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Wechsel in Wirtschaft
Steinbrück belebt Diskussion um Karenzzeit

Peer Steinbrück wechselt vom Bundestag in die Wirtschaft: Er werde künftig Deutschlands größte Direktbank ING-DiBa beraten, gab der SPD-Politiker nun bekannt. Obwohl seine Zeit als Finanzminister sieben Jahre und sein Ausscheiden aus dem Bundestag gerade mal eine Woche zurück liegen - die Debatte um Auszeiten für Politiker beginnt aufs Neue.

05.10.2016
    Peer Steinbrück
    Peer Steinbrück bei seiner letzten Rede im Bundestag. (Imago / Enters)
    Er werde ein Angebot als Berater des Vorstandes annehmen, sagte Steinbrück der Wochenzeitung "Die Zeit" laut einer Vorabmeldung. Der 69-Jährige hatte vor einer Woche seinen Abschied aus dem Bundestag genommen.
    Mit Blick auf die Diskussion um eine Karenzzeit für Politiker bei einem Wechsel in die Wirtschaft unterstrich Steinbrück, seine Zeit als Minister sei sieben Jahre her, eine Interessenkollision könne er daher nicht erkennen.
    Vor gut einem Jahr hatte der Bundestag ein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht. Demnach sollen Mitglieder der Bundesregierung mindestens eine einjährige Auszeit nehmen, bevor sie aus ihrem Amt auf einen Posten in der Wirtschaft wechseln. Wenn die Bundesregierung durch einen solchen Wechsel öffentliche Interessen in Gefahr sieht, soll sie auch eine Karenzzeit von 18 Monaten beschließen können.
    Für einfache Bundestagsabgeordnete gilt die Regelung nicht - sollte es aber, fordert der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold nach Steinbrücks Schritt nun.
    Ebenfalls kritisch äußerte sich der Jenaer Sozialwissenschaftler Michael Opielka. "Da hat Politik gelohnt", twitterte er. Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht schrieb: "Gekaufte Politik? Steinbrück lässt sich sein Engagement für die EU-Bankenrettung jetzt versilbern".
    Steinbrück verteidigt Bankenrettung
    In Steinbrücks Zeit als Finanzminister fiel die Finanzkrise 2008, in der die Bundesregierung mehrere Banken wie die Hypo Real Estate und die Commerzbank mit Milliarden gerettet hatte. Steinbrück sagte in der "Zeit", es wäre richtig gewesen, damals auch die Deutsche Bank zur Annahme von Staatsgeld zu zwingen. Die Banken und ihre Verbände hätten sich aber gegen eine Zwangskapitalisierung gewehrt.
    Er betonte, sein neuer Job passe "durchaus" zu seiner häufig geäußerten Kritik an der Praxis vieler Banken, denn die ING-Diba habe zum einen eine lange sozialdemokratische Tradition. Zum anderen sei die heutige Tochter der niederländischen ING in keine "der in Rede stehenden Verfehlungen oder Manipulationen verwickelt" gewesen und "sehr konservativ und risikoscheu".
    Die ING-DiBa hat ihre Wurzeln in der 1965 gegründeten Bank für Sparanlagen und Vermögensbildung (BSV). Sie war unter der Mithilfe des damaligen Gewerkschaftschefs Georg Leber (SPD) ins Leben gerufen worden, um Arbeitnehmer bei der Anlage ihrer vermögenswirksamen Leistungen zu beraten. Seit 1994 firmierte sie als Deutsche Direktbank. 1998 stieg die ING mit 49 Prozent ein, 2002 übernahm sie die Mehrheit.
    (bor/fwa)