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Was leisten Hochschulräte?

Viele Universitäten haben in den vergangenen Jahren so genannte Hochschulräte eingerichtet, in denen oft Persönlichkeiten aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft sitzen. Die Einführung von Hochschulräten sollte ursprünglich - analog zu den Rundfunkräten - den Universitäten mehr Unabhängigkeit vom Staat geben. Ob das geklappt hat, diskutieren zurzeit Experten an der Fachhochschule Osnabrück beim Kolloquium "Was leisten Hochschulräte?"

Von Julia Tzschätzsch | 10.03.2004

    Vigdis Nipperdey, Vorsitzende des Hochschulrates der Technischen Universität in München, erklärt die Idee hinter dem Münchner Gremium:

    Wir haben ein ganz spezielles Modell, weil der Hochschulrat der TU München eine Aufsichts- und Kontrollfunktion hat für die Universität. Unsere Organisationsstruktur an der TU orientiert sich seit einigen Jahren an dem Modell einer Aktiengesellschaft. Der Präsident, die Vize-Präsidenten, der Kanzler sind sozusagen der Vorstand, der Hochschulrat und der sehr kleine akademische Senat zusammen kontrollieren.

    Der Hochschulrat der Technischen Universität in München unterscheidet sich von den anderen: Zum einen weil er ausschließlich mit externen Mitgliedern aus Wirtschaft und Politik besetzt ist. Zum anderen, weil er nicht nur beratende Funktion, sondern echte Entscheidungskompetenz besitzt. Durch diese beiden Faktoren, durch die Autorität der Persönlichkeiten und die Beschlussbefugnis, kann der Hochschulrat einfacher wichtige Anliegen nach außen transportieren, so Vigdis Nipperdey:

    Das ist ein Instrument, das wir für Dinge nutzen, die uns wirklich zentral erscheinen, also dass die Universität sich ihre Studenten selbst aussuchen kann, dass der Staat etwas für bessere Wohnmöglichkeiten tun muss, dass die Universität mehr Freiheit in ihrem finanziellen Gebaren braucht. Solche Fragen transportieren wir nach außen. In aller Regel haben wir auch ein Echo, weil das Gewicht dieser Persönlichkeiten hinter den Forderungen steht.

    Mittlerweile haben alle Bundesländer die gesetzlichen Grundlagen für die Einführung von Hochschulräten geschaffen. Dabei gibt es von Land zu Land, aber auch von Hochschule zu Hochschule erhebliche Unterschiede. Zum Beispiel bei der Zusammensetzung: Manche Hochschulen setzen auf rein externe Vertreter, andere bevorzugen die gemischte Variante aus Vertretern der Universität und von außen. Professor Dr. Erhard Mielenhausen, Präsident der FH Osnabrück setzt dabei auf die niedersächsischen Stiftungshochschulen:

    Die Kompetenzen sind bunt gemischt. Es gibt Hochschulräte mit lediglich beratender Funktion. Die meisten Hochschulräte haben einige Mitwirkungsrechte, aber echte Mitentscheidungen haben nur die Räte bei den Stiftungshochschulen.

    Den Hochschulrat der Stiftungshochschulen gibt es erst seit rund einem Jahr. Hier ist das eigentliche Ziel der Einführung von Hochschulräten, nämlich Autonomie gegenüber dem Staat zu gewinnen, vollends erreicht:

    Bei den Stiftungshochschulen sieht es so aus, dass der Staat, der das Geld gibt und damit natürlich die letzte Verantwortung hat, auch die Rechtsaufsicht auf die Stiftungshochschule übertragen hat. Der Staat hat im Grunde genommen als Geldgeber nur noch Einfluss auf die langfristigen strategischen Entscheidungen im Rahmen der Zielvereinbarungen.

    Wiederum anders als an der TU in München und den Stiftungshochschulen in Niedersachsen sieht es an den Hochschulen in Berlin aus. Holger Seidler studiert Hochschul- und Wirtschaftsmanagement an der Fachhochschule Osnabrück und hat sich während seines Pflichtpraktikums mit den Kuratorien, also den Hochschulräten des Landes Berlin befasst. Dort nehmen vier Hochschulen seit einigen Jahren an einem Modellversuch teil:

    Der Ansatz war, dass seit 1997 die Möglichkeit bestand, einen Modellversuch durchzuführen. Zuvor gab es Kuratorien, die aber wesentlich größer waren. Sie waren paritätisch besetzt, es gab acht Mitglieder aus der Politik, der Landesregierung dabei, acht aus der Hochschule und sechs weitere aus gesellschaftlich relevanten Gruppen. Dort wurden sehr oft Fensterreden gehalten: Es waren also Regierung und Opposition vertreten, und die haben dort ihre Fehden aus dem Parlament weitergeführt.

    Reichlich Anlass also, um die Hochschulräte Berlins umzustrukturieren. Die Humboldt-Universität, die Fachhochschule für Wirtschaft und Technik, die FH Alice Salomon und die Freie Universität entschlossen sich daraufhin, ihren Hochschulrat in erster Linie zu verkleinern:

    Die Gruppen, die bisher Vertreter entsandt hatten, haben dies weiter auch getan, aber auf eine ganz neue und auch bei den vier beteiligten Hochschulen sehr unterschiedliche Form. Sie haben zum Teil ausschließlich externe Vertreter für ihre eigene Gruppe, teils auch eigene Gruppenvertreter benannt, sodass wir jetzt Kuratorien in einer Stärke von acht bis zehn Personen haben, und in einem Fall sind die fast ausschließlich extern besetzt.