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Interaktive Klangobjekte von Peter Vogel
Wegbereiter der Minimal Music

Der 2017 verstorbene Freiburger Künstler Peter Vogel gilt in der internationalen Kunstszene als einer der herausragenden Wegbereiter der elektrischen und interaktiven Objekt-Klangkunst. Das Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt zeigt mit "Klang, Licht, Bewegung" eine Ausstellung mit herausragenden Werken Peter Vogels.

Von Andi Hörmann | 25.06.2018
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    Quaderartige Türme, transparent und filigran. Achim Vogel Muranyi vor einem Werk seines Vaters Peter Vogel. (Andi Hörmann)
    "Wenn der Strom angeht, dann reagieren die Kunstwerke gleich einmal, indem sie wissen: Okay, jetzt geht es los, jetzt ist Strom da."
    Also erst mal kein Strom im etwa 100 Quadratmeter großen Erdgeschoss im "Museum für Konkrete Kunst" in Ingolstadt. Die Kuratorin Julia Steinbach spricht im Flüsterton, der Sohn und Nachlassverwalter des Künstlers gerät ins Straucheln.
    Achim Vogel Muranyi: "Also mein Vater hatte multiple Interessen: Also Tanz, Musik, Psychologie. Und, ähm. Ach, Scheiße, ich kriege das irgendwie heute nicht hin."
    Na dann, doch besser erst mal Strom an! Ein Labyrinth an Soundscapes. Eine Kakofonie aus geklöppelten Tönen, fiependen Klängen und 8-Bit-artigen Sound-Texturen wie aus kultigen Computerspielen - ausgelöst durch die bloße Anwesenheit des Betrachters. Julia Steinbach:
    "Die beruhigen sich dann aber auch wieder und werden dann immer einzeln aktiviert, je nachdem wie man sich bewegt, wo man seinen Schatten hin wirft und teilweise auch wie laut man davor spricht."
    Ein bisschen spooky, gespenstisch fast. Julia Steinbach: "Ja, könnte man sagen: Manchmal reagieren sie, ohne dass man darauf vorbereitet ist, und der ein oder andere ist schon davor zurückgezuckt."
    Kunstwerke wie Architekturmodelle aus Draht
    Achim Vogel Muranyi: "Manche laufen daran vorbei und denken: Ah, es sieht schön aus, und entdecken gar nicht das Innenleben. Es ist wesentlich mehr als nur visuelles Bauwerk."
    Matrix-Gestelle mit verlöteten Miniatur-Mikrofonen, Lichtsensoren und Fotozellen wandeln die Geräusche und auch die Schatten der Museumsbesucher in Klang und Bewegung um. Die Kunstwerke von Peter Vogel sehen aus wie Architekturmodelle aus Drahtgerüst - Quader-artig, transparent und filigran. Oder wie das Skelett eines elektronischen Musikinstruments, reduziert auf das Wesentliche: Widerstände, Kondensatoren, elektroakustische Bauteile - alles feinsäuberlich verlötet.
    Kuratorin Steinbach: "Das Objekt hier, das finde ich besonders spannend. Das nennt sich "Kleine, rhythmische Klangwand"."
    Ein auf Augenhöhe an die Mauer geschraubtes Metallgestell - im Museum etwa zwei Meter lang, aber unendlich erweiterbar. Gespielt wird es über "Abschattung": Spotlight von oben im 45 Grad Winkel, die Handfläche vor den Fotozellen verdunkelt die Bauteile und gibt den Impuls für die Musik. Ein Schattenspiel. Je nach Musikalität des Museumsbesuchers klingt es mal nach Minimal Techno, mal nach Kindergeburtstag. Im Zentrum der Ausstellung steht mit "Minimal Music Piece" ein Schlüsselwerk von Peter Vogel aus dem Jahr 1985.
    Julia Steinbach: "Es ist wie ein Turm, besteht quasi aus diesen Schaltkreisen, einzelnen bunten Widerständen, was die Sache auch so schön anzusehen macht. Und oben haben wir dann in alle vier Himmelsrichtungen einen Lautsprecher."
    Endlich mal "Krach" im Museum
    "Klang, Licht, Bewegung" ist diese kleine Schau mit nur gut einem Dutzend Arbeiten von Peter Vogel im "Museum für Konkrete Kunst" in Ingolstadt betitelt. Und tatsächlich ist es ein Sehen, Staunen, Spielen. Erst durch den Betrachter wird das Werk zur Kunst, oder die Maschine zum Musikinstrument. Eine subtile Psychologie. Nach dem Studium der Physik hat sich Peter Vogel bei einem Schweizer Großkonzern mit Hirnforschung und der Entwicklung medizinischer Geräte beschäftigt. Sein Interesse galt der Kinetik und Kybernetik, der Bewegung und Steuerung. Schon 1968 sind seine ersten interaktiven Objekt-Klang-Kunstwerke entstanden.
    Bei der Ausstellungseröffnung zeigen sich die Besucher hellauf begeistert:
    "Hochinteressant finde ich das. Klasse. Ich habe früher als Musiklehrer diese Sachen auch besprochen."
    "Die Kombination von Natur- und Geisteswissenschaften ist hier einfach perfekt. Und es gibt immer was zum Lachen. Und es ist endlich mal Krach im Museum."
    Und Achim Vogel Muranyi, der 1970 geborene Sohn von Peter Vogel, erinnert sich an seine Kindheit und seinen Vater durchaus musikalisch: "Unten im Keller hat er immer Minimal Music gemacht. Wir haben uns immer ein bisschen darüber lustig gemacht. Daddy-Dadden hieß das. Daddy-dadden, daddy-dadden, daddy-dadden. Sie kennen Steve Reich? Das sind immer so da-dy-da-de, da-dy-da-de, da-dy-da-de. Immer wiederholende Strukturen."
    Eine sehenswerte, ja erlebenswerte Schau: Peter Vogel war Pionier der interaktiven Klang-Kunst und auch Wegbereiter der Minimal Music. Nur schade, dass es keine Musik von ihm auf Platte gibt. Vielleicht gehört auch das zum Konzept von Peter Vogel: in Bewegung bleiben, selber machen.