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Weimarer Bürgerinitiative
"Das Bach-Haus muss da hin"

Früher stand in Weimar das Haus von Johannes Sebastian Bach, heute ist dort ein Parkplatz. Eine Bürgerinitiative will auf den noch erhaltenen originalen Kellern das Bach-Haus wiederauferstehen lassen - und hat prominente Unterstützer. Dennoch ist das ist gar nicht so einfach.

Von Henry Bernhard | 10.05.2014
    Eine Büste von Johann Sebastian Bach in Weimar.
    Johann Sebastian Bach lebte und komponierte jahrelang in Weimar. (dpa / Ralf Hirschberger)
    Manchmal verbirgt sich große Geschichte sehr profan. Auf dem Parkplatz des Hotel Elephant am Weimarer Markt erinnert nichts an eine große Vergangenheit des Ortes. Die Schranke hebt und senkt sich, Autos fahren ein und aus, eine vier Meter hohe Mauer mit zugemauerten Fenstern versperrt den Blick auf den historischen Marktplatz. Mächtige Lüftungsgebläse geben den Klang des Ortes, eher des Un-Ortes vor. Bernd Mende hört hier allerdings anderes:
    "Wir stehen jetzt exakt auf dem - wir nennen es gern: Bach'schen Weinkeller. Das kann man natürlich nicht nachweisen, aber dass Bach keine Kostverächter war, wissen wir. Darunter eben hat er natürlich ein Komponierstübchen gehabt oder er saß am Küchentisch inmitten des Lärms, hat komponiert. Hier ist das Weimarer Werk entstanden und darunter eben das Meiste seiner Orgelmusik, über 30 Kantaten. Das ist ein Ort, der schreit direkt danach, wieder genutzt zu werden und an Bach in Weimar zu erinnern."
    Bernd Mende ist Vorstandsmitglied des Vereins "Bach in Weimar", der seit 2006 dafür streitet, auf den noch erhaltenen originalen Kellern das Bach-Haus wiedererstehen zu lassen. Am - nach Leipzig - wichtigsten Ort für Bachs Schaffen. An dem Ort, an dem auch die beiden berühmten Bach-Söhne und Komponisten Wilhelm Friedemann und Carl Philipp Emanuel geboren wurden. Initiatorin und Kopf der Initiative ist Myriam Eichberger, Professorin für Alte Musik an der Musikhochschule Weimar, - nur wenige Meter von Parkplatz und Mauerrest entfernt.
    "Die Mauer - diese Mauer - muss da weg und das Bach-Haus muss da hin!"
    Myriam Eichberger hat vieles angeschoben, prominente Unterstützer geworben, Nobelpreisträger darunter, renommierte Musiker, die das Grundstück am Weimarer Markt kaufen würden - wenn die Besitzer, die Münchner Milliardärsfamilie Schörghuber, denn einen Sechstel des Parkplatzes hergeben würden. Die Gespräche stocken jedoch, der schmale Streifen am Rande des Parkplatzes sei nicht verfügbar, heißt es aus München. Deshalb hat Myriam Eichberger eine Petition an die Kulturstaatsministerin Grütters verfasst, um der Forderung gegenüber den Eigentümern Nachdruck zu verleihen. Über 12.000 Unterschriften stehen unter der Petition. Myriam Eichberger:
    "Alle diese Menschen - rund um den Globus übrigens - sind dafür, dass an dieser Stelle, an der einzigen Stelle übrigens, an der noch in Ansätzen vorhandene Bausubstanz einer Bach-Wohnstätte weltweit unterirdisch vorhanden ist, dass hier dieser Genius Loci gewahrt bleibt und ein Bach-Haus entsteht. Es gibt die Renaissance-Kellergewölbe und die Grundmauern und wir wissen genau: Hier war das Haus! Und das ist das Besondere, weil wir an allen anderen Bach-Stätten eben nicht wissen, wo das Bach-Haus gestanden hat, weil diese Städte mehrfach gebrannt haben, und man kann heute nur noch vermuten. Und Weimar hat wie immer den großen Joker und den Pluspunkt: Hier ist es aktenkundig!"
    Die Kulturstaatsministerin erklärt sich jedoch für nicht zuständig, Kultur sei Ländersache. Myriam Eichberger will dennoch dranbleiben an ihrem Plan "Bach-Haus für Weimar". Bereits zum vierten Mal hat sie die Bach-Biennale Weimar organisiert, ein kleines, aber charmantes und hochkarätig besetztes Musikfestival für alte Musik und - laut Selbstauskunft - "klingende PR-Plattform und Meilenstein auf dem Weg zum Bach-Haus Weimar".
    Eines der diesjährigen Konzerte fand am Donnerstag in der Bastille statt, einem Renaissance-Torhaus am Weimarer Schloss. In einem feuchten, vergessenen Raum, einer Zelle, kaum 10 Quadratmeter groß. Auch dies ein authentischer Bach-Ort. Bernd Mende und viele andere vermuten, dass Johann Sebastian Bach 1717 hier vier Wochen Haft verbüßte, da sein Herzog ungehalten darüber war, dass Bach nach Köthen gehen wollte:
    "Lange wurde eben, jahrzehntelang wurde gesucht: Wo ist das Weimarer Landgericht, wo war die Landrichter-Stube? Wir nehmen an, sie war hier oder maximal noch in dem Gebäude darüber, also da wird noch gestritten. Aber man kann sagen: So verliefen Bachs Abschiedswochen in Weimar."
    Nur jeweils zwölf Zuhörer füllen den Raum aus. Die polnische Musikerin Mira Cieslak erfüllt ihn mit einem Choral auf dem Clavichord. In Weimar studiere sie auch, um Bach nahe zu sein, sagte sie. Die Suche Authentizität geht immer weiter.