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Wechsel im ThyssenKrupp-Vorstand

Seine Jahresbilanz hat der Stahl- und Industriegüterkonzern ThyssenKrupp um drei Wochen auf den 11. Dezember verlegt, weil der Konzern noch den Verkauf der Edelstahltochter Inoxum unter Dach und Fach wollte. Nicht verschoben wurde die heutige Aufsichtsratssitzung.

Von Brigitte Scholtes | 21.11.2012
    Der Aufsichtsrat von ThyssenKrupp will den Posten des Arbeitsdirektors neu besetzen. Oliver Burkhard soll es werden, bis September Chef der IG Metall in Nordrhein-Westfalen. Die Gewerkschaft selbst hatte den Vierzigjährigen als Nachfolger von Ralph Labonte vorgeschlagen, der aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Stahlkonzern ausscheidet.

    Oliver Burkhard war seit Ende 2007 IG-Metall Bezirksleiter in Nordrhein-Westfalen. Er gilt als kämpferisch und durchsetzungsstark. 2008 erstritt er als Verhandlungsführer für die Stahlarbeiter eine Erhöhung der Gehälter um 5,2 Prozent – der höchste Tarifabschluss seit Jahren. Dann kam die Finanz- und Wirtschaftskrise. Da arbeitete er mit an der Ausweitung der Kurzarbeit, einem der Instrumente, mit denen die deutsche Wirtschaft recht glimpflich durch die Krise kam. Doch kaum schien die einigermaßen beigelegt, verlangte Burkhard in den Tarifverhandlungen 2010:

    "Krise war gestern. Jetzt ist die erste Tarifrunde der Nachkrisenzeit. Der Stahlindustrie geht es wieder deutlich besser. Die Kapazitäten sind ausgelastet. Wir können uns allemal trauen, diese Lohnforderung zu stellen."

    Die IG Metall schätzte das Verhandlungsgeschick des immer in Anzug und Krawatte gekleideten Gewerkschafters. Denn er kennt die Spielregeln eines Tarifstreits, so sagte er im Frühjahr während der Metalltarifgespräche in Nordrhein-Westfalen:

    "Das ist wie immer zäh, weil in der Tat die Arbeitgeber außer 'Nein, geht nicht, so machen wir's nicht, so wollen wir's nicht' nicht allzu viel Konstruktives dazu beigetragen haben. Die kommen mir immer so vor wie Tariffaultiere, die sehen putzig aus, aber haben erstmal überhaupt kein Interesse, sich auf irgendeine Art zu bewegen. Wir werden da Druck machen müssen, weiterhin, und dann kommt auch hier richtig Bewegung rein, da bin ich mir sicher."

    Nun wechselt Burkhard selbst in die Reihe der "Tariffaultiere". Dabei hatten viele in der IG Metall darauf gesetzt, dass er es spätestens 2019 an die Gewerkschaftsspitze schaffen würde. Burkhard ist nicht der erste IG-Metall-Chef in Nordrhein-Westfalen, der die Seiten wechselt. Sein Vorgänger Harald Schartau wurde Personalchef bei der Georgsmarienhütte, Peter Gasse bei HKM, den Hüttenwerken Krupp Mannesmann. Doch einen solchen Wechsel sehen viele Mitglieder nicht gern. Beispiel Bahn: 2008 war der Chef der Eisenbahnergewerkschaft Transnet, Norbert Hansen, als Personalvorstand zur Deutschen Bahn gewechselt. Noch vor Amtsantritt sprach er von einem Personalabbau, der bei der weiteren Rationalisierung der Bahn nötig sei. Ein Transnet-Mitglied äußerte damals den Unmut, den viele empfanden:

    "Herr Hansen sollte sich überlegen, wenn er schon den Schritt macht vom Gewerkschaftler zum Arbeitsdirektor, der umstritten genug ist, dann nach zwei Tagen so ein dummes Zeug zu labern. Die Eisenbahner haben genug Einschnitte mitgemacht. Ich verstehe also Herrn Hansen nicht, ob er sich da profilieren will oder was er da überhaupt mit bezweckt."

    Auch auf Burkhard dürfte bei ThyssenKrupp die unangenehme Aufgabe zukommen, die Gesundschrumpfung des Stahlkonzerns mit den Mitarbeitern auszuhandeln. Zumindest dürfte sein Gehalt stimmen: Sein Vorgänger bei ThyssenKrupp verdiente zuletzt zwei Millionen Euro im Jahr.