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Wearables
Intelligente Klamotten für die Gesundheit

Wearables, also intelligente Kleidungstücke, ermitteln zum Beispiel, wann der Eisprung ist. Auf der MEDICA in Düsseldorf werden aktuelle Anwendungsmöglichkeiten gezeigt - und auch Prototypen vorgestellt, wie etwa ein intelligenter BH, der Brustkrebs erkennen und auch verhindern soll.

Von Lukas Kohlenbach | 26.11.2019
Sportlerin beim Training mit Activity-Trackern
Für Sporttreibende ganz normal: Die Überwachung und Analyse von Körperfunktionen. Intelligente Wäschestücke können aber noch mehr. (imago stock&people / Andrey Popov / Panthermedia)
Kinder zeugen ist manchmal gar nicht so leicht. Häufig sind Paare zu sehr in Job und Alltag eingebunden. Nur gut, dass es kleine elektronische Helfer gibt.
"Hier haben wir einen Fertily-Tracker, da geht es darum, dass Paare, die Probleme haben Nachwuchs zu kriegen, die keine Zeit finden miteinander zu spielen, dass sie wissen: Wann ist der ideale Zeitpunkt? Wann ist der Eisprung?"
Erklärt Peter Bircher von der Schweizer Firma Contron. Das Armband misst während der Nacht Puls, Temperatur und Bewegungsverhalten der Frauen. Am Morgen analysiert ein Algorithmus in einer Cloud, in welchem Zyklusabschnitt sich die Nutzerin befindet.
"Und wenn‘s dann so weit ist, gibt’s ein Telefon, zum Ehemann: Sofort Feierabend! Nach Hause!"
Wearables können den Bezug zum Körper wieder herstellen
Anrufen muss die Frau noch selbst. Der Fertilitäts-Tracker passt zum Zeitgeist unserer Gesellschaft: Rast- und ruhelos, ohne Freiräume, auf seine eigenen Bedürfnisse zu achten. Der ständige Hang zur Selbstoptimierung lässt viele Menschen Körperfunktionen kontrollieren und analysieren. Medizinische Wearables können dabei helfen, den verloren gegangenen Bezug zum eigenen Körper wiederherzustellen.
Über 5.500 Aussteller aus der ganzen Welt zeigen auf der MEDICA in Düsseldorf, was die Medizin von Morgen so zu bieten hat. Intelligente Schuhsohlen und smarte Trainingsanzüge machen es möglich, jede Sporteinheit lückenlos zu analysieren. Eine Brille, die Tageslicht imitiert, kann helfen, wieder wach und aufmerksam zu werden. Ein paar Stände weiter fühle ich mich eher wie in einem Dessous-Geschäft, als wie auf der weltweit größten Medizinmesse.
Inkontinenz-Sensoren für Frauen
"Also wir stellen auf der Messe hier unsere sogenannte Smart Underwear vor. Das heißt, dass wir Inkontinenz-Sensoren entwickelt haben."
Berichtet Susanne Jörgensen von der Firma Lifesense. Die intelligente Unterhose Carin erkennt schon kleinste Tropfen Urin und schickt eine Benachrichtigung auf das Handy. Die Frau kann dann direkt und unauffällig mit Beckenbodentraining beginnen.
"Man kann das auch im Stehen machen, man kann das überall machen, ganz unauffällig. Wenn man an der Ampel steht oder auf dem Schreibtischstuhl sitzt. Es gibt für alle Situationen Übungen."
Besonders nach Geburten oder Operationen leiden viele Frauen unter Inkontinenz. Und trauen sich selten, darüber mit ihrem Umfeld zu sprechen. Das gezielte und direkte Beckenbodentraining hilft, die Beschwerden in den Griff zu bekommen. Nach wenigen Wochen kann die Frau den ungewollten Urinfluss durch die erlernten Techniken stoppen. Das ist nicht nur eine große Erleichterung im Alltag, sondern kann auch nachhaltig sein:
"Dazu kommt, dass eben eine große Ersparnis stattfindet, weil man keine Windeln, keine Einlagen, keine Feuchttücher benutzt, also der Gebrauch von Wegwerfartikeln damit wegfällt."
Zukunftsmusik: Sensoren erkennen Brustkrebs
Eher noch Zukunftsmusik ist ein Dessous, das Max Boysset an einem weiteren Stand vorstellt. Sein Prototyp eines smarten BHs soll eines Tages nicht nur helfen, Brustkrebs zu erkennen, sondern auch, ihn zu behandeln.
"Wir wollten einen effizienten Mechanismus gegen Krebs finden und dies in etwas so Persönliches wie einen BH einbauen."
Der BH des Schweizer Start-Ups Icosamed hat mehrere kleine Ultraschallköpfe integriert. Dadurch kann die Brust in viel kürzeren Zeitabständen, als es durch Arztbesuche möglich wäre, auf Veränderungen untersucht werden.
"Als zweite Anwendungsmöglichkeit können wir die Dosis des Ultraschalls ein wenig erhöhen und können dadurch aktiv Krebs verhindern!"
Tatsächlich wird dieser sogenannte hochintensive fokussierte Ultraschall schon vor allem in der Therapie von Prostatakarzinomen angewendet. Bei Brustkrebs wird er im Rahmen einiger Studien als Therapiemöglichkeit untersucht. Ob der intelligente BH von Icosamed hier einen wichtigen Beitrag zur Behandlung von Brustkrebs leisten kann, wird die Zukunft zeigen.