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Ego-Shooter "Far Cry 5"
Ballern gegen rechts?

Beten, ballern, Bomben bauen: Das Computerspiel "Far Cry 5" spielt im Milieu fundamentalistischer rechter US-Milizen. Schon im Vorfeld der Veröffentlichung hat der Ego-Shooter bei der Alt-Right-Bewegung für Protest gesorgt. Doch wie weit geht die politische Kritik des Ballerspiels?

Von Christian Schiffer | 27.03.2018
    Landschaftszene aus dem Computerspiel "Far Cry 5" mit Auto und einer Farm
    Szene aus dem Computerspiel "Far Cry 5" (Ubisoft)
    "Du verstehst es nicht, wir alle hielten diese Gruppe für lächerlich."
    "Sie waren anders, religiös, militant, es war eine gottverdammte Sekte."
    "Zuerst kauften sie alle Farmen weit und breit. Dann den Radiosender. Uns schon bald gehörten ihnen sogar die verdammten Cops."
    "Eine Art souveräner Religionsstaat. Und zwar gleich hier: Vor unserer Nase."
    Montana, USA: Hier, im fiktiven Landstrich Hope Country, hat sich eine Sekte breitgemacht. Und mehr als das: Sie regiert quasi. Die fundamentalistischen Christen kontrollieren Wirtschaft, Medien, Polizei, Waffen und alle wesentlichen Institutionen. Angeführt wird die Gruppe von Joseph Seed, einem charismatischen Hipster-Priester mit Holzfäller-Bart, coolen Tattoos und Pornobrille:
    "Und ich sah und sehe ein fahles Pferd und die Hölle zog mit ihm einher."
    "Rookie, leg' dem Mistkerl Handschellen an! Gott wird das nicht zulassen."
    Proteste der sogenannten "Alt Right"
    Wir schlüpfen in die Rolle eines angehenden Deputy-Sheriffs, der am Anfang von "Far Cry 5" mit einigen Kollegen versucht, Joseph Seed festzunehmen. Doch schnell wird klar: Hier, in Hope Country, hier hat der amerikanische Staat gar nichts mehr zu sagen. Als im Mai 2017 die Hintergrundgeschichte von "Far Cry 5" bekannt wurde, kam es in den USA zu Protesten der sogenannten "Alt Right".
    Die rechte Bewegung befürchtete, zum Amüsement vieler liberaler Amerikaner. In dem First-Person-Shooter werde es vor allem darum gehen, brave, weiße US-Nationalisten abzuballern. Denn die Bewegung, die "Far Cry 5" in dem Spiel im wahrsten Sinne des Wortes "aufs Korn" nimmt, hasst nicht nur die US-amerikanische Zentralgewalt. Ihre Mitglieder haben oft auch rassistische und antisemitische Ansichten, viele von ihnen glauben an Verschwörungstheorien, lieben Waffen und manche wenden sogar Gewalt an.
    Schwarzer Humor, schöne Grafik, Bombast-Sound
    In "Far Cry 5" allerdings wird die Bewegung der US-Milizen ziemlich entpolitisiert. Im Vordergrund steht ausschließlich der religiöse Wahn, für den sich im Spiel übrigens auch Schwarze empfänglich zeigen. Als Spieler bringen wir den Widerstand gegen die christlichen Gotteskrieger in Schwung:
    "Keiner weiß, was hier los ist und das wird sich erst ändern, wenn es zu spät ist. Es muss da draußen Leute geben, die sich gegen die Sekte wehren wollen. Wir müssen ihnen nur zeigen wie!"
    Brauerei für Brauerei, Kirche für Kirche, Farm für Farm, Kleinstadt-Bar für Kleinstadt-Bar erobern wir Hope Country von den religiösen Spinnern zurück. Ist "Far Cry 5" also die computerspielgewordene Abrechnung mit dem klerikal-rassistischen Teil Amerikas? Eher nicht. Die Milizszene bleibt nur Kulisse, sie ist die narrative Tapete vor der man ballert, rennt und vor allem alles Mögliche in die Luft sprengt. "Far Cry 5" ist also keine übermäßig politisch reflektiert Art-House Unterhaltung, sondern ein lupenreines Unterhaltungsprodukt, mit schwarzem Humor, schöner Grafik und Bombast-Sound. "Far Cry 5" ist ein krachendes Actionspiel. Allerdings: ein sehr gutes.