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Mick Jagger wird 75
Vom Tabu-Brecher zum festen Teil des Establishments

Vital, kraftvoll und beweglich: Auch mit 75 begeistert der Frontman der Rolling Stones auf der Bühne sein Publikum. Mittlerweile ist der einstige "Bad Boy" zum Ritter geschlagen worden, ist Ur-Großvater und kommentiert musikalisch das politische Geschehen.

Von Thomas Spickhofen | 26.07.2018
    The Rolling Stones in Warsaw MICK JAGGER The Rolling Stones paly at the national Arena on July 8, 2018 in Warsaw, Poland. EN_01328632_0008 PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY
    Mick Jagger bei einem Konzert der Rolling Stones in Warschau am 8. Juli 2018 (imago stock&people)
    "Ich habe ja nicht viel anderes gemacht in meinem Leben, außer: Rockstar zu sein. In mehr kenne ich mich nicht aus", sagt Mick Jagger.
    Seit den Anfängen der Stones haben Jagger und Co. das Image der bösen Buben, der Revoluzzer, der Tabu-Brecher - trotz der bürgerlichen Wurzeln, die gerade der Lehrersohn Mick hat. "Wir können eigentlich auch nichts für dieses Image", sagt Jagger einmal der BBC, "wir wollten ja nur vor allem eine Bluesband sein und Musik machen. In diese soziale Geschichte sind wir nur durch den Zeitgeist reingeraten und die Geschwindigkeit, mit der er unterwegs war."
    Autobiografie? Zu langweilig
    Längst ist der Bad Boy Jagger fester Teil des Establishments, sogar vom Königshaus zum Ritter geschlagen, 2003 war das. Richtig offiziell verheiratet war Jagger nur ein einziges Mal. Die Zahl der Beziehungen und Affären kennt er allein, er ist Großvater und Ur-Großvater, die Zahl seiner Kinder wird mit acht angegeben - von fünf Frauen -, das Jüngste ist gerade mal eineinhalb Jahre alt. Eine Autobiografie soll Mick Jagger aber abgebrochen haben, weil sie ihm zu langweilig erschien.
    Dabei ist Mick Jagger auch über die Provokation hinaus nie völlig unpolitisch gewesen. Im vergangenen Jahr brachte er zwei Songs zur Lage der Nation auf den Markt. Wir Briten gehen durch schwere Zeiten, sagt Jagger.
    "Es ist alles schwer zu verstehen, die Schwierigkeiten, die wir mit dem Brexit haben und wie die Regierung versucht, da durchzukommen. Die eine Woche ist es so, in der nächsten Woche anders."
    Ballade über Drogen in Chelsea als Trumps Wahlkampf-Song
    "Gotta get a grip" heißt der Song von Mick Jagger zu Brexit und Trump - ich muss da irgendwie einen Zugang zu finden, das in den Griff bekommen. Die Welt da draußen steht Kopf, überall Wahnsinnige und Clowns, niemand sagt die Wahrheit, es ist wie im Tollhaus.
    Irritiert hat ihn, wie prominent Donald Trump die Stones im Wahlkampf eingesetzt hat - ganz gegen ihren Willen. "You can't always get what you want" lief nach dem Sieg von Trump als dessen Hymne bei der Wahlparty, und nicht nur da.
    "Er hat es ständig benutzt, bei jeder Wahlveranstaltung. Das ist eine lustige Idee: Eine Ballade über Drogen in Chelsea - völlig verrückt, wenn man sich das überlegt. Aber es konnte ihn wohl niemand vom Gegenteil überzeugen. Eine echt schräge Nummer."
    Zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren waren die Stones gerade wieder auf Tour durch Großbritannien. Wer Mick Jagger auf der Bühne gesehen hat, kann ihm die 75 Jahre kaum glauben, so vital, so kraftvoll, so beweglich wie er ist. Drei Stunden trainiert er dafür angeblich jeden Tag. Wer so ein Trainingsprogramm absolviert - der macht auch noch ein paar Jahre auf der Bühne und im Studio weiter.