Freitag, 29. März 2024

Archiv

Weitspringer Markus Rehm
Nicht behindern lassen

Der unterschenkelamputierte Weitspringer Markus Rehm will in Rio auch gegen nicht-behinderte Athleten antreten. Bisher sperrt sich der Internationale Leichtathletik-Verband dagegen. Der Paralympics-Sieger von 2012 muss nun beweisen, dass ihm die Prothese keinen Vorteil bringt. Bleibt der IAAF bei seiner Haltung, schließt Rehm einen Gang vor den internationalen Sportgerichtshof nicht aus.

Von Andrea Schültke | 30.05.2016
    Der Weitspringer Markus Rehm hält eine Bein-Spring-Prothese und lächelt in die Kamera, im Hintergrund eine Wand, auf der steht: Auf dem Sprung nach Rio.
    Markus Rehm mit seiner Sprung-Prothese: Mit der möchte er auch bei den Olympischen Spielen in Rio antreten - nicht nur bei den Paralympics. (Deutschlandradio/Andrea Schültke)
    Nicht behindern lassen ist das Motto von Markus Rehm. Auch im Hinblick auf sein großes Ziel:
    "Mir geht es darum, den Sport zu präsentieren, mich mit den Besten zu messen. Das ist der Inhalt meines Sportes. Dafür trainiere ich jeden Tag."
    Die Besten sind für Markus Rehm auch nicht-behinderte Weitspringer. In Rio würde er gern sowohl an den paralympischen als auch an den Olympischen Spielen teilnehmen. Dafür muss er beweisen, dass ihm seine Prothese keinen Vorteil bringt. Eine Studie soll ihm dabei helfen. Wissenschaftler aus den USA, Japan und Deutschland haben Rehm und zwei weitere unterschenkelamputierte Weitspringer mit sieben nicht-behinderten Athleten verglichen. Wolfgang Potthast vom Institut für Biomechanik der Sporthochschule Köln fasst zusammen:
    "Wir konnten Nachteile bei Athleten mit Unterschenkelamputation im Anlauf feststellen, die wir eindeutig der Prothese zuordnen konnten. Wir konnten veränderte Bewegungstechniken nachweisen, die wir aufgrund der Sprungeffizienz als Vorteil bewertet haben. Weil es zwei völlig unterschiedliche Bewegungstechniken sind können wir zu diesem Zeitpunkt Vorteil und Nachteil nicht gegeneinander aufwägen."
    Der IAAF muss entscheiden
    Markus Rehm liest daraus: kein Vorteil durch die Prothese. Für ihn spricht nichts mehr gegen einen gemeinsamen Start bei Olympischen Spielen bei getrennten Wertungen:
    "Wenn man eine Ergebnisliste hat, gibt es unten einfach einen dickeren dunklen Balken und dann kommt unten mein Name mit meiner Weite und dann denk ich haben wir ein schönes Zeichen gesetzt für unseren Sport - und ich glaube keiner hat dadurch großartig was verloren, sondern ich denke wir haben da viel gewonnen."
    Markus Rehm beim Weitsprung.
    Markus Rehm beim Weitsprung. (picture-alliance / dpa / Sven Hoppe)
    Ob es in Rio dazu kommt, muss der Internationale Leichtathletikverband IAAF entscheiden. Markus Rehm ist der Ansicht, er habe die notwendigen Belege dafür erbracht. Auch Friedhelm-Julius Beucher sieht das so, der Präsident des deutschen Behindertensportverbandes. Er vermutet allerdings, an einem gemeinsamen Wettkampf von behinderten und nicht-behinderten Athleten hat der Welt-Leichtathletik-Verband kein Interesse:
    "Das heißt, dort sitzen diejenigen, die es nicht wollen. Und wir als Deutscher Behindertensportverband geben da natürlich keine Ruhe. Das ist nicht nur eine Frage der Fairness, sondern das ist auch Teil einer Diskriminierung."
    Jetzt müsse die IAAF aktiv werden, meint Markus Rehm und erwartet, dass der Weltverband sich Gesprächen stellt.
    Sollte das nicht der Fall sein, schließt er als letzte Möglichkeit auch einen Gang vor den internationalen Sportgerichtshof nicht aus.