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Weg mit Referendariat und Staatsexamen

Anläufe, das Jura-Studium zu reformieren gab es immer mal wieder. Doch jetzt werden zwei Bundesländer konkreter. Baden-Württemberg und Sachsen wollen die Juristenausbildung offenbar grundlegend reformieren, das Studium soll auf die Bachelor- und Masterabschlüsse umgestellt werden, so wie in fast allen anderen Studiengängen auch. Auf einer Pressekonferenz in Stuttgart gaben die Justizminister vom Baden-Württemberg und Sachsen heute Einzelheiten ihrer Pläne bekannt.

Von Solveig Grahl | 02.04.2007
    Es ist so etwas wie eine heilige Kuh, an die sich Ulrich Goll und Geert Mackenroth da wagen. Seit Jahrzehnten hat sich an der juristischen Ausbildung nichts Grundlegendes geändert, sie sei wie in Stein gemeißelt, so Sachsens Justizminister Mackenroth. Die Zeit sei reif für Reformen, findet auch sein baden-württembergischer Kollege Ulrich Goll:

    " Sie ist immer noch davon geprägt, dass sie eher auf den Richterberuf zuführt, obwohl die wenigsten Richter werden. Sie ist davon geprägt, dass wir einen Vorbereitungsdienst haben, der nicht optimal ist von der Effizienz her. Das hängt auch damit zusammen, dass dieser Vorbereitungsdienst begleitet wird von zwei Examen, die sich reichlich ähnlich sehen. Diese Konstruktion als optimal zu bezeichnen, das halte ich doch für gewagt."

    Baden-Württemberg und Sachsen haben sich auf das so genannte "Stuttgarter Modell" geeinigt. Es sieht ein dreijähriges Grundstudium vor, das mit dem Bachelorexamen abschließt. Im Anschluss können die Juristen ein vertiefendes und praxisorientiertes Masterstudium absolvieren. Die beiden juristischen Staatsexamen gehörten dann der Vergangenheit an:

    " Wenn wir jetzt nicht bald handeln, werden wir irgendwann mal als Relikt einsam und allein dastehen. Denn der Trend in Europa geht natürlich zur Bachelor-Master-Ausbildung. Irgendwann wird jemand mal fragen: Staatsexamen, was ist das eigentlich? Das kann ich gar nicht einordnen, auch international bei Bewerbungen im europäischen Arbeitsmarkt. Da müssen wir einsehen, dass es auch an uns ist, uns künftig ein Stück zu bewegen."

    Nach dem Reformmodell der beiden Bundesländer soll auch das Jura-Referendariat wegfallen. Es sei nicht einzusehen, warum sich alle Studierenden umfangreich auf das Richteramt vorbereiten müssten, obwohl nicht einmal jeder zehnte Nachwuchsjurist später wirklich als Richter arbeiten würde, so die beiden Minister.

    Eine obligatorische Berufseinarbeitungsphase im Anschluss an den Master sollte den traditionellen Vorbereitungsdienst ersetzen - und so die jungen Juristen besser vorbereiten auf die beruflichen Anforderungen. Sachsens Justizminister Geert Mackenroth:

    " Ziel unseres Modells ist es, dem angehenden Juristen einen frühzeitigen Berufseinstieg zu ermöglichen, der auf sein eigenes Arbeitsfeld ausgerichtet ist. So wie der angehende Richter und Staatsanwalt vielleicht nicht allzu viel über die Organisation einer Kanzlei wissen muss, sind für den angehenden Rechtsanwalt Kenntnisse über die internen Verfahrensabläufe bei Gericht oder in einer Staatsanwaltschaft vielleicht hilfreich, aber den Berufseinstieg erleichtern sie ihm nicht."

    Außerdem ließen sich durch den Wegfall des Referendariats deutlich Kosten sparen, prophezeien die Justizminister. Das Geld, das zurzeit für den Unterhalt der Studierenden während ihres Vorbereitungsdienstes ausgegeben werde, könne dann in die Hochschulausbildung gesteckt werden, so Ulrich Goll:

    " Sie könnten dieses zehnsemestrige Masterstudium wunderbar aufrüsten. Der größte Teil des Geschehens in Kleingruppen, mit intensivster Betreuung. Dann haben Sie Pi mal Daumen noch nicht mal die Hälfte ausgegeben dessen, was im Moment im Vorbereitungsdienst drin steckt."

    Baden-Württemberg und Sachsen ziehen beim Reformmodell an einem Strang. Noch ist die Juristen-Ausbildung allerdings in einer Bundesvorschrift geregelt. Nächster Schritt der beiden Länder wird sein, eine Gesetzesänderung auf den Weg zu bringen, die ihnen erlaubt, die Juristen-Ausbildung an den eigenen Hochschulen verändern. Und dann könnte es schnell kommen, das Bachelor-Master-Studium für Juristen.