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Wasser und das lukrative Geschäft damit

Wasser ist das Grundnahrungsmittel der Erde, doch nicht überall auf der Welt steht es den Menschen zur Verfügung. Der Dokumentarfilm "Bottled Life" geht der weltweiten Wasserproblematik nach und zeigt, wie dieses substanzielle Gut mitunter zur Handelsware wird. Für Nestlé ist der Film in der Schweiz zum PR-Super-GAU geworden.

Von Rüdiger Suchsland | 05.09.2013
    Wasser. Wasser ist Leben. Noch elementarer als jedes Essen ist es das Grundnahrungsmittel der Erde. wer kein Wasser hat, führt darum Kriege. Wasser braucht jeder, wer das Wasser hat, der hat die Macht. Darum gilt: Wasser gehört jedem.

    Denkste! Das zeigt jetzt der Schweizer Regisseur Urs Schnell, der in seinem Film "Bottled Life", also in etwa "Leben in Flaschen" der weltweiten Wasserproblematik nachgeht, und zeigt, wie selbst dieses substantiellste Gut der Natur, wie Leben selbst zur Handelsware geworden ist.

    "Bin ich auf Wasser gekommen."

    So Peter Brabeck, Chef des Schweizer Nestlé-Konzerns. Für ihn und Nestlé ist dieser Film bereits in der Schweiz zum PR-Super-GAU geworden - und man wird sich nicht wundern, wenn die Verbraucher nun auch in Deutschland Nestlé-Produkte schmutzig und ekelhaft finden, wenn sie einen Konzern boykottieren, der den Verdacht nicht von sich weisen kann, seine Geschäfte auf dem Rücken von Menschen zu machen, auszubeuten und dabei buchstäblich über Leichen zu gehen.

    Nestlé, so argumentiert dieser vom deutsch-französischen Kulturkanal arte coproduzierter Film, ist das Paradebeispiel für einen bösen Kapitalismus. Jährlich allein zehn Milliarden Schweizer Franken verdient dieser weltweit größte Lebensmittelkonzern mit 70 Sorten Mineralwasser. Die übelste Sorte von allen ist die neue Marke "Pure Life", ein einfaches Wasser das mit zweistelligen Wachstumsraten auf den globalen Markt geschossen wird.

    Pakistan wo sauberes Trinkwasser knapp ist, diente als Test-Markt. Jetzt dominiert Nestlé den Markt und schraubt die Preise hoch. Lokale Interessen werden an den Rand vertrieben. Der Grundwasserspiegel sinkt, und Nestlé braucht konsequent immer neues Wasser. Sie kaufen dafür private Wasserrechte in Gegenden wo sie billig sind, und versuchen Gesetze zu verändern. Sie nehmen das Wasser aus der Leitung, machen ihr Label drauf, und verkaufen es als Quellwasser.

    Im US-Bundesstaat Maine pumpt Nestlé die gleiche Menge Wasser ab, die im ganzen Staat von der kompletten Landwirtschaft verbraucht wird: 3,5 Billion Liter pro Jahr, die Zahlen sind ansteigend. Für eine Tankladung, zahlt Nestlé zehn Dollar, verkaufen tun sie es für 50.000 Dollar. - so macht man aus zehn Dollar 50.000 Dollar.

    ""They are predators. They made tons of money."

    Je kapitalistischer die Gesellschaft um so mehr boomen antikapitalistische Film-Dokumentationen. So könnte man ein bisschen allzu abgebrüht und nahe am Zynismus resümieren.

    Auch wenn "Bottled Life" klar Partei ergreift, ist er keineswegs parteiisch. Nestlé und Rabecks Sicht kommen ausgiebig zu Wort. Sie manche Argumente für sich. Denn sterben nicht in Pakistan viele Menschen an verseuchtem Wasser? Führt nicht die Kapitalisierung des Wassers zur Qualitätsverbesserung? Der Film zeigt beide Seiten.

    Vielleicht aber sind solche Filme ja auch ein Vorschein einer zukünftigen Revolution unseres Wirtschaftssystems.

    Oder es handelt sich in Wahrheit um Übungseinheiten in Fatalismus. Denn die kluge Analyse allein bleibt folgenlos. Die Wahrheit, wenn man sich mit ihr konfrontiert, lautet: Die böseste Form des Kapitalismus siegt zur Zeit. Man kauft sich Politiker, kauft sich Richter, kauft sich Gesetze. Wird alles schwierig kauft man sich eine Bevölkerung. Und ganz zur Not - siehe Pakistan - kauft man sich eine Armee.