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Wassereis auf dem Schirm

Raumfahrt. – Mars hat doch große Mengen Wasser, allerdings gefroren als kilometerdicke Eiskappen an seinen Polen. Das berichtet ein internationales Forscherteam, das Bodenradaraufnahmen der europäischen Raumsonde "MarsExpress" ausgewertet hat. In der aktuellen "Science" ist ihr Bericht nachzulesen.

Von Dirk Lorenzen | 16.03.2007
    Herkömmliche Kameras können nur bis zur Oberfläche von Mars blicken. Wo für sie Schluss ist, fängt Jeffrey Plauts Radarinstrument Marsis erst richtig an. Dieses Instrument an Bord der europäischen Raumsonde Mars Express geht dem Planeten buchstäblich unter die Haut. Die Radarwellen dringen bis zu zehn Kilometer tief in die Marsoberfläche ein. Eines der ersten Ziele waren jetzt die Eisfelder am Marssüdpol - Bereiche, die etwa die Ausmaße Ägyptens haben und in denen das Eis zum Teil offen sichtbar, zum Teil unter dunklen Ablagerungen verborgen ist. Jeffrey Plaut und sein Team haben jetzt die Eismassen am Südpol erstmals präzise vermessen:

    "Dort gibt es 1,5 Millionen Kubikkilometer Wassereis. Würde man das Eis schmelzen und gleichmäßig über den Planeten verteilen, stünde das Wasser rund um den Mars 11 Meter hoch. Unser Radar durchdringt die Eismassen bis zum Gestein, das darunter liegt. Das Signal wird vom Eis kaum geschwächt: Offenbar ist das Eis sehr rein - es ist höchstens zu zehn Prozent mit Staub verschmutzt."

    Der Marssüdpol ähnelt also in gewisser Weise dem antarktischen Eispanzer auf der Erde, wie die Radardaten jetzt zeigen. Während Mars Express den Planeten umkreist, sendet Marsis Radarpulse aus und registriert dann das Echo. Je nachdem, wann die Echos ankommen und wie stark die Pulse durch den Marsboden geschwächt worden sind, lässt sich erschließen, was im Boden in welcher Tiefe vorkommt: Wassereis reflektiert Radarwellen anders als Gestein, loser Sand wirkt anders als fester Fels. Auf der Erde ist die Radartechnik zur Bodenerkundung deshalb längst Standard. Auch irdische Gletscher werden mit ganz ähnlicher Technik wie bei Marsis untersucht. Ob auf der Erde oder auf dem Mars: Die Radarforscher vermessen dabei nicht nur das Eis selbst, sondern auch die Geländeformationen unter dem Eis. Plaut:

    "Die Marskruste unter dem dicken Eispanzer ist nicht verformt wie auf der Erde. Auf der Erde gibt es Gebiete, die gerade wieder auftauchen, nachdem sie unter der Last der Eiszeiten etwas abgesackt waren. Auf dem Mars sehen wir solche Verformungen nicht. Vermutlich sind die äußeren Marsschichten völlig erkaltet und fest. Sie halten dem Gewicht des Eises stand, anders als die Kruste und der obere Mantel der Erde."

    Unter dem bis zu vier Kilometer dicken Eispanzer zeigen sich Reste von Kratern, die wohl von früheren Meteoriteneinschlägen stammen - aus einer Zeit, als das Eis offenbar nicht ganz so ausgedehnt war wie heute. Die Vermessung des Eisfeldes am Südpol ist für Jeffrey Plaut und sein Team erst der Anfang:

    "Unser Instrument untersucht den Marsboden in allen Bereichen des Planeten, nicht nur in den Polargebieten. Wir suchen mit Radar nach geologischen Strukturen, wie Brüchen oder geschichtetem Material und wir sehen nach, ob tief im Boden Eis verborgen ist oder nicht. Zudem suchen wir nach möglichem flüssigen Wasser im Marsboden."

    Auf der Marsoberfläche kann es heute kein flüssiges Wasser geben - es würde sofort verdunsten. Aber "Grundwasser" im Boden ist durchaus möglich und es wäre im Radar sehr auffallend - vorausgesetzt, es befindet sich nicht tiefer als etwa zehn Kilometer im Marsboden. Das Radarteam hat bereits Bereiche in gemäßigten Breiten beobachtet, in denen es Grundwasser geben könnte. Aber die Auswertung der Daten dauert noch an, Details kann Jeffrey Plaut noch nicht mitteilen. Es bleibt also spannend. Denn klar ist, dass die Eismassen am Südpol buchstäblich nur die Spitze des Eisberges sein können. Plaut:

    "Wir haben wirklich viel Eis gefunden. Aber diese Menge reicht noch immer nicht aus, um all das Wasser zu erklären, das einst über den Mars geflossen sein muss. Auf Marsbildern sind riesige Kanäle und Flusstäler zu sehen, die klar von großen Wassermassen stammen. Die Frage ist nun: Wo ist all dieses Wasser geblieben? Wir suchen mit unserem Radarinstrument weiter."