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Wasservögel weltweit bedroht

Im Rahmen der internationalen Ramsar-Konvention haben sich 154 Länder zum Schutz der Feuchtgebiete verpflichtet. Aus gutem Grund: Viele Feuchtgebiete sind in ihrem Bestand gefährdet, und damit auch ihre wichtigsten Bewohner: die Wasservögel. Bereits heute ist knapp die Hälfte der Arten in ihrem Bestand bedroht.

Von Thomas Wagner | 02.02.2007
    Konstanz am Bodensee: Der Bach plätschert beschaulich Richtung Seerhein. Dahinter Bäume, dichte Sträucher. Am Eingang ein Schild: Verlassen der Wege verboten. Hier erstreckt sich das Wollmatinger Ried über Kilometer hinweg am Seerheinufer entlang - eines der wichtigsten und größten Feuchtgebiete Süddeutschlands.

    " Feuchtgebiete insgesamt sind ein Lebensraum mit hoher Artenvielfalt. Vor allem für Wasservögel haben die eine herausragende Bedeutung. Die sind eben auf Feuchtgebiete angewiesen zum Überleben. Zum Beispiel ist da zu nennen der Schwarzhalstaucher, eine ausgesprochene seltene Art, Haubentaucher, Zwergtaucher, die ganzen heimischen Lappentaucher, Zwergdommel zum Beispiel, die als Brutvogel im Wollmatigner Ried noch regelmäßig vorkommt. Gerade das Wollmatinger Ried ist als Drehscheibe des Vogelzugs hier im Binnenland eigentlich das bedeutendste Gebiet, das wir haben. "

    Eberhard Klein kennt die Wege und Pfade wie seine Westentasche. Er ist Leiter des Nabu-Naturschutzzentrums Wollmatinger Ried, führt manchmal sogar Gruppen durch dieses Feuchtgebiet, das dank der Pflege der Nabu-Helfer weitgehend intakt zu sein scheint. Das ist aber nicht überall die Regel: Feuchtgebiete stehen weltweit unter einem massiven Zerstörungsdruck, heißt es bei der Stiftung "Euronatur" in Radolfzell. Euronatur-Sprecher Gunther Willinger nennt die Stichworte:

    " Da kommt denn dazu: nicht nachhaltiger Tourismus, Landwirtschaft, Verkehrsinfrastrukturen, Wasserkraftwerken, alles, was eben an Eingriffen in Feuchtgebiete so geschieht. "

    Hinzu kommt die immer noch intensive Bejagung der Hauptbewohner dort: Das große Halali auf Wasservögel ist den Naturschützern von Euronatur ein großer Dorn im Auge.

    " Es ist so, dass nach vorsichtigen Schätzungen 100 Millionen Wildvögel pro Jahr in ganz Europa geschossen werden. Die höchsten Abschusszahlen, die eben bekannt werden, das ist in Frankreich mit 25 Millionen Vögeln, England mit 22 Millionen und Italien mit 17 Millionen. Aber auch in Deutschland werden über zwei Millionen Wildvögel geschossen. "

    Doch gerade Wildvögel sind ein wichtiger Bestandteil eines jeden Feuchtgebietes. Wie Artenvielfalt in einem Feuchtgebiet von der Bejagung abhängt, hat auch Eberhard Klein im Wollmatinger Ried erlebt:

    " Früher gab es im Ermatinger Becken, das ist also unter anderem auch im Wollmatinger Ried, ausgesprochene Wasservogeljagden, wo rund um den See sehr, sehr intensiv bejagt wurde. Es ist uns gelungen, dass diese Jagd eingestellt wurde. Und seitdem haben sich die Singschwäne ganz wesentlich erholt. "

    Was am Bodensee möglich war, soll in ganz Europa Schule machen, wünscht sich Euronatur. Kroatien, Montenegro, Bosnien - das sind, so die Naturschützer, Regionen, wo weiter ziehende Wasservögel massenweise abgeschossen werden. Das wirkt sich auch auf die Bestände hierzulande aus. Doch politischer Druck gegen die Bejagung reicht nicht aus. Die Naturschützer wollen die Feuchtgebiete auch in Schwellenländern als Lebensgrundlage erhalten. Gunther Willinger:

    " Wir versuchen da natürlich auch, politisch Einfluss zu nehmen, dass Schutzgebiete ausgewiesen werden. In manchen Gebieten haben wir aufgrund unserer Spender auch schon Flächen gekauft in den Feuchtgebieten, um die einfach zu sichern für die Zukunft. "

    Denn Feuchtgebiete erfüllen auch für den Menschen wichtige Funktionen. Gunther Willinger:

    " Die Feuchtgebiete sind ja zuständig nicht nur für diese Arten, sondern bringen auch Vorteile für die Erholungslandschaft und für den Hochwasserschutz. Also die Fehler, die wir jetzt für Westeuropa mit viel Geld rückgängig machen, also die Wiederherstellung von Retentionsräumen für Hochwasserschutz, die wir wollen in Südosteuropa verhindern, dass die überhaupt erst gemacht werden. "

    Große Feuchtgebiete mit weitflächigen Schilfgürteln sind auch wichtig für die Reinigung des Seewassers und damit für die Trinkwasserversorgung. Eberhard Klein vom Nabu-Naturschutzzentrum Wollmatinger Ried:

    " Das Schilf ist eben auch eine natürliche Kläranlage für den See. Wir hatten jetzt gerade gestern einen sehr bedauerlichen Zwischenfall an einem der Bodensee-Zuflüsse, dass da Ammonium in relativ hohen Konzentrationen eingeleitet wurde. Und gerade solche Nährstoffbelastungen, die dann ins Wasser kommen, kann das Schilf wieder aufnehmen, verstoffwechseln und zur Reinigung des Sees beitragen. "