist die Gärung abgeschlossen, geht's den Flaschen an den Kragen. Der schlichte Kronkorken, der während der Gärung die Flaschen verschließt, muss weg! Denn was ein wirklich edler prickelnder Tropfen werden soll, muss erst, kopfüber, gerüttelt werden. Und das geht nicht mehr, wenn erst der Korkverschluss auf der Falsche sitzt. Im Rüttelpult - von Hand. Geschäftsführer und Winzer Helmut Sturm:

    " Ein Rüttelpult ist ein Holzgestell, auf dem in jeder Seite 60 Löcher drin sind, in die werden diese Flaschen rein gesetzt und werden dann täglich gerüttelt. Das hört sich so an... - Sie drehen ganz schnell die Flasche, schütteln die ein kleines bisschen dabei - und dann werden sie in das Pult hineingestoßen, damit die Helfe nach unten gezogen wird. Dieser Vorgang dauert ca. vier Wochen."

    Guter Sekt hat eine enge Beziehung zur Hefe, mit der er neun lange Monate zusammen im so genannten "Hefebett" liegt. Bei manchem Jahrgangssekt kann diese Verbindung sogar mehrere Jahre dauern! Reift der Sekt in großen Tanks heran, muss er nur 30 Tage auf der Hefe liegen. Helmut Sturm:

    " Die Tankherstellung ist mit Sicherheit die kostengünstigste Methode, das heißt aber nicht, dass ein Tanksgärsekt, ein schlechter Sekt sein muss. Entscheidend ist immer die Grundwein-Auswahl. Wenn ich einen guten Grundwein habe, kann ich einen guten Tankgärsekt machen, sowohl auch einen guten Flaschengärsekt."

    Nach dem Rüttelvorgang, wird's eiskalt für die Hefe. Man lässt sie im Flaschenhals gefrieren und nach Entfernen des Kronkorkens schießt sie der Druck in der Flasche rückstandslos heraus - fertig ist der Sekt. Beinahe. Noch fehlt die "Versanddosage", die Süße. Sie bringt das Aroma zur Geltung und macht den Sekt harmonisch. Bei billigem Sekt wird Zucker zugesetzt, bei richtig gutem - Traubensaft. Zur Probe, die der Winzer erst verkosten muss, sind nur Nummern auf die Flaschen geschrieben. Helmut Sturm:

    " Ich hab jetzt vier verschiedene Proben gemacht - ich hab einmal das Grundprodukt, wie es nach der Gärung ist, und dann habe ich im Brutbereich mit 8, 10 und 12 Restsüße dosiert, und jetzt werden wir dazu übergehen und versuchen, welche Dosage am besten zu diesem Sekt passt.
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    Auch Sekt darf man schlürfen und zusammen mit Luft einsaugen! So entfaltet sich das Aroma auf der Zunge und die entscheidet über den Zuckerzusatz. Der Restzuckergehalt bestimmt, ob der Sekt halbtrocken, trocken, brut oder sogar "Extra Brut" ist. Brütt - wie man im Rheingau sagt. Mit dem Ausgangswein hat das jedoch nichts zu tun! Da kommt es vor allem auf die Trauben an und auf deren Qualität. Riesling, Müller-Thurgau, Weiß- oder Spätburgunder werden gern zu Sekt verarbeitet. Billiger Sekt dagegen wird aus Trauben mit hohem Gerbsäureanteil hergestellt. Meist ist Sekt ein so genannter Cuvée. Nikolaus Graf von Plettenberg von der Sektkellerei Schloss Vaux:

    " Eine Cuvée ist eine Sektkomposition aus verschiedenen Rebsorten, diese Cuvée besteht bei uns aus Spätburgunder, Weißburgunder und Riesling, und dann haben wir hier einen reinen Riesling, einen reinen Rebsortensekt und da drüben einen Rosé, einen Rosésekt, der besteht aus Portugieser und Schwarzriesling - Schwarzriesling ist im Französischen Pinot Meunier und auch ne klassische Champagnertraube.
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    Daneben gibt es Lagensekte. Hergestellt aus den Trauben eines bestimmten Weinbergs. Zum Beispiel ein Erbacher Marcobrunn oder ein Assmannshäuser Höllenberg. Spitzenprodukte, die ab 10 bis 12 Euro pro Flasche ihren Preis haben.

    Der Unterschied zum Champagner übrigens liegt vor allem in den Trauben: Die erlaubten Champagnertrauben Chardonnay, Schwarzriesling und Spätburgunder wachsen auf Kreideböden und haben so einen ganz bestimmten Geschmack. Außerdem:

    " Der typische Champagner ist fetter als die deutschen Sekte, ist reich im Geschmack, reich im Sinne von leicht sättigend. Für mich ist es so, ich trinke sehr gern Champagner, aber nach zwei Gläsern ist man eigentlich sehr zufrieden mit dem Champagner und deutscher Sekt ist da stimulierender und gibt ihnen durch die Leichtigkeit die Möglichkeit, mehr zu trinken.
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