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Was Mieter wünschen

Wohneigentum schützt vor Mieterhöhungen und Kündigung und dient der Altersvorsorge, so die immer wiederkehrende Botschaft. Die allerdings findet nur verhalten Gehör, denn Deutschland ist immer noch das Land der Mieter. Über 50 Prozent der Menschen wohnen hierzulande zur Miete. Heute hat sich in Berlin der Deutsche Mieterbund mit seinen Wünschen und Erwartungen an die neue Bundesregierung zu Wort gemeldet.

Von Andreas Baum | 02.11.2009
    Die vordringlichste Forderung an die Koalition ist wohl die nach der Beibehaltung des Kündigungsschutzes für Mieter. Im Koalitionsvertrag zwischen Union und FDP ist festgelegt, dass Mieter und Vermieter gleich behandelt werden sollen - das klingt erst einmal nach Gerechtigkeit, meint aber in Wirklichkeit Franz-Georg Rips zufolge das Gegenteil. Franz-Georg Rips ist der Präsident des deutschen Mieterbundes:

    "Zum einen sollen die Kündigungsfristen verkürzt werden, wenn Vermieter den Mieter kündigen, zum Beispiel wegen Eigenbedarfs oder Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung. Und dann sollen die Mieter das Recht verlieren, bei Modernisierungsmaßnahmen mit energetischem Inhalt, die Miete zu kürzen, zum Beispiel, wenn kein Wasser zur Verfügung steht, das sind so Fälle, die relativ häufig eintreten, das sind die wesentlichen Pläne, die die Bundesregierung ins Auge gefasst hat."

    Dagegen will man sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln wehren. Bislang ist es ja so, dass Vermieter eine gestaffelte Kündigungsfrist haben, drei, sechs oder neun Monate, je nachdem, wie lange der Mieter den Vertrag schon hat. Die Verkürzung der Fristen ist eine Initiative der FDP, der Mieterbund glaubt, gute Aussichten zu haben, diese Pläne mit der Macht seiner Lobby zu verhindern. Der Mieterbund hat 3 Millionen Mitglieder, er ist in ganz Deutschland präsent nach eigener Aussage und wird den Bundestagsabgeordneten vor Ort keine Ruhe lassen.
    Dann gibt es auch positive Bemerkungen des Mieterbundes zum Koalitionsvertrag. Man begrüßt, dass die energetische Gebäudesanierung weiter gefördert wird und hat hier nur die Forderung, dass klarer festgelegt werden soll, wann bestimmte Häuser saniert werden sollen. Zwiespältig sieht er die Pläne, die die Bundesregierung für die Hartz-IV-Empfänger hat. Einerseits wird das Aufstocken des Schonvermögens begrüßt - das ist aber nicht alles:

    "Was wir bedauern ist, dass nicht die Grundsicherung als solche aufgebessert wird, die ist einfach zu niedrig, davon kann man nicht ausreichend leben, aber das Bundesverfassungsgericht wird hier ja auch eine Korrektur vornehmen. Und wir brauchen mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Wir kriegen jedes Jahr neu über 100.000 Prozesse über Hartz IV, das kann der Gesetzgeber durch klarere Regelungen vermeiden, eine solche Prozessflut."

    Hier geht es vor allem um die Frage, ob die Unterkunftskosten angemessen sind, ob Heizkosten pauschaliert werden dürfen - gerade in Unterkünften von Hartz-IV-Empfängern geht viel Geld als Heizkosten buchstäblich durch den Schornstein. Weiterhin fordert der Mieterbund - damit die Mieten langfristig stabil bleiben - natürlich eine weitere Förderung des Neubaus von Wohnungen. Mieterbund-Präsident Rips warnt: Wenn es so weiter geht, dann droht Wohnungsnot:

    "Der Neubau ist praktisch zum Erliegen gekommen, wir bekommen nur noch im Jahr 50 000 Ersatzwohnungen, das ist praktisch nichts, wir hätten uns gewünscht, dass man steuerliche Anreize setzt, entweder durch eine so genannte degressive Abschreibung, das heißt, in den ersten Jahren dürften die Investoren mehr als den Regelsatz von zwei Prozent abschreiben, oder auch durch gezielte Investitionszulagen, damit Neubauten da entstehen, wo sie benötigt werden, vor allem in den großen Städten und Universitätsstädten dieses Landes."

    Und noch ein weiterer Kritikpunkt vielleicht: Der Mieterbund sieht ältere Menschen durch die schwarz-gelbe Koalition benachteiligt. Es gibt eine Alterung der Bevölkerung - nur ein Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland sind altersgerecht. Die vorhandenen Programme zur Förderung des altersgerechten Umbaus sollen fortgeführt und ausgebaut werden, so die Forderung, andernfalls müssten alte Menschen, statt in ihrer Wohnung bleiben zu können, in Heime, und das käme der ganzen Bevölkerung teuer zu stehen.