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Weiche Roboter

Robotik. - Hart und wesentlich robuster als etwa ein menschlicher Arm, so denkt man sich einen Roboter gemeinhin. Doch es gibt - zumindest in den Forschungslabors - einen wachsenden Trend zum weichen Roboter. Amerikanische Forscher von der Universität Harvard zum Beispiel, die entwickeln Maschinen, elastisch wie Gummi, die starre Roboter einmal alt aussehen lassen könnten.

Von Ralf Krauter | 13.04.2012
    "So this is an example of one of our soft robots. If you like you can feel it: it’s very soft and very stretchy."

    Mit einem normalen Roboter hat das handtellergroße Gebilde wenig zu tun, das Stephen Morin Besuchern in die Hand drückt. Die x-förmige Struktur besteht aus Silikon und ist dehnbar wie Gummi. Sie hat keine Achsen, Gelenke oder Motoren – und lässt sich dennoch in Bewegung setzen, erklärt der promovierte Chemiker von der Universität Harvard.

    "Die elastischen Polymere, die wir verwenden, kann man überall kaufen. Aber wir fügen sie zu Bauteilen mit interessanten Geometrien zusammen, die komplexe Funktionen erfüllen. Mit Hilfe von Druckluft können wir die fertigen Strukturen dazu bringen, sich gezielt zu bewegen."

    Soft Robots, weiche Roboter, so nennen die US-Forscher ihre flexiblen Maschinen. Für den x-förmigen Roboter haben sie zwei in Plastikformen gegossene Silikonteile aufeinander geklebt. Und zwar so, dass an bestimmten Stellen kleine Luftkammern entstehen, die sich ausdehnen, wenn man über Schläuche Druckluft einbläst. Mit Hilfe dieser pneumatischen Muskeln lassen sich die Glieder des Roboters kontrolliert krümmen. Morin:

    "Wir haben hier eine Reihe computergesteuerter Ventile, die mit einem Drucklufttank verbunden sind. Über die fünf angeschlossenen Schläuche können wir die fünf Muskeln unseres Roboters aktivieren. Er hat einen für jedes Bein und einen fürs Rückgrat."

    Stephen Morin tippt ein paar Befehle in den Computer. Die Magnetschalter der Druckluftventile beginnen zu klackern und erwecken die x-förmige Silikonstruktur zum Leben.

    "So now I’m going to activate the activation sequence. And we should see this guy crawl along."

    Als erstes krümmt der weiche Roboter seinen Rücken. Dann schiebt er seine vier Beine reihum ein Stück nach vorn und tapst im Schneckentempo vorwärts. Stößt er auf ein Hindernis, lässt sich die Gangart so anpassen, dass er selbst dann noch weiter kommt, wenn für starre Roboter vergleichbarer Größe Endstation wäre. In einem Video aus dem Harvard-Labor kriecht die flexible Maschine mit wellenförmigen Bewegungen durch einen nur wenige Zentimeter hohen Spalt unter einer Glasplatte hindurch.

    Ein weiterer Vorteil der flexiblen Weichlinge ist ihre konkurrenzlos einfache Herstellung. Die Gussformen für die beiden Silikonhälften stammen aus einem 3D-Drucker. Nach Einfüllen der flüssigen Polymerlösung werden die Bauteile eine Stunde lang auf 70 Grad Celsius aufgeheizt, dann sind sie einsatzbereit. Wenn Stephen Morin ein optimiertes Design testen oder denselben Roboter einfach doppelt so groß bauen will, ist das keine Frage von Monaten, sondern von Tagen.

    "Bei der Entwicklung normaler Roboter muss man jede Menge Dinge beachten. Man muss Getriebe, Achsen und Motoren unterbringen und sich gut überlegen, wie sie alle zusammenspielen, was sie kosten und so weiter. All das macht die Entwicklung sehr aufwändig. Bei weichen Robotern dagegen kann man eine Idee im Nu umsetzen und testen. Und das alles zu vergleichsweise geringen Kosten."

    Mögliche Anwendungen haben die Harvard-Forscher schon im Visier. Flexible Erkundungsroboter zum Beispiel, die kein Hindernis in einem havarierten Atomkraftwerk am Durchkommen hindert. Oder elastische Greifer, die fragile Objekte anheben, ohne sie zu zerstören. Mit rohen Eiern ist dieses Experiment kürzlich bereits gelungen.