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Webers Kritik an Nord Stream 2
Eine Gaspipeline entzweit die Politik

Mit seiner vehementen Ablehnung der Gaspipeline Nord Stream 2 hat EVP-Kommissionskandidat Manfred Weber der deutschen Regierung einen Bärendienst erwiesen. In Berlin ist nicht nur der Koalitionspartner SPD verärgert. Auch die eigenen Reihen wollen eindeutig an dem Geschäft mit Russland festhalten.

Von Gudula Geuther | 26.04.2019
Der CSU-Europaparlamentarier Manfred Weber
Der CSU-Politiker Manfred Weber ist Spitzenkandidat der europäischen Konservativen für die Europawahl im Mai 2019 (picture alliance / SvenSimon)
Manfred Weber stellt sich klar gegen die Bundesregierung. In der CDU/CSU findet der CSU-Politiker mit seiner Ablehnung von Nord Stream 2 aber durchaus auch Fürsprecher. Elmar Brok etwa, der scheidende Europaabgeordnete aus der CDU, glaubt laut Bild-Zeitung der Zusage Wladimir Putins nicht, dass Russland auch nach Fertigstellung der Pipeline weiter Gas durch die Ukraine leitet. Brok kritisiert das Projekt schon länger.
Im ZDF macht auch Manfred Weber klar, dass seine Position seit Jahren die ist,"dass es in Sachen Abhängigkeit gegenüber Russland nachdenkenswert ist, ob es wirklich neuer Röhren bedarf, oder ob wir nicht in der Welt schauen sollten, andere Ressourcen zu finden."
Verantwortung für Europa
Nur vertritt Weber diese Haltung nun nicht mehr als irgendein Politiker, sondern im Wahlkampf um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten. Und zwar ganz bewusst. Die deutsche Position respektiere er.
"Aber ich möchte in Europa Verantwortung übernehmen. Und da muss man eben auch andere Positionen respektieren: die polnische, die finnische, die litauische Position."
Durchschaubar sei das, Weber gehe auf Stimmenfang in anderen Ländern auf Kosten Deutschlands, schimpft ebenfalls im ZDF Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig mit Blick auf ein Interview Webers in der polnischen Polska Times:
"Es ist ein deutscher Spitzenkandidat für das höchste Amt in der Europäischen Union. Und deshalb finde ich es schon sehr befremdlich, dass er uns dann in Deutschland über eine polnische Zeitung wissen lässt, dass er gegen ein Projekt ist, dass seit vielen Jahren Deutschland unterstützt."
SPD soll "europäischer denken"
Ihre Partei, die SPD, steht in der Frage recht geschlossen da. Was Weber wiederum kritisiert.
"Was mich schon überrascht hat die letzten Tage, war die Härte der Argumentation der Sozialdemokraten. Gerhard Schröder ist ja maßgeblich beteiligt bei Nord Stream, er ist das Gesicht dieses Projekts. Ich würde auch von der SPD mir wünschen, dass sie da europäischer denkt, dass sie auf die Nachbarn zugeht."
"Aber der Ausgleich kommt doch nicht, indem man ein Projekt stoppt, und indem er auch keine Aussage trifft, was die Alternative ist", antwortet Schwesig.
Und findet Unterstützung bei Peter Altmaier. Im Deutschlandfunk bekräftigt der Bundeswirtschaftsminister gleichzeitig, dass man durchaus auch an Alternativen arbeite:
"Dieses Projekt, das ja zu weiten Teilen bereits fortgeschritten und verwirklicht ist, und das auch im Interesse einer sicheren Gasversorgung von Europa einen wichtigen Stellenwert hat, dieses Projekt rangiert für uns auf einer Stufe mit dem Schutz der berechtigten Interessen der Ukraine. Und wir wollen, dass wir keine einseitigen Abhängigkeiten aufbauen, und deshalb werden wir so genannte Flüssiggasterminals in Deutschland errichten."
Keine Sonderrechte für russische Investoren
Der "Polska Times" hatte Weber wörtlich gesagt: Als Chef der EU-Kommission werde ich alle Vorschriften anwenden, um Nord Stream 2 zu blockieren. Ob das geht, blieb offen und bleibt auch heute offen.
"Wir werden das Recht anwenden und es gibt keine Sonderregelungen für russische Investoren in Europa", so Weber. Während der CDU-Politiker Altmaier umgekehrt betont:
"Nach dem Beschluss, den wir im EU-Ministerrat vor wenigen Wochen getroffen haben, ist es so, dass dieses Projekt unter bestimmten Voraussetzungen und Kriterien vollendet werden kann. Und die beteiligten Unternehmen, darunter übrigens auch viele Unternehmen aus Deutschland, tun das Ihre, um diesen Kriterien gerecht zu werden."
Dabei geht es um die neue Gas-Richtlinie, nach der das Projekt grundsätzlich möglich ist. Allerdings verlangen die Europäischen Regeln, dass Betrieb und Leitung getrennt sind. Gazprom wehrt sich dagegen. Weber verteidigt es.
"Das Prinzip, das dahinter steht, überzeugt glaube ich auch viele Bürger, nämlich dass Gazprom nicht auch noch neben dem Gas, das es ohnehin schon besitzt, nicht auch noch alle Leitungen besitzen soll."
Man solle auf das Verbindende statt das Trennende setzen, auch im Kontakt mit Russland. So sieht es Manuela Schwesig.