Donnerstag, 28. März 2024

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"Washingtoner Erklärung" beendet Kriegszustand zwischen Israel und Jordanien

Über die Jahre hatte es immer wieder Gerüchte gegeben, die aus der orientalischen Märchenwelt zu entspringen schienen, trotz mangelnder offizieller Bestätigung meist aber doch wenigstens im Kern zutrafen: Israel und Jordanien unterhielten - obwohl nach außen hin verfeindet - immer wieder geheime Kontakte, um Krisen zu verhindern oder zu entschärfen und die Grundlage für einen gegenseitigen Frieden vorzubereiten. So hatte die spätere israelische Ministerpräsidentin Golda Meir - als Mann verkleidet - noch vor dem Unabhängigkeitskrieg 1948 den damaligen transjordanischen König Abdullah in Amman aufgesucht, um ihn von der Teilnahme am Krieg abzubringen. Vergeblich. Später aber wurden die Kontakte zwischen Israel und Abdullahs Enkel, König Hussein, erneuert: Israelische Politiker besuchten ihn in seiner Villa in Aqaba am Roten Meer und Hussein traf sich mit den Israelis in Tel Aviv, er machte dabei sogar nächtliche Rundfahrten durch die Stadt. Natürlich wurde immer alles dementiert, aus Rücksicht gegenüber Husseins Stand in der arabischen Welt. Und weil ein offizieller Frieden sich auch trotz solcher Kontakte nicht abzeichnete.

Von Peter Philipp | 25.07.2004
    Ganz anders am 25. Juli 1994: Auf dem Rasen des Weißen Hauses in Washington begegnen sich König Hussein und der damalige israelische Regierungschef Jitzchak Rabin zum ersten Mal in aller Öffentlichkeit. Sie kündigen einen Friedensvertrag an, der drei Monate später unterzeichnet werden soll. König Hussein ist sichtlich bewegt:

    Von allen Tagen meines Lebens gibt es - glaube ich - keinen wie diesen. Was die Gefühle und Emotionen angeht, die mit einem langen, langen Kampf verbunden sind. Die Erinnerung an die Toten, die Erinnerung an die Kriegsopfer, Gefühle für Gegenwart und Zukunft, Gefühle der Verantwortung für künftige Generationen in Israel, in Jordanien, der arabischen Welt und der gesamten Region.

    Oft hatte man Jordanien nachgesagt, es werde "der zweite Staat" werden, der mit Israel Frieden schließt. Diese Prognose ging nun auf, wenn auch 15 Jahre nach dem ersten Frieden - dem zwischen Ägypten und Israel. Damals wurde Ägypten von der arabischen Welt kritisiert und isoliert und Jordanien fehlte der Mut, ein ähnliches Schicksal auf sich zu nehmen. 1993 aber gab es erstaunliche Bewegung: Israel und die PLO unterhielten Geheimverhandlungen in Norwegen und am 10. September konnte Jitzchak Rabin eine unerwartete Erklärung abgeben:

    Ich habe gerade einen Brief vom Vorsitzenden Arafat im Namen der PLO-Führung erhalten, in dem er sich verpflichtet, Israel und sein Recht auf Frieden und Sicherheit anzuerkennen.

    Wenig später unterzeichneten Israel und die PLO das Oslo-Abkommen und der Weg zu einer Regelung schien offen. Wenn solche Hoffnung auch etwas verfrüht war - wie man inzwischen weiß -, so ließ sie doch das Eis schmelzen: Wenn sich die Palästinenser mit Israel einigen dann braucht auch Jordanien nicht länger zu warten. Obwohl die meisten Palästinenser im Land und auch islamistische Kreise gegen einen Frieden mit Israel waren, setzte König Hussein sich durch: Ende Oktober wurde der Friedensvertrag an der israelisch-jordanischen Grenze unterschrieben.

    Nicht ein kühler Frieden wie mit Ägypten, sondern - zumindest in den ersten Jahren - ein Frieden, bei dem die gegenseitige Zusammenarbeit im Vordergrund stand. Erst mit der Zeit - und mit zunehmender Stagnation zwischen Israel und den Palästinensern - kühlte sich das Verhältnis auch wieder ab. Jordanien bleibt aber Partner und es setzt sich jetzt gemeinsam mit Ägypten dafür ein, Israel und die Palästinenser aus der Sackgasse herauszuholen, in die sie in fast vier Jahren Intifada geraten sind. Sicher hatte man mehr erhofft, aber dennoch waren die Worte Jitzchak Rabin am 25. Juli 1994 in Washington nicht übertrieben und falsch:

    Der erste öffentliche Handschlag zwischen seiner Majestät, dem König von Jordanien, und mir vor einer Minute symbolisiert viel mehr als nur, dass die beiden Völker nicht mehr die Waffe gegen einander erheben werden.