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Weg vom Nerd-Image

Programmieren. - Seit Ende 2010 tut sich was im Programmiererumfeld. Die Zeiten, in denen man einsam in einer Ecke Programmquellcode schrieb, scheinen nun endgültig vorbei. Programmierumgebungen wie Ruby on Rails erleichtern es Laien, nette, aber durchaus funktionale und komplexe Web-Applikationen zu entwickeln. Wenn es um den Einstieg in die Welt der Programmierung geht, denken sich manche völlig neue didaktische Konzepte aus.

Von Daniela Knoll | 18.05.2013
    Monheim, unweit von Düsseldorf. In den Büroräumen einer Softwarefirma stehen runde Holztische mit Kabeln, Notebooks, Keksen und ein paar Kisten Hackerlimonade stehen herum. Auf dem Fußboden liegen zur Begrüßung violette Luftballons mit verspielt kantigen Herzen drauf. Hier treffen sich an diesem Wochenende die "RailsGirls Rheinland" zum ersten Mal.

    "Wir sind total begeistert, dass so viele Mädels hier sind. Von allen möglichen Altersklassen, also von fünfzehn ist glaube ich unsere Jüngste, und sechzig oder Fünfundfünfzig die älteste Teilnehmerin."

    Mehr als dreißig Teilnehmerinnen sitzen hier zusammen. Tatjana Lajendäcker und Liane Thönnes organisierten den Programmierworkshop. Für Tatjana ein voller Erfolg:

    "Ja, es macht total viel Spaß. Und die Mädchen sind alle ganz begeistert und bauen fleißig an ihrer App."

    In kleinen Gruppen hacken sie auf ihre Notebooks ein und lernen Ruby on Rails.

    Christiane: "Ich möchte ein Verständnis dafür bekommen. Und gleichzeitig ist mein Ansinnen eben auch so eine kleine Applikation selber programmieren zu können. Weil ich immer wieder auch bei der eigenen Webseite denke, es wäre ja doch gut, wenn du ein bisschen was davon könntest, selber machen könntest und nicht immer auf andere angewiesen bist."

    Julia: "Ich möchte ein bisschen Verständnis davon bekommen haben, wie das alles funktioniert. Und vor allem auch Bock haben, weiter zu machen. Also mich selber hinzusetzen und da noch weiter rumzuprobieren und irgendwas Nettes zu machen.""

    Ruby on Rails ist ein sogenanntes Web-Framework. Eine Programmierumgebung, um in sehr kurzer Zeit alle denkbaren Arten von Web-Applikationen zu programmieren. Deshalb ist dieses Web-Framework auch unter Kreativen sehr beliebt. Und seit 2010 gibt es RailsGirls-Treffen wie das in Monheim. Das Erste fand in Helsinki statt. Zusammen mit Ihrem Kollegen Karri Saarinnen hob die Finnin Linda Liukas die RailsGirls aus der Taufe:

    "Ich studierte 2010 in Kalifornien und war sehr neugierig auf die Webprogrammierung. Ich hatte schon ein wenig Erfahrung mit HTML und CSS. Aber sonst habe ich nie zuvor wirklich programmiert. Und dann nahm ich an einer Veranstaltung teil, in der absoluten Anfängern das Programmieren beigebracht wurde. Und nach meinem Austauschjahr kehrte ich zurück nach Finnland und dachte mir: 'Hey, so etwas solltest du auch machen.'"

    Fast 100 RailsGirls-Treffen wurden bis heute weltweit organisiert. Mittlerweile sind die Workshop-Plätze so begehrt, dass vielerorts ein Bewerbungsverfahren eingeführt wurde. Wie man so einen Workshop inklusive der Sponsorensuche auf die Beine stellt, kann man auf den Webseiten der RailsGirls nachlesen. Für Linda jedenfalls gehören auch noch ganz andere Dinge zu einem RailsGirls-Workshop:

    "Die Menschen denken oft, dass alles rund um die Programmierung eine einsame, logische und sehr seltsame Welt sei. Die RailsGirls wollen für die ersten Programmierversuche ein angenehmes Umfeld schaffen. Dafür bringen sie Webentwickler vor Ort mit absoluten Anfängerinnen zusammen."

    Die Konzepte objektorientierter Programmiersprachen, wie man sie beispielsweise in einem Informatikstudium erlernt, können an diesen zwei Tagen definitiv nicht vermittelt werden. Aber zumindest lernen die Workshop-Teilnehmer einige Grundlagen und wesentliche Komponenten der Webtechnologie kennen, wie: Backend, Stylesheet oder View. Das Workshop-Konzept der RailsGirls, ohne Umwege und praxisnah in die Web-Programmierung einzusteigen, überzeugt auch Christine Regitz von der Gesellschaft für Informatik. Sie vertritt die Fachgruppe "Frauen und Informatik".

    "Programmierung ist ja wie die Bedienung von jedem Haushaltsgerät. Sie müssen nicht verstehen unbedingt wie das in sich funktioniert. Sie müssen aber wissen, wie man es bedient. Und ich glaube, dass ist genau der Charme von diesen RailsGirls."

    Auch Julia hat den Einstieg geschafft. Am Ende des Tages bei den "RailsGirls Rheinland" präsentiert sie im Web-Browser dann auch stolz ihre eigene Foto-App.

    "Wir haben ein Tutorial durchgearbeitet, was uns dabei hilft, oder was dafür da ist, eine Bildergalerie zu erstellen. Und haben eben quasi aus dem Nichts eine Galerie erstellt mit einer Übersichtsseite, wo alle Bilder zu sehen sind. Und wir können diese Bilder auch selber hochladen, bearbeiten und neue Bilder dazu fügen."