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Weißrussische Partisanen

Ausgerechnet im Regime von Präsident Lukaschenko gibt es einen Klub, der von seinen Fans verwaltet wird, die gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung antreten. Alle Mitglieder können sich engagieren. Nur die Kritk am Regime müssen sie zwischen den Zeilen verstecken.

Von Thomas Wheeler | 23.03.2013
    Frostige Temperaturen, eisiger Wind und Schneeberge am Rande des geräumten Kunstrasenplatzes. Die Witterungsbedingungen in Potsdam erinnerten Partizan Minsk an die Heimat. Das war aber auch schon die einzige Gemeinsamkeit.
    Punkmusik, Glühwein und Lagerfeuer bildeten den Rahmen für das einseitige Geschehen auf dem Kunstrasen. Sportlich überfordert verlor die junge Mannschaft des Viertliga-Vereins aus der weißrussischen Hauptstadt mit 0:8 gegen die Profis des Drittligisten SV Babelsberg 03. Das Ergebnis war aber nur zweitrangig. Kapitän Iwan Tereschenka:

    "In erster Linie ist es schon, um sportliche Erfahrungen zu sammeln und zu sehen, wie Andere spielen. Dann im Zweiten aber schon zu zeigen, was denn Partizan Minsk für ein Verein ist."
    Der von Fans selbstverwaltete und finanzierte Verein, ein komplettes Gegenstück zum klassischen Oligarchen-Modell im osteuropäischen Fußball, nahm während der Tour rund 5.000 Euro durch den Verkauf von Merchandisingartikeln und durch Spenden ein. Organisiert wurde die Freundschaftsspielreise von deutschen Fangruppen aus dem politisch linken Spektrum. Darunter auch Sascha, dessen Herz für Babelsberg schlägt.
    "Für die Minsker ist einfach unglaublich wichtig, dass sie merken, dass sie nicht alleine sind. Und so was wie so ne Tour bringt da schon viel, weil sie einfach merken, Sie haben immer wieder Leute, die sie auch anhauen können und die ihnen immer wieder Unterstützung geben werden. Und außerdem ist es allgemein ziemlich ungewöhnlich, dass es eine Vernetzung in die osteuropäischen Szenen gibt."
    Auf der Tour spielte Partizan gegen Tennis Borussia Berlin, Victoria Hamburg, Roter Stern bzw. BSG Chemie Leipzig und gegen Babelsberg 03. Danach gab es Informationsveranstaltungen, bei denen die Fans aus Minsk über die Situation des weißrussischen Fußballs berichteten und soweit möglich über die Situation in ihrem Land. Kritik am totalitären Regime von Präsident Alexander Lukaschenko versteckten sie zur eigenen Sicherheit zwischen den Zeilen. 65 Anhänger begleiteten ihr Team nach Deutschland. Unter ihnen Wasili und Valeri, zwei Aktivposten in der Fanarbeit von Partizan.
    "Fußballfans in Weißrussland werden generell schlecht behandelt. Es gibt Unterschiede, inwieweit man aktiv ist. Also die Fangruppen Ultras oder Hooligans werden auf jeden Fall stärker kontrolliert. Die Anderen werden ein bisschen besser behandelt. Aber grundsätzlich ist es so, dass Fußballfans als etwas Riskantes, Problematisches angesehen werden."
    "Das Problem ist nicht, dass die Fußballfans sich schlecht verhalten. Das Problem ist die politische Situation im Land, und die Fans haben bei den Medien ein schlechtes Image. Das ist nicht vom Sport abhängig, sondern die Repressionen richten sich gegen Alle, die sich in Weißrussland zu einer Gruppe formieren."
    Partizan Minsk ist noch ein junger Klub und existiert erst seit einem guten Jahr. Der Vorgänger MTZ Ripo Minsk spielte von 2004 bis 2011 in der ersten weißrussischen Liga. Dann verspekulierte sich der ehemalige Klub-Besitzer, ein Bauunternehmer aus Litauen und zog sich als Sponsor zurück. Nach der Insolvenz gab es keine Lizenz mehr für die höchste Spielklasse. In ihrer Not riefen die Anhänger ausländische Fans um Hilfe. Mit Erfolg. Dank einer beispiellosen internationalen Solidaritätskampagne kamen etwa 10.000 Euro zusammen...
    "...weil es eine der ersten und wenigen antifaschistischen Fanszenen in Osteuropa war und ist bis heute, und deswegen gab es Interesse. Einige Leute sind hingefahren, und über diese persönlichen Kontakte ist dann diese Solidarität noch mal verstärkt worden."
    Sascha von Babelsberg 03. Unter dem neuen Namen Partizan versucht sich der Klub nun langsam zu etablieren. Alle Mitglieder, bis auf die Trainer, arbeiten ehrenamtlich. Die Spieler bekommen lediglich kleine Prämien. Es gibt zwar einen Vorstand, doch der Verein ist basisdemokratisch aufgebaut. Jeder Fan kann mitentscheiden, der einen Beitrag zahlt.